Erstes europäisches Symposium zum Thema Kinder und neue Technologien in Wien
Wien (pts) - 250 Gäste aus Wissenschaft, Politik und Pädagogik beim ersten europäischen
Symposium zum Thema Kinder und neue Technologien in Wien - Nöstlinger: Erwachsene müssen sich selbst
beim Umgang mit neuen Medien helfen - Patrick Dixon, britischer Futurologe: Die Emotion in der Kommunikation wird
zunehmen
Die erste europäische Konferenz zum Thema Technologie und Kinder beschäftigte sich mit den "Netzwerkkindern",
jenen 6 bis 14-Jährigen, die zwischen Handy, Internet und Fernsehen aufwachsen. Die Veranstalter - mobilkom
austria und ZOOM Kindermuseum - wagten mit Wissenschaftern aus den Bereichen Kommunikationswissenschaft, Soziologie
und Psychologie, mit Jugendpolitikern, Pädagogen, Eltern und Vertretern der Kreativwirtschaft einen Blick
in die Gesellschaft von morgen: Wie kreativ, beziehungsfähig, neugierig und lernfähig sind Kinder und
Jugendliche und wie werden sie in zehn, zwanzig, dreißig Jahren sein?
"Auf alle Fälle wird die kommende Generation kommunikativer und emotionaler sein", meinte Dr. Patrick
Dixon, der britische Futurologe, der auf Einladung von mobilkom austria in Wien zu Gast war. Mit Hilfe von neuen
Mobilfunktechnologien werden sich Jugendliche gegenseitig Bilder und Videos ihres jeweiligen Aufenthaltsortes schicken,
um andere mitleben zu lassen. Während Bilder aber vergängliche Spontaneindrücke zur Beziehungspflege
seien, wird das geschriebene Wort an Bedeutung gewinnen. "Das Wort ist emotionaler als ein Anruf. Neue Möglichkeiten
der Kommunikation wie SMS oder Internet-Chats, die auf die schriftliche Kommunikation setzen, helfen Jugendlichen,
sich direkter zu äußern und sich zu öffnen."
Zukunft der Beziehungen: Technologien für die getrennte Zweisamkeit
Eine Zunahme an Fernbeziehungen sieht Andreas Steinle, geschäftsführender Gesellschafter des
Trendbüro Deutschland: "Je mehr wir uns vernetzen, desto mehr wird die Fernanwesenheit zum Lifestyle
der Zukunft. Und je weiter die technologische Entwicklung geht, desto höher wird die Qualität der Fernanwesenheit."
Auslandssemester für Studenten gehören in Zukunft zum Alltag, Beziehungen über tausende Kilometer
hinweg werden üblich. Technologien werden für die Nähe der Menschen zueinander, wenngleich nur eine
virtuelle Nähe, sorgen und die Grundlage für eine neue Form des Zusammenlebens bieten - Netzwerkkinder
sind mit diesem Leben in virtuellen Gemeinschaften schon heute vertraut.
11-Jährige, die neuen Medienexperten - Eltern im Techno-Out?
Das technologische Grundvertrauen für eine neue Form der Gesellschaft, das bei Netzwerkkindern gegeben
ist, war vielen Besuchern des Symposiums fremd. Andrea Schüller von der Beratergruppe Neuwaldegg sieht deshalb
Erwachsene noch mehr gefordert, ihre Rolle im Umgang mit neuen Technologien zu definieren. Denn wie die mobilkom
austria Netzwerkkinderstudie von Juni 2003 zeigt, drehen neue Medien die Autoritäten innerhalb der Familie
um: Waren früher Eltern Antwortgeber, ist es heute das Internet. Kinder wissen, dass sie mit Handy, Computer
& Co besser umgehen können als die Eltern, sie genießen diese Rolle auch. Als Techno-Experten werden
Erwachsene von Netzwerkkindern nur mehr bis zu einem Alter von 10 Jahren akzeptiert. Ab dem 11. Lebensjahr schätzen
sich Kinder als geschickter und talentierter ein, was die Anwendung von neuen Technologien betrifft.
Christine Nöstlinger: Eltern finden sich selbst in der Netzwerkwelt zurecht
Die Kinderbuchautorin Christine Nöstlinger bestätigte, dass in ihren Werken Medien wie das Fernsehen
immer schon eine Rolle für die Darsteller gespielt hätten. Allerdings sieht sie die Autoritätsumkehr
nicht so dramatisch: "Erwachsene können sich durchaus selber helfen, mit Computer & Co umzugehen
und brauchen Kinder nicht als Nachhilfelehrer." Sie wies vor allem auf den "digital Gap" hin: Netzwerkkinder
seien verglichen mit anderen Weltkindern nur eine Minderheit, und diesen fehle nicht nur der Zugang zu Informationstechnologien
sondern auch Nahrung und Sicherheit.
Leben 2010: Verstärkung der emotionalen Kommunikation
Mit Christine Nöstlinger, Patrick Dixon und Grete Laska, Vizebürgermeisterin und Jugendstadträtin,
diskutieren während des eintägigen Symposiums im Wiener Museumsquartier das zwölfjährige Netzwerkkind
Igor Mitschka, Univ. Prof. Brigitte Rollett - die von einem aktiven Leben der heutigen Generation auch außerhalb
des Netzwerkes ausgeht - und Boris Nemsic, Generaldirektor mobilkom austria. Übereinstimmung herrschte, als
die direkten sozialen Kontakte der Netzwerkkinder diskutiert wurden. Dixon berichtete von britischen Erfahrungen,
die sich auf ganz Europa ausdehnen lassen: "Kinder kommunizieren mehr als bisher, ihre sozialen Erfahrungen
werden nicht weniger." Daher glaubt er, dass Eltern zukünftig Kinder im Umgang mit neuen Medien ebenso
trainieren werden, wie sie heute darauf achten, ihr musikalisches Talent zu fördern.
Das Ziel - Kreativität fördern, Technologien miteinbeziehen - versucht auch die Politik durch eine neue
Form der Partizipation zu ermöglichen. Für Grete Laska sind Netzwerkkinder keinesfalls politikverdrossen.
Es gelte nun, die neuen Kommunikationsmöglichkeiten zu integrieren, um so aktive Mitgestaltung zu ermöglichen.
Weitere Diskussion zur Netzwerkgeneration im September
mobilkom austria befasst sich seit März 2003 in einer eigenen Veranstaltungsserie, ROUNDABOUT KIDS,
mit dem Thema Kinder und neue Technologien. Das Unternehmen fördert den Gedankenaustausch zwischen Lehrern,
Eltern und der Industrie zu Fragen, die im Zusammenhang mit neuen Technologien und deren Einfluss auf die Entwicklung
von Kindern immer wieder gestellt werden. Der nächste ROUNDABOUT KIDS findet im Herbst 2003 statt. |