Schwarzer: Anpassungsinvestitionen von bis zu 200 Milliarden Euro erwartet
– Enorme Marktchancen für heimische Umwelttechik-Unternehmen
Wien (pwk) - "Die EU hat für neue Mitglieder die Latte hoch gelegt. Dies löst in den
nächsten Jahren im Umweltbereich einen gigantischen Investitionsbedarf aus. Für die zehn Beitrittsländer
plus Rumänien und Bulgarien hat die EU-Kommission die Anpassungkosten laut Acquis auf rund 100 Milliarden
Euro geschätzt. Rechnet man die seit 2000 hinzugekommenen Umweltrichtlinien dazu, dürften die Gesamtinvestitionen
auf bis zu 200 Milliarden Euro klettern", erklärte der Leiter der Abteilung für Energie-, Infrastruktur-
und Umweltpolitik in der Wirtschaftskammer Österreich, Doz. Stephan Schwarzer, am Montag in einem gemeinsam
mit der ÖGUT (Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik) und der Kommunalkredit Austria
abgehaltenen Pressegespräch.
Eine von der ÖGUT im Auftrag der WKÖ und der Kommunalkredit durchgeführte Studie (pps.-File) zeigt
demnach ein großes Marktpotenzial für österreichische Unternehmen im Umweltbereich. Allein Rumänien
und Bulgarien - Länder der "zweiten Beitrittswelle", deren Beitritt ab 2007 geplant ist - werden
laut EU-Berechnungen rund 35 Milliarden Euro in die Verbesserung ihrer Umweltstandards investieren. Während
die Länder der "ersten Welle" (Beitritt 2004) in der Energieintensität (Energieaufwand, um
ein bestimmtes Wohlstandsniveau zu erreichen) stark aufholen, steht Bulgarien erst am Beginn dieses Prozesses,
was naturgemäß enorme Chancen mit sich bringt. Schwarzer: "Innerhalb von zehn Jahren will Bulgarien
durch Modernisierung von Kraftwerken, die Sanierung von Fernwärmenetzen sowie durch den Ausbau der Kleinwasserkraft
die Energieintensität um 40 Prozent senken".
Die Tatsache, dass die Kommunalkredit Austria als Partnerin für die Studie gewonnen werden konnte, zeige deutlich,
dass diese Entwicklungen nicht nur Theorie, sondern ein praktisches Geschäft sind, führte Schwarzer weiter
aus. Auch Klein- und Mittelbetriebe können davon direkt profitieren. Ihnen bietet die Wirtschaftskammer eine
Reihe bewährter Instrumente, wie z.B. Wirtschaftsmissionen in diese Länder, zur Unterstützung an.
Im "Windschatten" von Rumänien und Bulgarien soll Kroatien ab 2009 beitrittsreif sein. Der wirtschaftlich
dynamische Staat plant, so Studienautor Gerhard Bayer von der ÖGUT, bis zum Jahr 2012 rund 8 Milliarden Euro
für Umweltmaßnahmen aufzuwenden, was 4 bis 5 Prozent des Bruttonationalprodukts des Landes entspricht.
Im neuen Staatenbund Serbien und Montenegro - ebenfalls Gegenstand der vorliegenden Untersuchung - liege der Schwerpunkt
in jenen Bereichen, die raschen und unmittelbaren Erfolg für die Bevölkerung versprechen, wie etwa die
Versorgung mit Trinkwasser oder die Entsorgung von Industrieabfällen.
Ein riesiges Potenzial liegt in all diesen Staaten Mittel- und Südosteuropas vor allem in der thermischen
Sanierung von Gebäuden. Derzeit wohnt knapp die Hälfte der Bevölkerung in wenig energieeffizienten
Plattenbauten. "Allein durch den Einbau von Thermostaten und Einzelwohnungszählern konnte beispielsweise
in einem Projekt in Sofia der Energieverbrauch um 30 Prozent gesenkt werden", berichtete Bayer.
In Kroatien erfasst die Abwasserentsorgung erst 24 Prozent der Haushalte, während es in Österreich 98
Prozent sind. Mit rund fünf Milliarden Euro bis 2012 soll nun die Abwassersituation in den boomenden Tourismusregionen
sowie in Zagreb entscheidend verbessert werden. "Allein die Sanierung der Wasserleitungen in der kroatischen
Hauptstadt wird 70 Millionen Euro kosten", führte Schwarzer weiter aus. "Auch Müllverbrennungsanlagen
sowie Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur sind geplant, wie unsere Außenhandelsstelle in Zagreb berichtet".
Der Staatenbund Serbien und Montenegro wird in den kommenden Jahren u.a. die geregelte Abfallsammlung ausbauen.
Diese erfasst heute erst 60 Prozent der Haushalte.
All diese Projekte haben, wie Schwarzer zusammenfasste, für Österreich einen Dreifachnutzen:
Verbesserung der Umweltsituation in Europa tolle Chancen für Österreichs erfolgreiche Umwelttechnikfirmen
und Verbesserung der Exportsituation durch Annäherung der Wettbewerbsbedingungen und Wegfall des "Öko-Dumpings".
Die Studie "Umweltpolitiken in den Ländern Bulgarien, Rumänien, Kroatien und Serbien-Montenegro"
ist die dritte Untersuchung der ÖGUT zur Umweltsituation in Mittel- und Osteuropa (Studie 2001: Nachbarländer
plus Polen und Estland, Studie 2002: Nachbarländer plus Polen). Präsentiert wurden heute erste Zwischenergebnisse.
Die komplette Studie wird voraussichtlich im Frühjahr 2004 vorliegen. |