Wien (oenb) - Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) erwartet in der vorliegenden Frühjahrsprognose
2003, dass sich die nun bereits zwei Jahre andauernde Wachstumsschwäche der österreichischen Wirtschaft
in diesem Jahr fortsetzen wird. Wie Gouverneur Dr. Liebscher am Dienstag (17. 06.) im
Rahmen einer Pressekonferenz mitteilte, rechnet die OeNB - nach einem Wachstum des realen Bruttoinlandsprodukts
(BIP) in den Jahren 2001 und 2002 von 0,7% bzw. 1,0% - auch für das Jahr 2003 nur mit einem moderaten Wirtschaftswachstum
von 0,7%. Dies ist insbesondere auf das schwache Wachstum der letzten beiden Quartale und des damit verbundenen
negativen statistischen Überhanges zurückzuführen. Erst für die Jahre 2004 und 2005 erwartet
die OeNB eine Beschleunigung der wirtschaftlichen Aktivität auf 1,6% bzw. 2,5%. Gegenüber der Herbstprognose
2002 mussten die Wachstumsaussichten für 2003 und 2004 damit um 0,8 bzw. 0,6 Prozentpunkte zurück genommen
werden. (Allerdings konnte die vorliegende Prognose die jüngst erfolgte Zinssenkung der EZB nicht mehr
berücksichtigen, die sich grundsätzlich positiv auf das Wachstum auswirken sollte.)
Weiterhin günstig entwickelt sich die Inflationsrate. Der Anstieg des Harmonisierten Verbraucherpreisindex
(HVPI) betrug 2002 nur mehr 1,7% nach 2,3% im Jahr 2001. Für den Prognosezeitraum führen die gedämpfte
Entwicklung der Importpreise auf Grund der Euroaufwertung und - aus derzeitiger Sicht - fehlender Preisdruck zu
einer weiter sinkenden Teuerungsrate (2003: 1,3%, 2004: 1,3%, 2005: 1,1%). Damit zählt Österreich zu
den Ländern mit den günstigsten Inflationsaussichten im Euroraum.
Derzeit deuten die Wirtschaftsindikatoren noch nicht auf eine unmittelbar bevorstehende Erholung der Wirtschaft
hin. Gegen Ende 2003 wird zwar in Übereinstimmung mit der erwarteten Erholung der internationalen Konjunktur
von einem Aufschwung in Österreich ausgegangen, allerdings wird sich das Wachstum nur moderat beschleunigen.
In diesem Zusammenhang betonte Gouverneur Liebscher, dass die preisstabilitätsorientierte Geldpolitik des
EZB-Rats zu den derzeit günstigen Finanzierungsbedingungen entscheidend beigetragen und die geldpolitisch
bestimmten Zinssätze auf das niedrigste Niveau der letzten Jahrzehnte gesenkt hat. "Das sollte die Rahmenbedingungen
für den Aufschwung weiter verbessern."
Trotz einer Verschlechterung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit als Folge der Euroaufwertung kommt den Exporten
eine wichtige Rolle in der erwarteten konjunkturellen Erholungsphase zu. Für das Jahr 2003 wird zwar nur ein
Exportwachstum von 1,0% erwartet, die unterjährige Dynamik zeigt jedoch eine Beschleunigung im Jahresverlauf.
Anders als in den beiden vergangenen Jahren wird das Wirtschaftswachstum 2003 nicht allein von den Nettoexporten
sondern auch von der inländischen Nachfrage getragen werden.
Moderate Lohnerhöhungen, eine stagnierende Beschäftigung und erhöhtes Vorsichtssparen dämpfen
die Kauflust der privaten Haushalte. Dank stark rückläufiger Inflationsraten - nicht zuletzt eine Folge
der Euroaufwertung - verbessert sich jedoch die reale Kaufkraft der privaten Haushalte und die Konsumsausgaben
werden 2003 um real 1,1% ausgedehnt werden. Im Zuge des prognostizierten Aufschwungs wird auch der private Konsum
weiter an Schwung gewinnen und 2004 und 2005 um 1,7% bzw. 2,4% wachsen.
Grafik: Wachstumsbeiträge zum Realen BIP in Österreich
In den Jahren 2001 und 2002 war ein ausgeprägter Rückgang der Bruttoanlageinvestitionen zu beobachten.
Die im historischen Vergleich ungewöhnlich lange Dauer dieser Schwächephase bringt einen hohen Bedarf
an Ersatzinvestitionen mit sich. Aus diesem Grund wird mit einem Anspringen der Investitionskonjunktur bereits
in einer frühen Phase der Erholung gerechnet. Ab Mitte 2003 wird die erwartete Verbesserung der Exporte die
Investitionstätigkeit weiter stimulieren. Mit zusätzlichen Impulsen kann durch die Investitionszuwachsprämie
und durch öffentliche Infrastrukturmaßnahmen gerechnet werden.
Die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt war im Jahr 2002 durch rückläufige Beschäftigtenzahlen
(-0,3%) und durch eine steigende Arbeitslosenquote (4,3% nach 3,6% im Jahr 2001) gekennzeichnet. Der Großteil
der Anpassungen auf dem Arbeitsmarkt dürfte damit bereits im Vorjahr erfolgt sein. Für heuer wird daher
trotz der anhaltenden konjunkturellen Schwäche von einer Stagnation der Beschäftigung ausgegangen. Die
üblicherweise verzögerte Reaktion auf dem Arbeitsmarkt führt erst im Jahr 2004 wieder zu einer Zunahme
der Beschäftigung (+0,3%). Die Arbeitslosenquote wird im Jahr 2004 auf den Niveau von 2003 bleiben (4,4%),
erst für 2005 wird ein Rückgang auf 4,2% erwartet.
Im Vorjahr wurde zum ersten Mal seit 1990 wieder ein Leistungsbilanz-überschuss (+0,7% des nominellen BIP)
erzielt. Dazu trug vor allem die Stagnation der Importe bei. Für 2003 erwartet die OeNB eine etwa ausgeglichene
Leistungsbilanz (+0,1% des BIP). Da im Zuge des Aufschwungs auch die Importe wieder kräftiger wachsen werden,
wird sich die Leistungsbilanz in Folge wieder passivieren und bis 2005 -0,6% des BIP erreichen.
Der Gesamtstaat konnte 2001 einen Budgetüberschuss in der Höhe von 0,3% (nach Maastricht-Definition)
des nominellen BIP erreichen. Im Jahr 2002 führte die verschlechterte Konjunkturlage zu einem Defizit in der
Höhe von 0,5%. Die vorliegende Prognose nimmt für 2003 bis 2005 Defizite in Höhe von 1,2%, 0,9%
und 0,6% des BIP an. |