Nächste Regierungskonferenz muss Verfassungsentwurf des Konvents nachbessern
Wien (ak) - Ein grundsätzliches Überdenken der wirtschaftspolitischen Ausrichtung der EU
fordert AK-Direktor Werner Muhm anlässlich des derzeit stattfindenden Europäischen Rates in Thessaloniki.
"Obwohl die europäische Wirtschaft nun schon das dritte aufeinanderfolgende Jahr weit unter dem Lissabon-Wachstumsziel
von drei Prozent liegt und die Arbeitslosenquote wieder steigt, ist der Europäische Rat nicht bereit, die
wirtschaftspolitische Gesamtstrategie einer ernsthaften Revision zu unterziehen", kritisiert Muhm. Vollbeschäftigung
müsse als zentrale Aufgabe der europäischen Wirtschafts- Geld und Budgetpolitik gesehen werden. Der AK-Direktor
begrüßt, dass das Ziel der Vollbeschäftigung zwar in den Verfasungsentwurf des Konvents aufgenommen
wurde, kritisiert aber, dass es nicht gelungen sei, die Wirtschafts- und Währungspolitik der Union vertraglich
stärker auf dieses Ziel auszurichten. "Die kommende Regierungskonferenz im Oktober muss hier den Verfassungsentwurf
nachbessern", fordert Muhm.
Trotz Erfolglosigkeit setzt die EU weiterhin auf ein angebotsorientiertes Wirtschaftspolitikmodell, dessen Hauptzielrichtung
die Steigerung des Wirtschaftswachstums durch kostensenkende Maßnahmen und durch Flexibilisierung sei. Mit
dieser Politik könne Europa nicht auf den Pfad des Wachstums und Vollbeschäftigung zurückgebracht
werden, sagt Muhm und fordert einen Kurswechsel. Eine nachhaltige Verbesserung der Wachstums- und Beschäftigungssituation
der europäischen Wirtschaft erfordere in erster Linie makroökonomische Maßnahmen. Das Beschäftigungsniveau
werde zu einem geringen Teil auf dem Arbeitsmarkt bestimmt, sondern sei primär Ergebnis der gesamtwirtschaftlichen
Entwicklung und damit eine zentrale Aufgabe für Wirtschafts-, Geld und Budgetpolitik.
"Leider ist auch aus dem Verfassungsentwurf des Konvents keine Änderung der makroökonomischen Grundausrichtung
der Union ersichtlich, obwohl der Entwurf positive Elemente enthält", sagt Muhm. Zu begrüßen
sei vor allem die Verankerung der Grundrechtecharta im Vertrag, die Aufnahme des Ziels der Vollbeschäftigung,
die Anerkennung der Rolle der Sozialpartner und des Sozialen Dialogs und die Stärkung der Rechte des Europäischen
Parlaments. Auch fehlten klarere Regeln in bezug auf die Leistungen der Daseinsvorsorge. "Wir sehen im Verfassungentwurf
eine gute Ausgangsgrundlage für die kommende Regierungskonferenz, erwarten uns jedoch von der Konferenz sichtbarere
Fortschritte in Richtung einer Sozialunion", sagt Muhm. |