8. Europapolitisches Nachbartreffen in Mattsee:  

erstellt am
27. 06. 03

Bayern, Oberösterreich, Salzburg, Tirol und Vorarlberg formulieren Position zum Entwurf der EU-Verfassung und zu flankierenden Maßnahmen der EU-Erweiterung
Linz (lk) - Die Landeshauptleute Dr. Josef Pühringer, Dr. Franz Schausberger, DDr.Herwig van Staa und Dr. Herwig Sausgruber sowie der bayerische Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten Reinhold Bocklet legten am Mittwoch (25. 06.) auf Schloss Mattsee beim 8. Europapolitischen Nachbartreffen ihre Position zum Entwurf der EU-Verfassung sowie zu flankierenden Maßnahmen zur EU-Erweiterung fest.

Die Spitzenvertreter der fünf Bundesländer nahmen dabei Stellung zum Verfassungsentwurf des Europäischen Konvents, der für sie einen "Fortschritt und Rückschritt zugleich" darstellt. Begrüßt wurde von den Ländern, dass einige der von ihnen unter anderem im Ausschuss der Regionen (AdR) vertretenen Forderungen im Verfassungsentwurf Eingang gefunden haben:

Die Union achtet die nationale Identität der Mitgliedsstaaten und damit die regionale und kommunale Selbstverwaltung

Es wird klar gestellt, dass alle nicht der EU zugewiesenen Zuständigkeiten bei den Mitgliedsstaaten (bzw. je nach innerstaatlicher Kompetenzverteilung bei den Regionen) verbleiben

Die Regionen und Kommunen werden im Subsidiaritätsprinzip ausdrücklich berücksichtigt

Die Einbeziehung der nationalen Parlamente (Nationalrat/Bundestag und Bundesrat) und der Landtage sowie des Ausschusses der Regionen in die Überprüfung der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips

Umfassende Konsultationen vor Erlassen von Rechtsakten und Darstellung der finanziellen und administrativen Auswirkungen auf Mitgliedsstaaten und regionale Behörden

Die Vertreter der fünf Bundesländer betonten aber gleichzeitig, dass zahlreiche, ebenfalls grundlegende Forderungen unberücksichtigt blieben:

Ablehnung der generellen EU-Kompetenz, die Politiken der Mitgliedsstaaten zu koordinieren, die der Verwirklichung der Ziele der EU-Verfassung dienen. Da die Ziele der EU sehr umfassend formuliert und weit gefasst sind, könnte die Union indirekt aber wirkungsvoll die Politikgestaltung der Mitgliedsstaaten und der Bundesländer beeinflussen und präjudizieren. Dadurch kann auch die angestrebte klare Kompetenzabgrenzung und Zuordnung von politischer Verantwortung unterlaufen werden.

Ablehnung der geplanten Ausdehnung der Abstimmung mit qualifizierter Mitarbeit in Finanzfragen. Durch Mehrheitsabstimmungen könnten gegen die Interessen der in der Minderzahl befindlichen Nettozahler Budgeterhöhungen vorgesehen werden, die zu höheren Beitragszahlungen aller Mitgliedsstaaten führen würden. Wegen geringer Rückflüsse würde dies die Differenz zwischen Beiträgen und Rückflüssen (= "Nettobeitrag") noch weiter zu Lasten der Nettozahler vergrößern. Die österreichischen Länder zahlen immerhin rund 20% des österreichischen EU-Beitrages.

Ein Klagerecht ist nur für Verletzungen des Subsidiaritätsprinzips vorgesehen. Die Länder verlangen dies auch für Kompetenzverletzungen durch die EU. Zwar sei, wie der Landeshauptmann betonte, das Klagerecht für den AdR ein erster wichtiger Schritt, denn in der EU hat nur Stellenwert, wer auch ein Klagerecht besitzt. Die Ausweitung dieses Rechts auf Kompetenzverletzungen durch die EU sei daher nur eine logische Weiterentwicklung.

Weiters fordern die Länder:
Wettbewerbsrechtliche Freiräume für die Strukturpolitik der Mitgliedsstaaten zu schaffen. So soll das Wettbewerbsrecht dahin gehend geändert werden, dass Beihilfen generell mit dem Binnenmarkt vereinbar sind, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in der Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse "spürbar" zuwider läuft.

Den Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen ist ein eigenständiges Klagerecht beim Europäischen Gerichtshof in Subsidiaritäts- und Kompetenzfragen einzuräumen.

Eine allfällige Änderung der Zusammensetzung des AdR ist nicht von der Kommission vorzuschlagen, sondern analog zur Regelung für das Europäische Parlament vom Ausschuss selber.

LH Pühringer: Spürbare Förderung für Grenzregionen auch über 2006 hinaus
Im Zusammenhang mit der EU-Erweiterung stellte LH Pühringer im Rahmen der Konferenz klar, dass auch über das Jahr 2006 hinaus gerade für die bayerischen und oberösterreichischen Grenzregionen es weiterhin entsprechende Förderprogramme geben müsse.

"Es ist undenkbar, dass nach 2006 Regionen wegen ihrer guten wirtschaftlichen Entwicklung jede Förderung verlieren. Denn immerhin drohe mit dem Beitritt Tschechiens ein deutliches Fördergefälle zwischen den tschechischen Grenzregionen und den Grenzregionen in Bayern und Oberösterreich. Es muss daher weitere spürbare Fördermaßnahmen, wie Ziel 2 geben, darüber hinaus muss es mehr Förderspielraum für die betreffenden Regionen selbst geben", so Pühringer.
     
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