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Ferrero-Waldner ruft Thema Südtirol in Erinnerung
Erklärung der Außenministerin im Nationalrat zum Thema Südtirol
Wien (övp-pd) - Vor fast genau zehn Jahren, am 5. Juni 1992, hat der Nationalrat die Bundesregierung mit Entschließung ersucht, den seit 1960 bei den Vereinten Nationen anhängigen Streit mit Italien über die Auslegung des Pariser Abkommens betreffend Südtirol für beigelegt zu erklären.
Aufgrund eines Berichtes des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten war das Parlament damals nach eingehender Debatte zur Überzeugung gelangt, dass das Paket derart als erfüllt anzusehen ist, dass Südtirol - ich zitiere - "heute in seinem ethnischen, kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Bestand gesichert ist". Damit waren die wesentlichen Zielsetzungen des Pariser Vertrages als verwirklicht anzusehen. Das sagte Außenministerin Dr. Benita Ferrero-Waldner am Mittwoch (12. 06.) bei der Südtirol-Debatte im Nationalrat.
Am 11. Juni 1992 erklärte Österreich sodann in einer offiziellen Note an die italienische Seite den Streit über Südtirol für beigelegt. Diese Erklärung wurde noch am selben Tag dem Generalsekretär der Vereinten Nation notifiziert. "Ich halte es für bedeutsam, der Öffentlichkeit diese Abläufe in Erinnerung zu rufen, und ebenso die Tatsache, wie intensiv sich das Parlament damals mit dem Thema Südtirol auseinandergesetzt hat. Darin kommt deutlich der staatspolitische Stellenwert zum Ausdruck, welcher der Südtirolfrage mit gutem Grund stets beigemessen worden ist. Ich halte es für sehr wichtig, dass der Unterausschuss zur Erörterung Südtirolpolitischer Fragen auch zehn Jahre nach Streitbeilegung weiterbesteht, wodurch zum Ausdruck gebracht wird, dass die Schutzfunktion Österreichs für Südtirol auf der Grundlage des Pariser Abkommens weiterhin gegeben ist und auf einem soliden parteienübergreifenden Konsens beruht." Alois Mock meinte: "Für die Anliegen Südtirols wird sich die Schutzmacht Österreich immer einsetzen - mit der Kraft des Verstandes und des Herzens!" Ferrero-Waldner: "Als Außenministerin und als Österreicherin mit familiären Wurzeln in Südtirol identifiziere ich mich mit diesen Worten voll und ganz."
Die dynamische Weiterentwicklung der Autonomie Südtirols in den letzten zehn Jahren würde bestätigen, dass die Abgabe der Streitbeilegungserklärung zum damaligen Zeitpunkt die richtige Entscheidung gewesen sei: Das Land konnte seither seine Kompetenzen noch erheblich ausweiten und die Autonomie zusätzlich festigen. Auch sonst seien die Dinge günstig für Südtirol verlaufen: seit Österreichs EU-Beitritt am 1. Jänner 1995 sind die Tiroler Landesteile in einem Binnenmarkt verbunden und entwickeln sich eingebettet in den europäischen Einigungsprozesses in Richtung immer dichterer Integration. Die regionale Zusammenarbeit über den Brenner hinweg stelle ein gutes Beispiel für die Bedeutung der regionalen Zusammenarbeit innerhalb der EU dar.
Eine zusätzliche Dynamik entstand durch das Schengener Abkommen: der Wegfall der Grenzkontrollen am Brenner im April 1998 war für viele Tiroler und Südtiroler ein emotionaler Augenblick. Durch die Teilnahme Österreichs und Italiens an der gemeinsamen Europäischen Währung konnte auch die wirtschaftliche Kooperation zwischen den Tiroler Landesteilen weiteren Impetus erhalten, sagte die Außenministerin.

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Wir haben die Streitbeilegung vor zehn Jahren in der vertrauensvollen Erwartung erklärt, dass Italien auch nach diesem Schritt als unser zukünftiger Partner in der EU im Bewusstsein um die gemeinsamen europäischen Werte den rechtlichen Besitzstand Südtirols schützen und fördern würde. Und wir wurden nicht enttäuscht. Darüber hinaus herrscht heute im Land an Etsch und Eisack sozialer Friede, das Zusammenleben der verschiedenen Sprachgruppen entwickelt sich gedeihlich und die Wirtschaft floriert. All dies geht zwar nicht nur, aber doch auch auf das erfolgreiche Funktionieren der Autonomie zurück. Das sagte heute, Mittwoch, Außenministerin Dr. Benita Ferrero-Waldner bei der Südtirol-Debatte im Nationalrat.
Wenn die Entwicklung der letzten zehn Jahre für Südtirol positiv verlaufen ist, so hänge dies auch mit der hohen Qualität der Beziehungen zwischen Österreich und Italien zusammen, so die Ministerin. Die Meinung vieler Skeptiker, dass die gesellschaftlichen Umwälzungen in Europa und der Welt seit Einigung über das Südtirol-Paket vor fast 33 Jahren die Südtirol-Autonomie überholt und somit revisionsbedürftig erscheinen lassen, teilt Ferrero-Waldner nicht. Zwar habe sich im sozialen Gefüge und im Bewusstsein der Menschen sehr vieles geändert, "das bedeutet aber nicht, dass die kulturelle Identität mit dem wesentlichen Kriterium der Sprache dem heutigen Menschen kein Anliegen mehr wäre. Ganz im Gegenteil betont Europa in seinem Diskurs über Minderheiten mit Nachdruck die Notwendigkeit des Schutzes dieser Identität." Die Grundpfeiler der Südtirol-Autonomie, die genau dieses Ziel verfolgen, hätten sich als friedensstiftende Instrumente bestens bewährt und müssten daher weiterhin wirksam bleiben. Von der Südtirollösung könne für andere Minderheitenkonflikte eine Vorbildwirkung ausgehen: über die Grundprinzipien und Kernelemente der Südtirol-Autonomie könne heute wohl kein europäischer Politiker, der Verantwortung für Sprachminderheiten trägt, hinwegsehen.

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Die Ministerin verwies zudem auf eine "gewisse Analogie zwischen der Situation des Jahres 1992 und jener heute. Als Österreich damals die Streitbeilegungserklärung abgab, waren wir Zeugen der dramatischen Ereignisse im ehemaligen Jugoslawien, wo Minderheitenkonflikte mit Gewalt ausgetragen wurden. Gleichzeitig waren wir in der Erwartung entscheidender Fortschritte im europäischen Integrationsprozess, die Österreich, so unsere Erwartung, doch innerhalb weniger Jahre zur Mitgliedschaft in der Europäischen Gemeinschaft führen sollten. Befinden sich die Staaten Mittel- und Osteuropas heute nicht in einer ähnlichen Situation?" Auch heute sollte man sich allseits zu einer Kultur der Vergangenheitsbewältigung und der Streitbeilegung durchringen. Österreich, das die Erweiterung der Europäischen Union mit Nachdruck unterstützt, ist jedenfalls der festen Überzeugung, dass dieser historische Schritt zum Anlass genommen werden sollte, um auch mit schwierigen Etappen der Geschichte ins Reine zu kommen und so unbelastet in das gemeinsame Europa von Morgen, in ein Europa der ungeteilten Menschenrechte, hineinzugehen, so Ferrero-Waldner, die abschließend noch einmal Alois Mock zitierte, der am 5. Juni 1992 im Plenum im Rahmen der Debatte über Südtirol folgendes ausgeführt hat: "In einer Welt blutigster Nationalitätenkonflikte kann jene Lösung, die Österreich und Italien im Falle des vor der UNO anhängigen Streites gefunden haben, für ganz Europa als Zeichen der Hoffnung gelten, als Zeichen für eine Kultur des internationalen Zusammenlebens". Ferrero-Waldner: "Diese Worte haben bis heute nichts von ihrer Bedeutung verloren."

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