»Ohne Preis kein Fleiß«  

erstellt am
22. 05. 03

Ergebnisse einer repräsentativen Österreich-Umfrage
Wien (sora) - Die Österreicher sind nur teilweise bereit, mehr Leistung am Arbeitsplatz zu erbringen, das ergibt eine repräsentative Studie des SORA-Institutes im Auftrag der Europäischen Wissenschaftstage in Steyr und dem Institut für Unternehmensberatung Wentner-Havranek. Zwar geben 75 Prozent aller Befragten an, ihre persönliche Arbeitsleistung steigern zu können, doch sind nur 55 Prozent bereit, das auch tatsächlich zu tun. Die Ursache für diese mangelnde Leistungsbereitschaft liegt vor allem darin, dass lediglich 33 Prozent der Arbeitnehmer reale Chancen sehen, ihre berufliche Situation zu verbessern. "Daraus lässt sich eine Grundhaltung der Österreicher nach dem Motto 'Ich könnte mehr leisten, will aber nicht, weil es nichts bringt' ableiten", erklärt Edith Enzenhofer vom SORA-Institut.

Leistungspotenziale nicht ausgeschöpft
„Die Studie zeigt deutlich, dass es Potenziale zur Steigerung der Produktivität gibt“, bestätigt Mag. Christian Havranek vom Institut für Unternehmensberatung Wentner-Havranek. „Die Österreicherinnen und Österreicher sind bereit, mehr zu leisten. Aber nur, wenn es auch Konsequenzen nach sich zieht, etwa eine Gehaltserhöhung oder bessere Aufstiegschancen.“ Besonders ausschlaggebend für die Leistungsbereitschaft ist die Überzeugung, Handlungsspielraum zu haben. Arbeitnehmer, die das Gefühl haben, die eigene Arbeitsleistung und die berufliche Situation selbst beeinflussen zu können, sind eher bereit, mehr als bisher zu leisten, als jene, die diesen Eindruck nicht haben. Erschwerend kommt hinzu, dass Geschäftsführer und Personalverantwortliche die Bedeutung solcher Anreize unterschätzen. „Weiterbildung, flexible Arbeitszeiten oder Sozialleistungen sind für Arbeitnehmer klare Anreize, mehr zu leisten. Aber viele Arbeitgeber nehmen diese Themen nicht wirklich ernst.“ Fazit: „Wollen Unternehmen das Leistungspotential ihrer Mitarbeiter ausschöpfen, müssen sie entsprechende Anreize schaffen!“

Ein weiterer Grund für die eingeschränkte Leistungsbereitschaft ist die mangelnde Transparenz in den Unternehmen: Leistung ist noch immer ein Tabu, und wird in zwei Drittel der Betriebe nicht offen diskutiert. Damit fehlt auch eine wesentliche Basis für Diskussionen über Leistungsanreize (Incentives). „In der Wissenschaft setzen sich hochrangige Personalökonomen seit den siebziger Jahren mit Themen wie Vertragstheorie und Vergütungsmodelle auseinander“, erklärt DI Berghold Bayer von den Europäischen Wissenschaftstagen in Steyr, die sich vom 13.-18. Juli mit dem Thema „Arbeit, Lohn und Leistung“ beschäftigen. „Auch wissenschaftliche Forschungen haben bestätigt, dass Incentives eine entscheidende Rolle in der Leistungsbereitschaft von Arbeitnehmern spielen. Es ist höchste Zeit, dass diese Erkenntnisse nun gezielt an die Personalverantwortlichen vermittelt werden“, so Bayer.

Leistung: Modernität hat Vorrang
Dennoch passen sich die österreichischen Arbeitnehmer den Erfordernissen der modernen Gesellschaft an: Sie sind bereit, aktuellen Leistungskriterien wie dem Erlernen moderner Technologien und erhöhter Flexibilität zu entsprechen und sich persönlich und beruflich weiter zu entwickeln. Sie sind daran interessiert, mehr Verantwortung zu übernehmen und Ideen und Vorschläge einzubringen. Damit deckt sich das Leistungsverständnis der Beschäftigten mit jenem der Personalverantwortlichen und Geschäftsführer. Leistung wird generell immer seltener im traditionellen Sinn von Mehrarbeit verstanden, was zählt, ist die Qualität der Arbeit.

Zählen die sozialen Komponenten oder die hard facts?
Gute Zusammenarbeit, Kommunikation und Anerkennung sind unumstritten die wichtigsten Faktoren am Arbeitsplatz. Sowohl Geschäftsführer als auch Mitarbeiter sind sich in der hohen Bewertung eines funktionierenden Betriebsklimas einig. Personalvertreter haben hingegen ein eher traditionelles Arbeitsverständnis und betonen die Bedeutung des Einkommen und der Arbeitszeitregelung. Geschäftsführer unterschätzen wiederum die Bereitschaft zu Weiterbildung und beruflichem Aufstieg sowie die entscheidende Rolle bezahlter Weiterbildungsmöglichkeiten und familienfreundlicher Arbeitszeiten. Das wirkt sich auch auf die Einstellung der Arbeitnehmer aus: Da die Geschäftsführer hard facts wie Einkommen, Aufstiegsmöglichkeiten, betriebliche Sozialleistungen und Weiterbildungsangebote in ihrer Bedeutung für die Mitarbeiter unterschätzen, kann dies zur Anpassung der Arbeitnehmer an den Status quo führen.  

Geld schafft Leistung
Dennoch zeigt sich in Betrieben, in denen bewusst Leistungs-Incentives gesetzt werden, eine positive Wirkung: Nichtmonetäre Anreizsysteme steigern das Motivationsniveau und schaffen Leistung im Sinne von Qualität und Engagement. Trotzdem ist es aber letztlich ein höheres Grundgehalt, das die Bereitschaft erhöht, im Sinne von Mehrarbeit noch mehr zu leisten.
     
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