Rothensteiner und Felderer präsentieren IHS-Studie - Bei dt. Zinsniveau
wäre Österreichs BIP (1999-2002) um 1,2 % weniger gewachsen
Wien (pwk) - Unternehmen wird in Österreich im europäischen Vergleich ein attraktives Kreditzinsniveau
geboten. Dies hat auch beachtliche volkswirtschaftliche Auswirkungen zum Nutzen für das gesamte Land, stellt
eine Studie des Instituts für Höhere Studien (IHS) fest. "Hätte das österreichische Zinsniveau
bei Unternehmenskrediten im Zeitraum von 1999 bis 2002 auf dem höheren deutschen Niveau gelegen, wäre
Österreichs Bruttoinlandsprodukt um 1,2 % geringer ausgefallen. Dies entspräche einem Einkommensverlust
von 2,94 Mrd Euro oder gut 1.000 Euro für jeden unselbständig Beschäftigten in Österreich",
präsentiert der Obmann der Bundessparte Bank & Versicherung in der Wirtschaftskammer Österreich,
Walter Rothensteiner, am Dienstag (24. 06.) die Hauptergebnisse der IHS-Studie.
In den weiteren Jahren wären - trotz Fortschreibung des faktisch niedrigeren österreichischen Zinsniveaus
ab 2004 - zusätzliche Einkommensverluste von durchschnittlich 300 Millionen Euro pro Jahr zu erwarten. "In
Summe im Zehn-Jahres-Zeitraum von 1999 bis 2008 würden sich die Einkommensverluste somit auf nicht weniger
als 5,33 Mrd Euro oder 2,2 % des BIP belaufen", rechnet Rothensteiner vor und argumentiert im Hinblick auf
die geplante Steuerreform: "Damit zeigt sich, wo die Schrauben am Konjunkturmotor wirklich effektiv bewegt
werden können."
Diese Einkommensverluste seien die Folge von Minderinvestitionen auf Unternehmerseite als Reaktion auf ein höheres
Zinsniveau, erklärt der Leiter des IHS, Bernhard Felderer. "Allein im heurigen Jahr würden die Investitionen
etwa um 777 Mio Euro geringer ausfallen." Dementsprechend hätte auch der österreichische Arbeitsmarkt
unter höheren Zinsen für Unternehmenskredite gelitten.
Den im Zuge der Europäischen Währungsunion sich annähernden Nominal- und Realzinssätzen zum
Trotz, bestehen im europäischen Vergleich weiterhin beträchtliche Unterschiede in den durch die jeweiligen
Bankensysteme vermittelten Zinskonditionen fort. "Eine unvollkommene Zinskonvergenz bedeutet, dass es für
europäische Unternehmungen bei der Minimierung ihrer Kapitalkosten durchaus eine Rolle spielt, in welchem
Land die erforderlichen Fremdmittel aufgenommen werden", erklärt Rothensteiner.
Dass Österreich im Vergleich zu Deutschland besser abschneidet, ist umso bemerkenswerter, als kleine und mittelgroße
Unternehmen typischerweise ungünstigere Kreditkonditionen vorfinden als große. Die österreichische
Wirtschaftsstruktur hätte somit ein eher höheres Zinsniveau für Unternehmenskredite erwarten lassen.
Felderer erklärt dies damit, dass die Konkurrenzintensität im Unternehmenskreditbereich höhere Zinssätze
offensichtlich nicht zulässt.
Ergänzende Analysen zu den nominellen sowie den realen österreichischen Bankenzinssätzen in der
Kategorie Hypothekarkredite und in der Kategorie Zinsspread (Soll- und Habenzinssätze im Privatkundengeschäft)
im Vergleich zu einer Reihe von Mitgliedsländern der Eurozone, die nach den Kriterien Grad der Handelsverflechtung
(Deutschland, Italien) und Ähnlichkeit der Wirtschaftsstruktur (Belgien und die Niederlande als ebenfalls
kleine offene Volkswirtschaften) ausgewählt worden sind, zeigen das folgende Bild: Während sich Österreich
bei diesem Vergleich im Zeitraum von 1995 bis 2002 im Mittelfeld bewegt, haben sich die Zinskonditionen gegen Ende
des Untersuchungszeitraumes in Österreich relativ zu den anderen Ländern aus der Sicht der Kreditnachfrager
verbessert. Nur in den Niederlanden lagen aufgrund der dortigen nach wie vor hohen Inflationsraten die realen Sollzinssätze
generell unter dem Niveau aller Vergleichsländer. |