Paris (esa) - Noch diese Woche ist damit zu rechnen, daß in der Übertragung der wissenschaftlichen
Daten des Sonnen- und Heliosphärenobservatoriums SOHO eine Unterbrechung eintritt, die schätzungsweise
zweieinhalb bis drei Wochen dauern dürfte.
Die Projektingenieure wurden zu dieser Prognose veranlaßt, nachdem sie eine Fehlfunktion im Ausrichtmechanismus
der SOHO-Hochgewinnantenne feststellten, die die Flut wissenschaftlicher Beobachtungsdaten des Sonnenobservatoriums
zur Erde überträgt.
Das aufgetretene Problem gefährdet nicht die Betriebssicherheit von SOHO. Seine Rundstrahl-Niedriggewinnantenne,
die nicht in eine bestimmte Richtung ausgerichtet zu werden braucht, wird zur Steuerung von SOHO und zur Überwachung
von Betriebszustand und -sicherheit der Bordinstrumente und des Gesamtsystems eingesetzt.
Die Anomalie in der Ausrichtung der Hochgewinnantenne wurde vor kurzem entdeckt, als die Ingenieure eine Diskrepanz
zwischen der per Steuerbefehl eingegebenen und der gemessenen Antennenposition feststellten. Normalerweise muß
sich die Antenne entlang zweier Achsen – senkrecht und waagrecht – bewegen können. Die waagrechte Bewegung
fand aber nicht mehr ordnungsgemäß statt. Das Problem ist wahrscheinlich auf eine Fehlfunktion im Stellmotor
bzw. –getriebe der Antenne zurückzuführen.
SOHO kreist in 1,5 Millionen km Entfernung von der Erde langsam um den ersten Lagrange-Punkt, wo die kombinierte
Anziehungskraft der Erde und der Sonne SOHO auf einer an die Verbindungslinie zwischen Erde und Sonne gebundene
Umlaufbahn hält. Um die wissenschaftlichen Daten von SOHO zur Erde übertragen zu können, muß
seine Hochgewinnantenne so gedreht werden, daß die Erde beim Umlauf um die Sonne stets in ihrem Blickfeld
bleibt.
Falls das festgestellte Problem nicht gelöst werden kann, wird die Erde in regelmäßigen Abständen
aus der Strahlungskeule der Hochgewinnantenne austreten, so daß alle drei Monate mit ähnlichen Unterbrechungen
in der Datenübertragung zu rechnen wäre.
Die Ingenieure der ESA und der NASA untersuchen gegenwärtig mehrere Möglichkeiten, um die Störung
zu beheben oder aber den Verlust an wissenschaftlichen Daten auf ein Mindestmaß zu beschränken.
SOHO ist ein internationales Gemeinschaftsvorhaben der ESA und der NASA, das auf die Erforschung der Sonne – von
ihrem Kern bis zur äußeren Korona – und des Sonnenwinds gerichtet ist. Das Observatorium wurde im Dezember
1995 mit einer amerikanischen Rakete des Typs Atlas IIAS/Centaur gestartet.
SOHO bewegt sich um die Sonne im gleichen Rhythmus wie die Erde; dabei kreist es langsam um den ersten Lagrange-Punkt
(L1), wo die kombinierte Anziehungskraft der Erde und der Sonne SOHO auf einer Bahn hält, deren Mittelpunkt
auf der Verbindungslinie Erde-Sonne liegt.
L1 befindet sich etwa 1,5 Millionen km von der Erde entfernt (rund viermal mehr als der Mond) in Richtung zur Sonne.
Von dort aus hat SOHO einen ungehinderten Blick auf unser Tagesgestirn.
Neben seiner Aufgabe als Sonnenobservatorium ist SOHO zum erfolgreichsten Kometenjäger in der Geschichte der
Astronomie geworden: Bis Mai dieses Jahres hat es bereits über 620 Schweifsterne aufgespürt, die nun
seinen Namen tragen. Die leicht zugänglichen aufsehenerregenden Daten von SOHO und die Ergebnisse seiner Grundlagenforschung
begeistern die Fachwissenschaft und sind auch in der breiten Öffentlichkeit auf starkes Interesse gestoßen.
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