Pichler: Wäre Schritt in Richtung quasi-Verstaatlichung der Gemeindefinanzierung
Wien (pwk) - Die österreichische Kreditwirtschaft lehnt die Ausweitung der Zuständigkeit
der Bundesfinanzierungsagentur auf die Finanzierung von Gemeinden und Gemeindeverbänden mit Nachdruck ab.
Eine solche Maßnahme ginge in Richtung quasi-Verstaatlichung der Gemeindefinanzierung, stellte Syndikus Dr.
Herbert Pichler, Geschäftsführer der Bundessparte Bank und Versicherung der Wirtschaftskammer Österreich,
fest. Dieser Schritt würde auch den Wettbewerbsgrundsätzen der EU widersprechen.
Die Bundesfinanzierungsagentur würde durch diese Kompetenzerweiterung Bankfunktionen übernehmen, ohne
den aufsichtsrechtlichen Bestimmungen für Kreditinstitute und der Kontrolle der Finanzmarktaufsicht zu unterliegen,
wie dies auch die EU-Regeln verlangen. Gerade in einer Zeit, wo der Privatisierungsgedanke auf breiter Ebene verfolgt
wird, wäre dies zweifellos ein gravierender Rückschritt.
Wenn man sogar zugibt, dass man "vergaberechtlich mit diesen Kernbankgeschäften nicht mehr unter die
Ausnahme für öffentliches Schuldenmanagement fällt", und sich auch die Frage einer unzulässigen
staatlichen Beihilfe im Sinne der EU-Regelung stellt, zeige dies, dass dieser Vorschlag nicht nur eine bloße
Erweiterung des Schuldenmanagements darstellen würde, sondern eine Grundsatzänderung in Richtung Betätigung
des Staates in Kernbankgeschäften, stellt Pichler fest.
Darüber hinaus wäre diese neuerliche Bestrebung der Bundesfinanzierungsagentur zur Übernahme kommunaler
Finanzierungen auch hinsichtlich der ökonomischen Sinnhaftigkeit höchst zweifelhaft. Die Ausweitung der
Zuständigkeit der Agentur wäre zweifellos mit entsprechenden Kosten und auch Risken verbunden. Warum
die Bundesfinanzierungsagentur die Controllingaufgabe besser ausüben könnte als die derzeitigen Gemeindeaufsichtsbehörden
der Länder wird ebenfalls nicht begründet. |