Guy Gilbert: Die Füße im Dreck, den Kopf im Himmel |
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Guy Gilbert, Rockerpriester aus Paris, und der rappende Father Stan Fortuna aus der Bronx kommen
zur Stadtmission in die österreichische Bundeshauptstadt. Wien (kath.net / PEW) - Von den Kids aus der Untergrundszene habe er gelernt, "frei heraus zu sagen, was man meint": Guy Gilbert, der 76-jährige Rockerpriester aus Paris, bringt die Dinge auf den Punkt. "Wir sind oft viel zu heuchlerisch, viel zu diplomatisch - man sagt sich nicht die Dinge von Angesicht zu Angesicht." Dass er "Klartext" reden kann und sich jenseits von "lauwarmem" Gerede an das Gebot Jesu hält "Euer Ja sei ein Ja und euer Nein ein Nein", hat er bereits bei seinem Besuch in Wien im Herbst 2001 bewiesen. Im Rahmen der Wiener Stadtmission kommt er wiederum in die Bundeshauptstadt - wie auch andere unorthodoxe Priestergestalten, die die üblichen Klischeebilder von Geistlichen gehörig durcheinander wirbeln. In Frankreich ist Guy Gilbert fast so bekannt wie Mutter Teresa. Seit Jahren arbeitet er in der Weltmetropole Paris und kümmert sich dort um Jugendliche, deren Leben sich zwischen Drogen und Hass abspielt. Der Rockerpriester lebt mit und für die - wie er sagt - "Härtesten, die man finden kann", vorwiegend Jugendliche im Alter zwischen 13 und 15 im Pariser Untergrund. Laut Gilbert haben sie entweder gestohlen, jemanden vergewaltigt oder umgebracht - lauter "schwierige Fälle". Besonders berührt habe ihn die Geschichte eines jungen Mannes, erzählte er bei seinem Besuch in Wien: "Mit drei Jahren wurde er bereits von seinem Vater geschlagen. Immer, wenn der Vater heimkam, versteckte sich das Kind - einmal sogar in der Hundehütte. Doch sein Vater hat ihn gefunden und ihn schlimm zugerichtet. Vor den Augen seines Sohnes hat er dann auch noch den Hund umgebracht. Für das Kind war der Hund das einzige Lebewesen, von dem es jemals Liebe erfuhr. Um die Kraft zum Weiterleben zu haben, hat das Kind dann das Blut des Hundes getrunken". Gilbert sucht gerade diese jungen "Underdogs", weil keiner sie will und weil er glaubt, "dass jedes Geschöpf größer ist als seine Fehler". Außerhalb von Paris betreibt der Priester einen Bauernhof, wo Drogenabhängige und jugendliche Kriminelle lernen, wieder Mensch zu werden. Die Jugendlichen, die vielfach selbst Opfer von Kriminellen waren, lernen über die Betreuung der Tiere auf dem Bauernhof, wieder Kontakt aufzunehmen. Der Rockerpriester will den Gestrandeten des Pariser Untergrunds beweisen: Die Liebe Gottes gibt es auch für sie. Sein Engagement findet Beachtung: Im April kam Guy Gilbert in Belgien in die Schlagzeilen, als er gemeinsam mit Brüssels Erzbischof, Kardinal Godfried Danneels, die kirchliche Hochzeitsfeier für den jüngsten Sohn des belgischen Königs Albert II., Prinz Laurent, durchführte und dabei ein eigens verfasstes Gebet für das Brautpaar sprach. Über den Prinzen sagte Gilbert belgischen Medien: "Das ist ein Typ mit einem großen Herzen". Er habe ihn gemeinsam mit Straßenkindern Geschirr spülen gesehen. "Mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil ist der Priester ein Diener geworden", sagte der Rockerpriester bei seinem Wienbesuch vor eineinhalb Jahren: "Ein Priester muss seine Füße auf der Straße haben, er muss im Dreck stehen, aber seinen Kopf im Himmel haben. Er muss zuerst mit den Menschen leben, und ihnen dann von Gott erzählen und sie zu Ihm hinführen". "Der Papst? - ein absolut cooler Typ!" Auch einen Priester, der rappt - also im Sprachgesang der heutigen Hiphop-Kultur musiziert - würde wohl niemand für einen typischen Geistlichen halten. Father Stan Fortuna, einer von 50 Kapuzinern aus der New Yorker Bronx, kommt ebenfalls zu Stadtmissions-Veranstaltungen nach Wien. Geboren und aufgewachsen ist er - wie das Jugendmagazin "You!" recherchierte - in einem früher italienischen Viertel in New York, wo der Großteil der Bevölkerung heute aus Puertorikanern, Schwarzen und Arabern besteht. Fortuna selbst stammt aus einer italienisch-griechischen Familie. Als Jugendlicher spielte er mit seiner Band fast täglich in New Yorker Clubs. Damals ging er zwar in die Sonntagsmesse, wollte aber im Grunde nichts mit dem Glauben zu tun haben. Dann stieß er zu einem Bibelkurs, der eine Wende in seinem Leben bewirkte. Er begann regelmäßig zu beten, die Bibel zu lesen, in die Messe zu gehen. Schließlich verspürte er den Ruf, Priester zu werden, und trat in den Kapuzinerorden ein. Zusammen mit sieben anderen Kapuzinern entschied er sich 1987, seine Berufung auf eine radikalere Weise zu leben: Die acht gründeten den Orden der "Franziskanischen Brüder der Erneuerung", einen Bettelorden. Sie wollten sich speziell um die Armen in der New Yorker Bronx kümmern, auch wenn es dort auf den ersten Blick nach "mission impossible" aussieht. Heute sind sie über 50 Brüder, alle mit grauer Kutte und langen Bärten. Father Stan bereist die ganze Welt und begeistert durch seine feurigen Predigten und seine Raps. Mit der eigens gegründeten non-profit-Company "Francesco Productions" bringt er CDs heraus, deren Erlös für die Armen und die Mission der Brüder verwendet wird. Father Stan ist kein Pseudo-Rapper, in seinen Texten nimmt sich der 54-Jährige bei Themen wie Gewalt, Abtreibung und Reinheit kein Blatt vor den Mund. "Mich langweilen halbe Sachen, ich rappe die Realität!", sagt er. Seine Inspirationsquelle sind vor allem Texte von Papst Johannes Paul II. Father Stan: "Ich stehe hundertprozentig hinter ihm und seinen Botschaften, er ist ein absolut cooler Typ!" Die Reihenfolge ist für Father Stan klar: "Mein Priestertum kommt an erster Stelle, die Musik an zweiter. Doch meine Musik gehört zu meinem Priestertum". |
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