Grüne bringen Bedenken vor
Wien (pk) - Im Anschluss an die 25. Sitzung fand am Mittwoch (18. 06.)
eine weitere Sitzung des Nationalrates statt. Auf der Tagesordnung standen zwei Vier-Parteien-Anträge, die
einerseits die finanzielle und administrative Unterstützung des Österreich-Konvents und andererseits
eine Änderung des Parlamentsmitarbeitergesetzes zum Inhalt hatten.
Er sei heute ans Rednerpult getreten, weil es um eine wichtige und grundlegende Angelegenheit gehe, die von tragender
Bedeutung für das Gemeinwesen ist, erklärte Abgeordneter Dr. KHOL als erster Redner. Es liege
ein Vier-Parteien-Antrag betreffend die Einrichtung des Österreich-Konvents zu einer erneuerten Bundesverfassung
vor. Nach dem Modell des Europa-Konventes, der in diesen Tagen zu Ende geht, sollen auch in Österreich die
hunderten Verfassungsbestimmungen, die vielen Nebengesetze, der unübersichtliche Grundrechtskatalog sowie
überholtes Verfassungsrecht überarbeitet und zu einer prägnanten, vollständigen, zeitgemäßen
Verfassung zusammengeführt werden.
Die österreichische Verfassung habe sich in ihren Grundsätzen bewährt, unterstrich Khol. Sie habe
Frieden, Recht, Freiheit, sozialen Rechtsstaat, Bundesstaat und Demokratie in Österreich dauerhaft ermöglicht
und daran solle auch festgehalten werden. Der Konvent werde mit 70 Delegierten in 18 Monaten unter dem Vorsitz
von Rechnungshofpräsident Franz Fiedler eine erneuerte Verfassung erarbeiten, die die Stellung Österreichs
als EU-Mitglied berücksichtige, einen übersichtlichen Grundrechtskatalog enthalte, eine schlagkräftige
Kontrolle und einfachere Verfahren vorsehe; und dies alles in einer verständlichen Sprache. Er sei froh darüber,
dass gerade in einer Zeit, in der es sehr viele Konflikte im Hohen Haus gegeben habe, auf diese Weise ein Zeichen
eines Grundkonsenses gesetzt werde. Sodann brachte Khol noch einen V-S-F-Abänderungsantrag ein, der die Vollzugsklausel
betrifft.
Auch Abgeordneter Dr. GUSENBAUER (S) war davon überzeugt, dass sich die zentralen Elemente der Verfassung
von Kelsen bewährt haben. Trotzdem bestehe ein großer Handlungsbedarf, die Verfassung an die modernen
Herausforderungen anzupassen. Eine Diskussion über Staatsreform dürfe jedoch nicht nur aus Einsparungsvorschlägen
bestehen, meinte der SP-Chef. Wichtig seien für ihn eine "gestärkte Bürgernähe, die Garantie
des Sozialstaates, eine Verstärkung des Persönlichkeitsschutzes, eine Transparenz der Verwaltung, eine
Abschaffung des Amtsgeheimnisses und eine effiziente Kontrolle". Es sollen grundlegende Konzepte für
zentrale Bereiche des Staates vorgelegt werden.
Nach Auffassung von Gusenbauer gehe es um eine aufgabenorientierte Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen, eine
Reform der Vollziehung mit dem Anspruch einer Regionalisierung, eine Reform des Legalitätsprinzips sowie um
die Einführung eines Zwei-Ebenen-Prinzips. Die Sozialdemokraten seien der Auffassung, dass man sich nicht
mit Stückwerk zufrieden geben solle, sondern dass eine grundsätzliche, weitreichende Reform das Ziel
sei. Die neuen Ideen sollen auch mit Menschen diskutiert werden, die bisher abseits der gesetzgebenden Körperschaften
tätig waren und es solle die Möglichkeit bestehen, vorurteilsfrei an alle Vorschläge heranzugehen.
Abgeordneter SCHEIBNER (F) verlieh der Hoffnung Ausdruck, dass mit den Beratungen im Konvent eine ganz große,
vielleicht sogar epochale Neuordnung des Verfassungsgefüges gelingen kann. Dazu seien aber einige Voraussetzungen
notwendig. Vor allem sei es wichtig, dass die tages- und parteipolitischen Interessen in den Hintergrund treten
und dass versucht werde, einen Konsens zu finden. Es gelte zu überprüfen, ob die Bundesverfassung noch
immer dem entspricht, was ein moderner Staat des 21. Jahrhunderts braucht.
Man werde vor allem in eine Aufgabenkritik gehen müssen, forderte Scheibner. Weiters müsse man sich die
Frage stellen, wie es zu schaffen sei, dass die öffentliche Verwaltung zum Dienstleister am Bürger wird.
Weitere Themenbereiche betreffen die Verbesserung der Instrumente der Demokratie, das Wahlrecht, die Kontrolle,
die Höchstgerichte etc. Wenn alle Beteiligten konstruktiv zusammenarbeiten, dann könne es gelingen, ein
neues und zukunftsweisendes Verfassungswerk zu schaffen, war Scheibner überzeugt.
Die Grünen begrüßen grundsätzlich das Vorhaben, eine große Verfassungsreform durchzuführen,
erklärte Abgeordnete GLAWISCHNIG (G). Gleichzeitig möchte sie aber auch einige Warnungen aussprechen,
die letztendlich dazu geführt hätten, dass ihre Fraktion dem Gesetz nicht zustimmen könne. Sie glaube,
dass ein Unterschied zwischen einer EU-Verfassung und einem EU-Konvent und einer österreichischen Verfassungsreform
existiert. In Österreich gebe es einen Verfassungsgesetzgeber, und ihre Partei hätte es daher begrüßt,
wenn der Nationalrat im Rahmen einer Enquete-Kommission, also auf einer ganz klaren parlamentarischen Basis, "diese
Verfassungsreform auf die Reise schickt".
Was die Aufgaben einer solchen Reform betrifft, so müsse es Überlegungen geben hinsichtlich der Neuordnung
der Kompetenzen, der Überprüfung der Struktur des staatlichen Handelns sowie der Gründzüge
der Finanzverfassung. Notwendig sei auch die Erarbeitung eines neuen Verfassungstextes, die Aktualisierung des
Grundrechtskatalogs sowie eine Weiterentwicklung der direkt-demokratischen Mitsprachemöglichkeiten. Auch über
eine Modernisierung des Wahlrechtes im Hinblick auf eine erweiterte Partizipationsmöglichkeit sowie über
eine Stärkung der parlamentarischen Kontrollrechte müsse ausführlich diskutiert werden. Glawischnig
warnte davor, dass es beim Konvent ausschließlich um Themen wie Straffung, Effizienz und Einsparungen geht.
Sie bemängelte darüber hinaus, dass die Mitarbeiter des Konvents ausschließlich aus den Ministerien
entsandt werden sollen.
Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf in der Fassung des Abänderungsantrages mehrheitlich angenommen.
Zum zweiten Tagesordnungspunkt - Novellierung des Parlamentsmitarbeitergesetzes - lagen keine Wortmeldungen vor.
Bei der Abstimmung wurde der Gesetzesentwurf einstimmig angenommen. |