Gusenbauer
zu Pensionen: Keine substanziellen Zugeständnisse der Regierung
FPÖ ist im Liegen umgefallen - welcher "Kuhhandel" steckt hinter dieser
Einigung?
Wien (sk) - "Seit den runden Tischen mit den Sozialpartnern hat sich die Bundesregierung nicht
mehr bewegt. In ihren Abänderungsanträgen zur Pensionsreform gibt es keinerlei substanzielle Zugeständnisse",
kritisierte am Donnerstag (05. 06.) SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer in einer
Pressekonferenz. Die Kürzungen in der Höhe von elf bis 12 Prozent bleiben unverändert, es gebe keine
Regelungen für Schwerstarbeiter, keine sozialen Abfederungen für Pensionen unter 1.000 Euro, noch finde
sich ein Wort zur Harmonisierung im Gesetzestext. "Die ÖVP hat ihr Kürzungsprogramm absolut durchgepeitscht,
und die FPÖ hat nichts erreicht. Die FPÖ ist noch im Liegen und mit lautem Gebrüll umgefallen. Es
ist noch eine spannende Frage, welcher Kuhhandel steckt hinter der Einigung der FPÖ mit der ÖVP",
so Gusenbauer.
Der nun von Regierungsseite angebotene Härtefonds sei ebenfalls kein Ausweg, da dieser mit nur zehn Millionen
Euro dotiert sei. Kommendes Jahr gehen 67.000 Menschen in Pension, davon werden 35.000 unter 1.000 Euro im Monat
erhalten. Suchen nun alle um einen Ausgleich beim Härtefonds an, dann bekommen sie pro Monat genau 20 Euro,
rechnete der SPÖ-Vorsitzende vor. Darauf bestehe aber kein Rechtsanspruch, sondern die Gewährung dieser
Mittel sei ein "staatlicher Gnadenakt". Die Kürzungen machen hingegen bei einer Pension von 1.000
Euro 120 Euro aus. Zieht man die 20 Euro aus dem Härtefonds ab, dann beträgt die Kürzung immer noch
100 Euro. "Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Viele werden durch die Pensionsreform der Regierung
an die Grenze der Armut gedrängt."
Für Junge kommt aber das dicke Ende noch, nämlich dann wenn der Deckel bei den Kürzungen "wegfliegt",
da dieser zeitlich befristet sei und die heute unter 40-Jährigen dann in ein beitragsorientiertes Pensionskonto
einzahlen. Dann stehen Pensionskürzungen in der Höhe von 30 Prozent im Raum, so Gusenbauer. "Für
unter 40-jährige ist unter keinen Umständen eine Nettoersatzrate von 80 Prozent auch nach 45 Beitragsjahren,
wie von der Regierung versprochen, erreichbar. Die Ersatzraten werden dann auf 55 bis 60 Prozent netto sinken",
unterstrich der SPÖ-Chef. Denn es gebe keine adäquaten Aufwertungsfaktoren.
Gusenbauer betonte, dass die Regierung von ihrem Versprechen, die Pensionen ab 2004 mit der Lohnentwicklung aufzuwerten,
jetzt wieder abgerückt sei. Dieser Vorschlag sei an sich schon schlimm genug, da die alten Versicherungszeiten
dabei nicht berücksichtigt bleiben, doch nun soll nur mehr nach der Nettoanpassung aufgewertet werden, was
ein eindeutig schlechterer Satz ist, und einer Entwertung der Pensionen gleich kommt. Damit sei auch klar, dass
am ursprünglichen Entwurf nichts geändert wurde, da die Hauptbetroffenen immer noch unverändert
die Jungen sind. Einzig für die in den nächsten Jahren in Pension Gehenden wurde der Deckel bei den Kürzungen
eingeführt. Dazu komme noch, dass die Regierung die Mindestzinsgarantie bei Pensionskassen absenken will.
Dadurch werden 400.000 Menschen die Pensionen gekürzt, die in diese Kassen eingezahlt haben.
Wann eine Harmonisierung der Pensionssysteme erfolgen soll, stehe weiter in den Sternen, kritisierte Gusenbauer.
Es gebe dazu nur "müde Absichtserklärungen", im Gesetzestext finde sich dazu kein Wort. "Mit
dieser Einigung zwischen FPÖ und ÖVP zur Pensionsreform ist auch die Harmonisierung begraben worden",
sagte der SPÖ-Vorsitzende. In diesem Zusammenhang ist Gusenbauer gespannt, wie sich der Chef der Beamtengewerkschaft,
ÖVP-Abgeordneter Neugebauer nächste Woche bei der Abstimmung verhält. "Vielleicht hat sein
Leisertreten in dieser Angelegenheit in den letzten Tagen damit zu tun, dass ihm Kanzler Schüssel bereits
Zugeständnisse bei der Harmonisierung gemacht hat", so Gusenbauer.
Der SPÖ-Vorsitzende vermutet, dass die Regierungsparteien selbst kein großes Vertrauen in ihr Produkt
haben, da sie gestern mit einem Fristsetzungsantrag einen "Schluss der Debatte" mit dem morgigen Tag
gesetzt haben, ohne aber einen Abänderungsantrag zu ihrem ursprünglichen Entwurf für die Budgetbegleitgesetze
eingebracht zu haben. Auch beim seit 10 Uhr vormittags tagenden Budgetausschuss wurde dieser Antrag noch nicht
vorgelegt, er soll erst am Nachmittag eingebracht werden, "so hört man". Gusenbauer wertet dieses
Vorgehen als eine "Brüskierung des Parlaments" und als einen Versuch, eine kritische Debatte zu
verhindern. Dadurch soll offensichtlich erreicht werden, dass nicht alle "schlafenden Hunde" im Text
entdeckt werden können, vermutet Gusenbauer.
Für Gusenbauer sei das ein "schlechter Stil", der nichts mit einem "zivilisiertem Umgang"
mit dem Parlament zu tun habe. Und es sei ein Beweis dafür, dass diese Pensionsreform von "vorne bis
hinten vergurkt" sei, sagte Gusenbauer in Anlehnung an ein Zitat des Beamtengewerkschafters Neugebauer.
Das was die Regierung vorgelegt habe, sei keine wirkliche Pensionsreform, da der Lebensstandard nicht gesichert
werde, die langfristige Finanzierung nicht garantiert werden könne und keine Erhöhung der Gerechtigkeit
statt finde. Als Beleg dafür führte Gusenbauer an, dass die Regierung darauf verzichtet, bei hohen und
höchsten Pensionen einen Solidaritätsbeitrag in der Höhe von zehn Prozent einzuheben, dass sie aber
bereit ist, Menschen mit sehr kleinen Pensionen zehn bis zwölf Prozent ihrer Pensionen abzuknöpfen.
Ohne die Kampfmaßnahmen des ÖGB hätte sich in der Pensionsdebatte überhaupt nichts getan,
ist Gusenbauer überzeugt. Es hätte dann keine runden Tische gegeben, keine Veränderungen in einzelnen
Bereichen, auch wenn diese größtenteils kosmetisch geblieben seien, und außerdem wurde dadurch
erreicht, dass auf einer breiten Basis wie noch nie über das Pensionsthema diskutiert wurde, unterstrich der
SPÖ-Chef. Nächste Woche in der Plenarsitzung des Nationalrates werden auch die Unterschriften der SPÖ-Bürgerinitiative
für faire Pensionen an die Regierung überreicht. Mit dieser Initiative werde auch eine Volksabstimmung
über die Pensionsreform gefordert. "Das ist der nächste Glaubwürdigkeitstest für die FPÖ,
da sie sich immer für eine Volksabstimmung ausgesprochen hat. Stimmt sie nun dafür oder geht ihre Umfallerserie
weiter", so Gusenbauer abschließend. |
Achleitner: Pensionen: Soziale Sicherheit für alle Generationen
Sozialstaat bezahlt sich nicht von selbst
Wien (fpd) - "Verantwortung zu tragen und Verantwortung für nachhaltige Reformen zu übernehmen,
die mehrere Generationen berücksichtigen, bedeutet Mut. Es bedeutet Mut, den Menschen die Wahrheit zu sagen,
und es bedeutet auch Mut, Reformen gemäß den finanziellen Bedingungen sozial gerecht zu gestalten und
nicht zu Lasten der Schwächeren." Mit diesen Worten eröffnete die freiheitliche Frauensprecherin
Dipl.-Ing. Elke Achleitner ihren Debattenbeitrag am Mittwoch (04. 06.).
Gerade diesen Mut habe aber die SPÖ nie gehabt und ziehe es nun vor, durch Panikmache, Horrormeldungen und
Verunsicherungen mit den Sorgen der Österreicherinnen und Österreicher zu spielen. Während SPÖ
und Grüne gemeinsam mit dem ÖGB nichts anderes im Sinn hätten als die Bevölkerung gegen die
Regierung aufzuhetzen, Arbeitnehmer zu instrumentalisieren und auch Druck auf sie auszuüben, um ihre Macht
zu demonstrieren. sei das Ziel der FPÖ ein ganz anderes, nämlich mit einer gerechten Pensionsreform die
soziale Sicherheit für alle Generationen nachhaltig zu gewährleisten.
Ein großes Anliegen sei dabei, daß für Frauen die Betreuungsleistungen angerechnet und daß
die Lücken im Erwerbsleben der Frauen, die Familienarbeit leisten, geschlossen werden. Ohne Besserstellung
der Frauen wäre eine Pensionsreform für die FPÖ nicht denkbar gewesen. "Denn es sind die Frauen,
die den Generationenvertrag garantieren", erklärte Achleitner. Daher werden pensionsbegründende
Kindererziehungszeiten künftig auf zwei Jahre erhöht, die Durchrechnungsverlängerung wird dadurch
ausgeglichen, daß pro Kind 3 Jahre berücksichtigt werden. Zusätzlich wird für die Bemessungsgrundlage
der Kindererziehungszeiten für die Pensionen erhöht. Durch diese jährliche Aufwendung werden 2028
die Kindererziehungszeiten doppelt so viel wert sein wie jetzt. Verbesserungen für die Frauen werden auch
durch die neuen Rahmenzeiten für die Altersteilzeit gewährleistet."
"Das ist freiheitliche Sozialpolitik, und die Opposition soll endlich zur Kenntnis, daß sich der Sozialstaat
nicht von selbst zahlt", schloß Achleitner. |
Verbesserungen bei Pensionsreform Folge der Streiks
Van der Bellen sieht "Kapitulation der FPÖ" - Öllinger kritisiert »Propagandaparagraph«
Wien (grüne) - Die Grünen bleiben bei ihrer Kritik an der Pensionsreform. Die gestern von
der Regierung vorgelegten "geringen, aber doch merklichen Verbesserungen" seien im Wesentlichen bereits
bei den "Runden Tischen" mit den Sozialpartnern zu Stande gekommen, meinte Bundesprecher Alexander Van
der Bellen in einer Pressekonferenz am Donnerstag (05. 06.). Es handle sich dabei also
um Teilerfolge der Streiks und Demonstrationen: "Ohne diese Aktivitäten wäre die Regierungsvorlage
sicher durchgegangen."
Darüber hinaus gehende Verbesserungen habe die Regierung nicht vorgenommen. Der Gesetzesentwurf bedeute die
"endgültige Kapitulation der FPÖ in Sachen Pensionsreform", so Van der Bellen. Schließlich
würden künftige PensionistInnen mit unter 1.000 Euro monatlich von der Reform genauso betroffen wie alle
anderen auch. FP-Staatssekretärin Ursula Haubner hatte Anfang der Woche gefordert, Pensionseinkommen unter
1.000 Euro von den Kürzungen auszunehmen.
Sozialsprecher Karl Öllinger kritisierte die nach wie vor ausstehende Harmonisierung der Pensionssysteme.
Er glaubt nicht daran, dass sie wie angekündigt im Herbst durchgeführt wird. Schließlich habe die
ÖVP bereits bei den gemeinsamen Koalitionsverhandlungen klar gemacht, dass sie kein Interesse daran habe,
in die Pensionen "ihrer Klientel" - der Bauern, BeamtInnen und UnternehmerInnen - einzugreifen.
Kritik übte Van der Bellen auch an anderen Teilen des Budgetbegleitgesetzes: So sei immer noch keine ausreichende
Vorsorge für das Überleben der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) getroffen worden. Die Finanzierung
der Universitäten "hängt in der Luft", sogar von Zahlungsunfähigkeit sei die Rede. Und
im Gesundheits- und Steuerbereich gebe es Mehrbelastungen von insgesamt 500 Mio. Euro. Öllinger verwies darauf,
dass sich im Budgetbegleitgesetz nun ein "Propagandaparagraph" befinde, der die Sozialversicherungsanstalten
zwinge, Informationsmaterial der Regierung zu verwenden. |