Bonn (alphagalileo) - Ein internationales Astronomenteam unter der Leitung von Dr. Michael Drinkwater (Queensland,
Australien), Dr. Michael Gregg (Livermore, USA) und Dr. Michael Hilker von der Universität Bonn hat eine neue
Art von sehr kompakten kleinen Galaxien entdeckt. Die Ergebnisse werden in der kommenden Ausgabe der renommierten
Wissenschaftszeitschrift Nature vom 29. Mai publiziert. Der neue Galaxientyp könnte die Diskrepanz zwischen
Beobachtungen und kosmologischen Modellen erklären helfen.
Die Galaxien in unserem Universum sind nicht alle gleich: Da gibt es Spiralen, die unserer Milchstraße ähneln,
große elliptische und kleine leuchtschwache Galaxien. Schon immer haben sich die Astronomen gefragt, ob bei
den bisherigen Beobachtungen nicht vielleicht Galaxientypen übersehen wurden. Mit Hilfe einer groß angelegten
spektroskopischen Durchmusterung aller Objekte in dem relativ nahe gelegenen Fornax-Galaxienhaufen konnte das Astronomenteam
nun in der Tat einem neuen Typ auf die Spur kommen: den so genannten ultrakompakten Galaxien, die in den Zentren
von Galaxienhaufen liegen. Ihr Aussehen ähnelt dem galaktischer Kugelsternhaufen, sie sind aber um ein Vielfaches
größer und leuchtkräftiger.
Aufgrund ihrer sehr geringen Ausdehnung am Himmel hatte man die ultrakompakten Galaxien bislang für Sterne
der Milchstraße gehalten. Ihre Radialgeschwindigkeit – ein grobes Maß für die Entfernung – verriet
den Astronomen aber, dass sich die Himmelsobjekte nicht in unserer Milchstraße befinden konnten.
Nachweis dank Hubbles „scharfem Auge“
Um die Eigenschaften des neuen Galaxientypes zu studieren, bedienten sich die Astronomen der zur Zeit modernsten
Telskope. Das „scharfe Auge“ des Hubble Space Teleskopes konnte die ultrakompakten Galaxien räumlich auflösen,
so dass die Wissenschaftler ihre Ausdehnung feststellen konnten. Mit den großen 8-Meter-Teleskopen der Europäischen
Südsternwarte (ESO) auf dem Observatorium „El Paranal“ in Chile konnte Dr. Michael Hilker zudem spektroskopisch
feststellen, wie schnell sich die Sterne in den Galaxien bewegen. Beide Messungen zusammen erlaubten es den Forschern,
die Galaxien zu „wiegen“. Mit verblüffendem Ergebnis: Ausdehnung, Leuchtkraft und Masse entsprechen in dieser
Kombination keinem bisher bekanntem Galaxientyp. Die Entdeckung könnte eine Frage beantworten, die Astronomen
schon lange schwer im Magen liegt: Nach gängiger Lehrmeinung sind die ursprünglichen Bausteine des Universums
kleine und massearme Zwerggalaxien, von denen auch heute noch viele existieren müssten. Bislang fand man allerdings
stets viel weniger Zwerggalaxien, als die kosmologischen Modelle vorhersagten. Die Forscher glauben nun, dass die
ultrakompakten Galaxien aus Zwerggalaxien entstanden sein könnten, die ihre äußeren Sterne verloren
haben. Computersimulationen von Dr. Kenji Bekki (Sydney, Australien) belegen auch, dass dies möglich ist.
Der neue Galaxietyp ist somit ein wichtiges Bindeglied, das die Diskrepanz zwischen Beobachtungen und kosmologischen
Modellen erklären könnte. |