Ferrero-Waldner zum EU-Konvent: »Wir brauchen kein Direktorium in Europa«  

erstellt am
22. 05. 03

Wien (bmaa) - Kreativität und Phantasie wünscht sich Außenministerin Benita Ferrero-Waldner bei der Neugestaltung der Europäischen Union. Anlässlich der Pressekonferenz (am 21. 05.) legte die Bundesministerin die österreichischen Anliegen und Positionen im EU-Konvent dar. "Der Ehrgeiz, Europa neu zu gestalten, darf nicht dazu führen, dass wir das vergessen, was bisher grundlegend für die Integration war: Den Interessensausgleich, die Einbindung aller Partner und vor allem der Menschen müssen wir in das Zentrum unserer Interessen stellen", so Ferrero-Waldner.

Mit vielen Vorschlägen, die im Rahmen des Konvents eingebracht wurden, könne man einverstanden sein. Manche seien großartig. Als nicht akzeptabel bezeichnet die Außenministerin jedoch Vorschläge, welche die Balance zwischen kleinen und großen, zwischen alten und neuen Mitgliedern der Union stören. "Manchmal habe ich in der laufenden Diskussion um die Reform der Europäischen Union den Eindruck, dass die "Großen" in Richtung eines Direktoriums tendieren. Wir brauchen aber kein Direktorium in Europa! Was wir hingegen brauchen, ist ein Motor aus der europäischen Mitte: Länder wie Österreich und seine Nachbarstaaten, die allfälliger Machtgelüste unverdächtig sind und die das Gemeinschaftswohl in den Vordergrund stellen", so die Außenministerin.

Mit voller Kraft setze sie sich daher dafür ein, dass sich Österreich in die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union (GASP) voll einbringt und seinen Teil dazu beiträgt, dass die EU in der Welt mit einer Stimme spricht. "Ich begrüße daher auch die vorgeschlagene Einrichtung des Amts eines europäischen 'Außenministers', der die Funktionen des Außenkommissars und des Hohen Vertreters in der GASP vereinen soll". Gleichzeitig warnt Ferrero-Waldner vor einem 'Etikettenschwindel'. "Eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die diesen Namen verdient, wird es nur dann geben, wenn jeder Mitgliedsstaat auch bereit ist, Souveränität in diesen Bereichen aufzugeben. Österreich ist bereit, diesen Schritt im Interesse Europas zu tun."

Neben der Befürwortung eines europäischen 'Außenministers' und der Gleichheit der Mitgliedsstaaten nennt die Außenministerin weitere Grundsätze, für die Österreich unmissverständlich eintritt. Dazu gehören die Beibehaltung des Rotationsprinzips bei der Ratspräsidentschaft, die Stärkung der Gemeinschaftsmethode und damit der Europäischen Kommission, die Ablehnung der Schaffung neuer Institutionen sowie das Prinzip eines eigenen Kommissars für jedes Mitgliedsland.

Ferrero-Waldner sieht keinen Grund zur Reduzierung der Europäischen Union. "Die Regierungen von größeren europäischen Ländern haben zum Beispiel manchmal wesentlich mehr Regierungsmitglieder als es Kommissionsmitglieder geben wird. Der Kommissar ist schließlich das sichtbarste Bindeglied zwischen der nationalen Regierung und Brüssel."

"Europa ist eine große Baustelle", stellte die Außenministerin abschließend fest. "Wir dürfen aber die Zukunft Europas nicht auf Vorwänden und Hintertüren errichten. Wir müssen es auf Vertrauen in die Zukunft und nach dem Motto 'Mehr Demokratie wagen' aufbauen."
     
zurück