Mangelnde Nachfrage und Dollarabwertung
belasten die Konjunktur
 

erstellt am
10. 06. 03

Wien (wifo) - In Österreich stagniert die Konjunktur. Für eine Belebung der Investitionstätigkeit der Unternehmen gibt es keine Hinweise, die Konsumnachfrage der privaten Haushalte dürfte nur verhalten steigen. Das Wachstum des Warenexports schwächt sich ab, weil auch bei den wichtigen Handelspartnern eine Wirtschaftsflaute vorherrscht, die durch die Dollarabwertung zusätzlich verstärkt wird. Der Preisauftrieb hat sich markant verlangsamt, die Zahl der Arbeitslosen erhöht sich weiter.

Die heimische Konjunktur leidet weiterhin unter einem Mangel an Nachfrage. Eine Erholung zeichnet sich nicht ab. Seit Jahresbeginn werden auch die Impulse von der Auslandsnachfrage schwächer, die in den letzten zwei Jahren das Wirtschaftswachstum in Österreich getragen hat. Im Jänner und Februar lag der Warenexport im Durchschnitt nominell um nur noch gut 2% über dem Niveau des Vorjahres. Die Nachfrage aus dem EU-Binnenmarkt und aus Ost-Mitteleuropa war bereits rückläufig, hingegen entwickelte sich die Ausfuhr nach Südosteuropa lebhaft. Werte für die Eingänge aus Warenzahlungen liegen bereits für Jänner bis März vor, diese waren gleich hoch wie im Vorjahr.

Das Nachlassen des Exportwachstums spiegelt die ungünstige Konjunktur bei wichtigen Handelspartnern wider. Die Wirtschaft der Eurozone stagniert, Deutschland könnte sich bereits zum zweiten Mal seit 2001 in einer Rezession befinden (I. Quartal 2003 –0,2% saisonbereinigt gegenüber dem Vorquartal). In der seit mehr als zwei Jahren anhaltenden Krise der europäischen Wirtschaft kommt insbesondere das Fehlen der Binnennachfrage zum Ausdruck. Die Investitions- und Konsumschwäche wird nun durch eine Dämpfung des Exports infolge der Abwertung des Dollars gegenüber dem Euro verstärkt. Die Wechselkursverschiebungen werden mit einer Verzögerung von zwei bis drei Quartalen in der Produktion wirksam. Im III. Quartal dürfte die Wachstumsdämpfung in der Eurozone laut Eurogrowth-Indikator bereits ½% des BIP betragen. Die österreichischen Exporteure liefern primär in die Eurozone bzw. in Länder mit stabilem Wechselkurs zum Euro. Sie sind deshalb von der Euro-Aufwertung vor allem indirekt – etwa über Zulieferbeziehungen zur deutschen Exportindustrie – betroffen.

Die effektive Aufwertung des Euro und die Beruhigung auf den Weltmärkten für Rohöl bewirken eine merkliche Verlangsamung der Inflation im Euro-Raum. Ein allgemeiner und anhaltender Rückgang der Preise auf Verbraucherebene ("Deflation") ist für die EU insgesamt derzeit wenig wahrscheinlich, für einzelne Mitgliedsländer wie Deutschland aber nicht auszuschließen. In Österreich verlangsamte sich der Preisauftrieb im April auf +1,3% gegenüber dem Vorjahr (–0,1% gegenüber dem Vormonat). Die Verringerung der Energiekosten wird sich fortsetzen.

Die Abschwächung des Wachstums der österreichischen Warenausfuhr beeinträchtigt auch Investitionstätigkeit und Produktion der Unternehmen der Sachgütererzeugung. Hinweise auf die anhaltende Investitionszurückhaltung bietet neben schwachen Befragungsergebnissen auch die Importstatistik, weil die österreichischen Ausrüstungsinvestitionen einen hohen Importgehalt aufweisen. Die Einfuhr von Maschinen und Fahrzeugen lag im Jänner und Februar nominell im Durchschnitt um 2¾% unter dem Niveau des Vorjahres. Aktuelle Produktionswerte für die Sachgütererzeugung stehen ebenso wie für den Handel und die Bauwirtschaft seit Jahresende 2002 nicht mehr zur Verfügung, da die entsprechenden Erhebungen von Statistik Austria erst mit sehr großer Verzögerung durchgeführt werden können. Dies macht die Beurteilung der Konjunkturlage besonders schwierig. Der WIFO-Konjunkturtest für die Sachgütererzeugung lässt für das I. Quartal 2003 auf eine Stagnation der Produktion gegenüber dem Vorjahr schließen – dafür spricht auch der Rückgang der Industriebeschäftigung (Jänner bis April –2¼% gegenüber dem Vorjahr).

Die Umsätze im Einzelhandel dürften laut ersten Schätzungen im I. Quartal leicht gestiegen sein, Großhandel und Kfz-Handel entwickelten sich etwas günstiger. Die Bauwirtschaft scheint den Tiefpunkt der Konjunktur überwunden zu haben. Im 2. Halbjahr 2002 begann im Tiefbau aufgrund steigender Aufträge im Infrastrukturbereich eine Erholung. Der WIFO-Konjunkturtest gibt jetzt Hinweise auf eine Belebung auch im Hochbau. Allerdings reicht dies nicht aus, um den Beschäftigungsrückgang zu beenden (Jänner bis April –1¾%).

Die Lage auf dem Arbeitsmarkt bleibt schwierig. Das Wachstum der gesamtwirtschaftlichen Produktion ist nach wie vor deutlich zu niedrig, um einen Anstieg der Vollzeitbeschäftigung zu erlauben. Einzig der Trend zur Teilzeitarbeit und eine Ausweitung von Schulungsmaßnahmen, deren Teilnehmer als beschäftigt gezählt werden, erhöht die Zahl der offiziellen Arbeitsplätze. Die steigende Zahl von Schulungsteilnehmern (Mai +9.000 gegenüber dem Vorjahr) bremst auch die Zunahme der Zahl der Arbeitslosen (+7.000).

Quelle: Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung
Autor: Mag. Dr. Markus Marterbauer
     
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