Konsolidierung ermöglicht Steuerreform und Forschungsoffensive
Wien (pk) - Finanzminister Karl-Heinz Grasser hat dem Budgetausschuss kürzlich den Budgetbericht
2002/2003 vorgelegt (11 BA). Darin hebt der Ressortleiter seine Konsolidierungserfolge gegenüber seinen Vorgängern
hervor, schildert den Weg zum Nulldefizit im Jahr 2001 und erklärt das Abgehen vom Nulldefizit im Vorjahr
mit dem unerwarteten Konjunktureinbruch und der Jahrhundertflut, die es notwendig machte, den Hochwasser-Geschädigten
rasch und unbürokratisch zu helfen. Unter der Berücksichtigung der Überschüsse von Ländern
und Gemeinden wird das gesamtstaatliche Defizit 2003 rund 1,3 % des BIP betragen und die Schuldenquote auf 67,1
% zurückgehen. 2004 soll das gesamtstaatliche Maastricht-Defizit rund 0,7 % des BIP ausmachen und die öffentliche
Verschuldung in Relation zum BIP auf 66,5 % des BIP sinken. Der Bericht listet auch die budgetrelevanten Vorhaben
von der Pensions- bis zur Verwaltungsreform auf, mit denen die Bundesregierung einerseits den Konsolidierungskurs
fortsetzen und andererseits die budgetären Voraussetzungen für die "größte Steuerreform
der 2. Republik" und ihre Schwerpunkte Forschung, Entwicklung, Bildung und Infrastruktur schaffen will.
Hinsichtlich der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen teilt der Finanzminister mit, dass sich der Aufschwung in der
EU in der ersten Hälfte des Jahres 2003 weiter verzögert. Mit einem leichten Aufschwung rechnet Grasser
in der zweiten Jahreshälfte und beziffert das reale Wachstum in der Euro-Zone wie in Österreich 2003
mit 1,1 %. 2004 sieht Grasser die Währungsunion sich wieder einem Wachstumspfad von 2,25 % annähern.
Österreichs Wirtschaft sollte um 1,7 % zunehmen. Wachstumsträger bleibt in Österreich der Export,
vor allem nach Mittel- und Osteuropa. Die Beschäftigung stagniert laut Grasser auf hohem Niveau - die Arbeitslosenquote
werde laut EUROSTAT von 2002 auf 2003 von 4,1 % auf 4,2 % steigen.
EIN BUDGETPOLITISCHER RÜCKBLICK
Eingeleitet wird die Unterlage mit einem Überblick zur budgetpolitischen Entwicklung seit den neunziger Jahren.
Trotz guter Konjunktur sei die Budgetkonsolidierung zwischen 1997 und 1999 nicht durchgeführt worden, kritisiert
Grasser und weist darauf hin, dass das Defizit aller öffentlichen Haushalte in Österreich von 1,9 % auf
2,3 % des BIP stieg, während in den anderen EU-Mitgliedstaaten sowie in den meisten OECD-Staaten die Konsolidierung
der öffentlichen Haushalte große Fortschritte machte. So nahm das Budgetdefizit der EU-15 zwischen 1997
und 1999 von 2,5 % auf 0,7 % des BIP ab und sieben Mitgliedsstaaten wiesen 1999 bereits einen Budgetüberschuss
auf. Zwischen 1997 und 1999 sank die Bruttoschuldenquote der EU-15 von 71 % auf 67,8 % des BIP, während in
Österreich die öffentliche Schuldenquote von 64,7 % auf 67,5 % zunahm.
NULLDEFIZIT ...
Vor diesem Hintergrund und im Zeichen des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes habe die Bundesregierung
im Jahr 2000 ein Konsolidierungspaket geschnürt, das erfolgreich darauf abzielte, bis Ende 2002 einen ausgeglichenen
Staatshaushalt zu erreichen. Mit den beiden Haushaltsvoranschlägen für 2001 und 2002 und mit der Umsetzung
des Konsolidierungspakets konnte das Defizit der öffentlichen Haushalte reduziert werden. Das Nulldefizit
wurde ein Jahr früher als geplant erreicht, nämlich im Jahr 2001. Und erstmals seit fast 30 Jahren wurde
ein gesamtstaatlicher Überschuss in der Höhe von 0,3 % des BIP erzielt, obwohl das Wirtschaftswachstum
weit hinter dem Trend zurückblieb.
... UND JAHRHUNDERTFLUT
Der unerwartete Konjunktureinbruch 2001/02 und die Jahrhundertflut im Sommer 2002 machten es laut Bundesminister
Grasser notwendig, im Jahr 2002 temporär vom Ziel des Nulldefizits abzurücken. Die Bundesregierung ließ
die automatischen Stabilisatoren voll wirken und stellte durch ein Maßnahmenpaket sicher, dass den Hochwasser-Geschädigten
rasch und unbürokratisch geholfen wurde. Konjunkturbereinigt betrug das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2002
nur 0,4 %, war also nahezu ausgeglichen. Die gesamtstaatliche öffentliche Verschuldung nach "Maastricht"
lag Ende 2002 bei 67,6 % des BIP (inklusive Rechtsträgerfinanzierung, die gemäß EUROSTAT nunmehr
zu den Staatsschulden zählt).
UMFASSENDE STRUKTURREFORMEN - SCHWERPUNKT FORSCHUNG
Abgesichert wurde die Konsolidierung laut Minister Grasser durch umfassende Strukturreformen in jenen Bereichen,
die in der Vergangenheit zu hohen Budgetbelastungen geführt haben: Personal, Bundesverwaltung, Pensionsversicherung,
Universitäten, Bundesimmobilienverwaltung, Wirtschaftsförderung und Finanzausgleich. Von der beabsichtigten
Einsparung von 15.000 VBÄ (Vollbeschäftigtenäquivalente) bis 2003 wurden bis Ende 2002 11.733 Einsparungen
tatsächlich realisiert.
Die Verwaltungsreform brachte in den Jahren 2001/2002 budgetäre Entlastungen von rund 1,2 Mrd. Euro. Sie umfasst
neben personellen Rationalisierungen vor allem das Verwaltungsreformgesetz 2001, das Beschaffungswesen und das
Deregulierungspaket mit den Ländern. Die im Juni 2000 beschlossene Reform der öffentlichen Pensionssysteme
(Erhöhung des Antrittsalters zur Frühpension um 1,5 Jahre, Anhebung der Abschläge bei Eintritt in
die Pension vor dem gesetzlichen Pensionsalter, Kürzungen der Hinterbliebenen-Pensionen bei Eigenpensionsansprüchen)
brachten die erwarteten Einsparungen. Die Zahl der vorzeitigen Alterspensionen ist deutlich gesunken. Im Jahr 2000
gab es 238.000 Frühpensionen; Ende 2002 waren es nur noch rund 209.000.
In seiner Auflistung budgetwirksamer Strukturreformen hebt der Finanzminister die Neuorganisation der Bundesgebäudeverwaltung;
die Universitätsreform 2002, die seit 1. Oktober 2002 in Kraft ist und ab 1. Jänner 2004 voll wirksam
werden wird, und die Gründung der Austria Wirtschaftsservice GmbH zur Neugestaltung der Förderlandschaft
hervor. Dazu kommt der bis Ende 2004 gültige Finanzausgleich, in dem sich Länder und Gemeinden zur Leistung
eines wesentlichen Beitrags zur Budgetkonsolidierung verpflichtet haben.
SOZIALPOLITISCHER MEILENSTEIN KINDERGELD
Neben der Budgetkonsolidierung gelang es, die öffentlichen Ausgaben für Forschung und Entwicklung
deutlich zu erhöhen und richtungweisende Fortschritte in der Sozialpolitik zu erzielen. Grasser führt
das Kindergeld - "ein familienpolitischer Meilenstein" - an und die "Behindertenmilliarde",
mit der in den letzten beiden Jahren über 22.000 Menschen in rund 700 Projekten unterstützt und auf eine
Integration in den Arbeitsmarkt vorbereitet werden konnten.
Ziel des Regierungsprogramms dieser Legislaturperiode ist es, die Sanierung der öffentlichen Finanzen weiterhin
durch Auf- und Ausgabenreformen voranzutreiben und über den Konjunkturzyklus einen ausgeglichenen Haushalt
zu erreichen. Als budgetär relevante Reformmaßnahmen nennt der Finanzminister Strukturreformen in der
öffentlichen Verwaltung; die Entwicklung eines "Pensionssystems für alle" unter Berücksichtigung
der demographischen Entwicklung bei Heranführung des tatsächlichen an das gesetzliche Pensionsantrittsalters;
mittel- und langfristige Maßnahmen zur finanziellen Sicherung des Gesundheitswesens, die Struktur- und Institutionenreform;
die betriebswirtschaftliche Ausrichtung der ÖBB zur Erhöhung des Selbstfinanzierungsgrades; das "Sparen
bei sich selbst" und die Arbeitsplätze.
STEUERREFORM UND WACHSTUMSPOLITIK
Zentrale Aufgabe der Wirtschaftspolitik in den kommenden Jahren ist es für Karl-Heinz Grasser, die Voraussetzungen
für einen steileren Wachstumspfad der Volkswirtschaft zu schaffen. Er setzt daher Schwerpunkte bei den Zukunftsthemen
Forschung, Bildung und Infrastruktur. Auf der Einnahmenseite soll "die größte Steuerreform der
2. Republik" in zwei Etappen umgesetzt werden. Die 1. Etappe wird mit 1. Jänner 2004 in Kraft treten.
Die 2. Etappe soll ab dem Jahr 2005 umgesetzt werden und eine Nettoentlastung von rund 2,5 Mrd. Euro beinhalten.
Die 13. Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung wird ab 2003 gestrichen.
DEFIZITE UND STAATSSCHULDEN IN DEN JAHREN 2003 UND 2004
Der Bundesvoranschlags-Entwurf 2003 sieht ein Defizit von rd. 3,94 Mrd. Euro vor. Unter der Berücksichtigung
von Überschüssen der Länder und Gemeinden von insgesamt 0,5 % des BIP wird das gesamtstaatliche
Defizit rund 1,3 % des BIP betragen. Die Schuldenquote soll 2003 auf 67,1 % des BIP zurückgehen.
Der Bundesvoranschlags-Entwurf für 2004 sieht ein Defizit von 3,43 Mrd. Euro oder 1,5 % des BIP vor. Unter
der Voraussetzung entsprechender Überschüsse von Ländern und Gemeinden beträgt das gesamtstaatliche
Maastricht-Defizit rund 0,7 % des BIP. Die öffentliche Verschuldung in Relation zum BIP soll Ende 2004 bei
rund 66,5 % des BIP liegen.
DIE WIRTSCHAFTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN
Nach einer insgesamt enttäuschenden wirtschaftlichen Entwicklung in der Europäischen Währungsunion
2002 verzögert sich der Aufschwung im Jahr 2003 weiter. Die schwache Aktivität setzt sich in der ersten
Jahreshälfte 2003 fort. Unter der Voraussetzung, dass sich die internationale politische Lage entspannt und
die Ölpreise auf das von der OPEC anvisierte Preisband zurückgehen, rechnet der Finanzminister in der
zweiten Jahreshälfte mit dem Beginn eines leichten Aufschwungs. Arbeitslosigkeit und Verluste auf den Finanzmärkten
wirken dämpfend auf den Konsum. Insgesamt wird für das laufende Jahr mit einem realen Wachstum von nur
1,1 % in der Euro-Zone gerechnet. 2004 sollte die Europäische Währungsunion dann wieder auf einen Wachstumspfad
einschwenken, der sich ihrem Potenzial von 2,25 % annähert. Die Wirkung der automatischen Stabilisatoren läßt
in den europäischen Volkswirtschaften die öffentlichen Defizite auf durchschnittlich 2,3 % des BIP ansteigen,
wobei Deutschland, Frankreich und Portugal 2003 voraussichtlich über der 3-Prozent- Marke liegen werden.
In Österreich entwickelte sich die Wirtschaft 2002 günstiger als in der Europäischen Währungsunion,
vor allem weil die Außenwirtschaft durch Marktanteilsgewinne einen höheren Wachstumsbeitrag lieferte.
Das Wachstum 2001 wurde anfangs noch vom privaten Konsum getragen, weil die Haushalte zunächst noch ihre Sparquoten
reduzierten. Bei einer auf dem Niveau des Vorjahres stagnierenden Sparquote werden die Konsumausgaben 2003 wieder
leicht ansteigen.
EINBRUCH BEI DEN INVESTITIONEN - INFLATION UNTER EU-DURCHSCHNITT
Bei den Investitionen verzeichnete das Jahr 2002 erhebliche Einbrüche. Auch ein Teil der Ersatzinvestitionen
infolge der Hochwasserkatastrophe dürften auf das Frühjahr 2003 verschoben worden sein. Ende 2003 erwartet
Minister Grasser wegen des Wegfalls der Investitionsprämie Vorzieheffekte bei den Investitionen. 2004 dürfte
dann ein weiterhin niedriges Zinsniveau eine von der Konjunktur gestützte Belebung der Investitionstätigkeit
begünstigen.
Im Jahresdurchschnitt 2002 hat die Teuerungsrate 1,8 % betragen, wobei die Preisgruppen Wohnen (Heizkosten) und
Verkehr für den niedrigen Preisauftrieb verantwortlich sind. Der harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI)
stieg mit 1,7 Prozent etwas langsamer als der VPI und lag deutlich unter dem Durchschnitt der Euro-Zone von 2,3
%. Aufgrund steigender Energiekosten wird für 2003 eine Teuerungsrate von 1,9 % erwartet. Sinkende Energiekosten
und der höhere Außenwert des Euro sollten die Teuerung 2004 wieder auf 1,4 % drücken.
WACHSTUMSTRÄGER EXPORT - ZUNAHMEN NACH MITTEL- UND OSTEUROPA
Mit plus 5,5 % entwickelte sich der österreichische Export 2002 besser als jener anderer Länder der
Währungsunion, was fast ausschließlich auf die Exporte nach Mittel- und Osteuropa zurückzuführen
ist. Exportbetriebe, die nach Deutschland und Italien liefern, leiden hingegen unter der unterdurchschnittlichen
Entwicklung der Nachfrage in diesen Ländern. Exporte außerhalb der Währungsunion werden durch den
starken Euro belastet. Für das laufende Jahr wird mit einem Ausfuhrplus von 4,3 % gerechnet. Die Importe stagnierten
2002 und der Leistungsbilanzsaldo verbesserte sich dementsprechend deutlich und lag 2002 bei nur mehr –0,4 % des
BIP.
ARBEITSMARKT - STAGNATION AUF HOHEM NIVEAU
Am Arbeitsmarkt stagnierte die Beschäftigung auf hohem Niveau. Laut EUROSTAT betrug die Arbeitslosenquote
2002 4,1 %, für heuer wird ein leichter Anstieg auf 4,2 Prozent erwartet. |