Bundeskanzler Schüssel referiert vor dem Wirtschaftsparlament der
WK Österreich
Wien (bpd) - "Rechtzeitig die strategisch richtigen Akzente zu setzen, um beim Aufschwung mit
dabei zu sein" bezeichnete Bundeskanzler Schüssel am Donnerstag (26. 06.)
als die vorrangigste Aufgabe von Politik und Wirtschaft in seinem Referat vor dem Wirtschaftsparlament der Wirtschaftskammer
Österreich. In diesem Zusammenhang erinnerte der Bundeskanzler an die positiven Effekte der beiden von der
Bundesregierung beschlossenen Konjunkturpakete, die Reduktion der Lohnnebenkosten für junge und ältere
Arbeitnehmer, die Erhöhung der Forschungsquote in Österreich von 1,8 auf 2% innerhalb kurzer Zeit und
die verstärkte Investitionen in den Bereich Infrastruktur. Der Bundeskanzler forderte aber vor allem auch
auf, die "Chancen Europas" verstärkt zu nutzen. Als ein wichtiges Beispiel für diese Neuorientierung
der europäischen Konjunkturpolitik nannte der Bundeskanzler die Erhöhung der Forschungsausgaben durch
die Union. Wichtig für die Wirtschaftsentwicklung wäre auch eine "mutige Zinspolitik" durch
die Europäische Zentralbank so der Bundeskanzler. Der Bundeskanzler forderte von allen Mitgliedsländern
die Umsetzung der Lissabonner Strategien ein, um Europa tatsächlich zu einem der dynamischsten Wirtschaftsregionen
werden zu lassen. Er warnte davor, dass bei mangelnder Umsetzung dieser Ziele in Richtung Flexibilisierung und
Liberalisierung andere Regionen eine wirtschaftliche Leitfunktion zum Nachteil Europas übernehmen könnten.
Schüssel: "Der europäische Binnenmarkt ist noch längst nicht vollendet. Wir müssen ihn
nicht nur durchdenken, sondern auch radikal zum Vorteil der Konsumenten und Produzenten verwirklichen."
Gleichzeitig forderte der Bundeskanzler aber auch Reformen in Österreich ein. Insbesondere rief er zu einer
Effizienzsteigerung in den Bildungs- und Forschungseinrichtungen auf. Schüssel: "Wir müssen alle
Forschungseinrichtungen und ihre Organisationen auf den Prüfstand stellen. Nur so können wir den Einsatz
der Mittel auch zielgerecht sicherstellen. Wir können uns teure Doppel- und Mehrgleisigkeiten nicht leisten".
Effizienzüberprüfungen und ein Überdenken der Strukturen forderte der Bundeskanzler auch im Bereich
der Infrastrukturpolitik ein. Scharf kritisierte er die mangelnde Qualitätssteigerung für die Kunden
im Bahnbereich trotz Milliardeninvestitionen und die "Blockadementalität" beim Ausbau der wichtigen
Straßenverbindungen in die ostmitteleuropäischen Nachbarländer.
In seinem Referat ging der Bundeskanzler ferner auf die Diskussion um die Privatisierung der VOEST ein. Der Bundeskanzler
bezeichnete sich selbst als "glühenden Vertreter davon, dass der Staat als Unternehmer ausgedient hat".
Er warnte vor einer Ideologie der Reverstaatlichung oder Reverländerung und erinnerte an die ökonomischen
Erfolge der entstaatlichten Unternehmen im Gegensatz zu deren Verlusten als verstaatliche Betriebe. Der Bundeskanzler
sprach sich daher für eine "professionelle" Privatisierung über die Börse oder Finanzinvestoren
aus. In jedem Falle wären aber gewisse Vorgaben zu erfüllen. Darunter nannte Schüssel die Sicherung
der Produktion, den Erhalt der Forschungsstätten und Konzernzentrale in Österreich. |