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Ferrero-Waldner trifft mit belgischem Amtskollegen zusammen
Sehr konstruktives und sachliches Gespräch
Wien (bmaa) - ,,Es sind die Probleme zwischen Belgien und Österreich ausgeräumt", sagte Außenministerin Ferrero-Waldner nach einem Treffen mit dem belgischen Außenminister Louis Michel, der auf seiner "Tour des Capitales" - Belgien hat seit 1. Juli die EU-Präsidentschaft inne - am Mittwoch auch Wien besuchte.
Außenministerin Benita Ferrero-Waldner begrüßte das Vorhaben der belgischen Präsidentschaft, die Frage "Zukunft Europas" zu einer ihrer Prioritäten in diesem Halbjahr zu machen und sicherte Außenminister Michel die engagierte Mitarbeit Österreichs im Reformprozess zu. Sie unterstrich bei ihrem Gespräch, dass Österreich ein möglichst offenes Gremium zur Vorbereitung der nächsten Vertragsrevision befürwortet, d.h. unter Teilnahme des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente, ähnlich dem Konvent, der die Grundrechtscharta zustandegebracht hat. Weiters könne man je nach Themenstellung auch daran denken, Experten beizuziehen. Ferrero-Waldner schlug Außenminister Michel in diesem Zusammenhang vor, auch die Kandidatenländer in diese Diskussion einzubinden. ,,Ich konnte meinen Kollegen über den Stand der Zukunftsdebatte in Österreich informieren: Wir haben uns für die ,,bottom-up" Methode entschieden: Die österreichische Haltung soll also nicht von oben über den Prozess ,,drübergestülpt", sondern in Form eines Dialogs mit den Bürgern entwickelt werden. Dieser Weg erscheint uns gerade vor dem Hintergrund der Ratifikation des Nizzavertrags absolut geboten. Den Auftakt bildeten im Frühjahr Enquêten der Bundesregierung wie auch beider Häuser des Parlaments", sagte die Außenministerin. Die Themenliste für den Zukunftsprozess muss aus Sicht der Außenministerin offen bleiben. ,,Sie darf sich nicht auf institutionelle Glasperlenspiele beschränken, sondern muss die großen europäischen Zukunftsfragen mit politischen Reformen beantworten. Wenn wir diese Aufgaben anpacken, wird man auch die Bemühungen um eine Stärkung von Recht und Legitimität der Union, zum Beispiel die Rolle der nationalen Parlamente, das individuelle Klagsrecht des Einzelnen beim Europäischen Gerichtshof, sowie eine demokratisch legitimierte Europäische Kommission, verstehen", sagte die Außenministerin.
Betreffend Kernkraftwerk Temelin hat Außenministerin Benita Ferrero-Waldner Außenminister Louis Michel über den Stand des Melker Prozesses informiert und auf die Bedeutung der Sicherheit von Temelin für die österreichische Bevölkerung und die Bundesregierung hingewiesen.
,,Der Melker Prozess bleibt von zentraler Bedeutung. Ich bin nach wie vor der Überzeugung, dass nur die Weiterführung eines Dialoges uns in diesem legitimen Anliegen, ein höchstmögliches Sicherheitsniveau der grenznahen Kernkraftwerke zu erreichen, in der Sache weiterbringen kann. Die Umsetzung des Melker Protokolls ist schon weit fortgeschritten". Für Ferrero-Waldner ist das Ziel, ,,das höchste Niveau an nuklearer Sicherheit zum Schutz der Bevölkerung und der Umwelt zu erreichen. Ich werde mein möglichstes dazu beitragen, dass die Anliegen Österreichs auch entsprechend berücksichtigt werden".
Ein weiteres zentrales Thema des heutigen Zusammentreffens war die Bedeutung europäischer Verkehrspolitik für Österreich und die große Sensibilität der österreichischen Bevölkerung in diesem Bereich.
,,Wie Sie wissen, wird heute das auf meine Initiative zustande kommende Treffen auf hohem Niveau mit der zuständigen Kommissarin in Brüssel stattfinden. Wir werden dabei unsere Interessen und Vorstellungen, aber auch Sorgen deponieren und unsere Bereitschaft zu aktiver Zusammenarbeit im Interesse einer nachhaltigen Lösung für die Zeit nach Auslaufen des Transitprotokolls ausdrücken", so Ferrero-Waldner.
Das Hauptanliegen der Außenministerin ist dabei, die Frage einer sogenannten ,,Nachfolgeregelung", d.h. eines Systems, welches sicherstellt, dass auch nach 2003 eine nachhaltige Senkung der Umweltbelastung durch den Ferngüterverkehr möglich sein wird. ,,Der Europäische Rat hat sich zu einer nachhaltigen Verkehrspolitik bekannt und den Auftrag zur Ausarbeitung einer neuen Wegekostenrichtlinie bis 2004 erteilt. Wichtig ist der Umstand, dass auch die belgische Präsidentschaft die Nachhaltigkeit in diesem Bereich zu einer ihrer Prioritäten erklärt hat. Ich erwarte mir in dieser für Österreich lebenswichtigen Frage ein entsprechendes Verantwortungsgefühl und Solidarität von unseren 14 Partnern", sagte Ferrero-Waldner.
Die Gemeinsame Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik war beiden Außenministern ein besonderes Anliegen. In Göteborg wurde die belgische Präsidentschaft mit wichtigen Aufgaben im Bereich der GESVP betraut, sowohl im Bereich des militärischen wie auch im Bereich des zivilen Krisenmanagements. Ferrero-Waldner ist überzeugt davon, dass die Union unter belgischem Vorsitz in diesen beiden komplementären Aspekten des Krisenmanagements weitere bedeutende Fortschritte machen wird. ,,Österreich selbst wird auch weiterhin die Entwicklung der Gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU voll mittragen und seinen Beitrag zu ihrer Weiterentwicklung leisten", sagte die Außenministerin.
Die belgische Präsidentschaft hat Afrika und insbesondere die Lösung der Konflikte in der Großen Seen - Region zu einer ihrer GASP-Prioritäten gemacht, ein Ziel, das Österreich sehr begrüßt. ,,Eine rasche friedliche Beilegung des Konfliktes in der Demokratischen Republik Kongo und in Burundi und eine politische und wirtschaftliche Stabilisierung in allen involvierten Länder ist ein wichtiges österreichisches Anliegen. Nicht zuletzt sind von den sieben im Kongo-Konflikt militärisch involvierten Staaten fünf Kooperations- bzw. Schwerpunktländer der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit", so Ferrero-Waldner.
Außenminister Michel und Außenministerin Ferrero-Waldner haben auch die letzten Entwicklungen im Nahen Osten erörtert. Ferrero-Waldner bedauerte in diesem Zusammenhang, dass die derzeitigen Entwicklungen nur zu wenig Hoffnung auf rasche Fortschritte geben. ,,Ich habe mich klar für einen umgehenden Beginn der Implementierung des Mitchell-Reports ausgesprochen. Nur dieser zeichnet einen konkreten Weg aus der Krise vor. Diesbezüglich verstärkter Druck auf Premierminister Sharon erscheint mir notwendig. Wir suchen diesbezüglich die Kooperation mit den USA. Andererseits sollte auch Arafat noch größere Anstrengungen unternehmen, um den Terror hintanzuhalten. Die Stationierung internationaler Beobachter wäre meines Erachtens nützlich", so die Außenministerin.
Auch die aktuellen Entwicklungen auf dem Balkan kamen heute ausführlich zur Sprache. So ist Ferrero-Waldner zuversichtlich, dass in Mazedonien jetzt ein unmittelbarer Fortschritt auf der politischen Schiene bevorsteht. ,,Nach dem erfolgreich ausgehandelten und erfreulicherweise von beiden Seiten gehaltenen Waffenstillstand wird nun über das Rahmendokument verhandelt. Dieses bietet meines Erachtens eine sehr gute Basis", sagte die Außenministerin.
Allerdings sieht Ferrero-Waldner die Notwendigkeit klarer Zugeständnisse von beiden Seiten: ,,Wir werden daher in den nächsten Tagen seitens der EU - durch aktive Bemühungen von HR/GS Solana und dem EU-Vertreter vor Ort, Léotard, insbesondere aber auch in engem Zusammenwirken mit den sonstigen internationalen Akteuren - die Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten einfordern. Dieses konzertierte enge Zusammenwirken erscheint mir wirklich entscheidend", sagte die Außenministerin.
Die Auslieferung von Milosevic war für Ferrero-Waldner ein sehr mutiges Zeichen, einen zukunftsorientierten Kurs zu wahren. ,,Diejenigen Reformkräfte in Belgrad, die deutlich einem europaorientierten Kurs folgen, verdienen unsere uneingeschränkte Unterstützung", so die Außenministerin.
Zu den Parlamentswahlen in Albanien vom 24. Juni und 8. Juli (2. Durchgang) sagte die Außenministerin: ,,Wir warten noch auf endgültige Wahlergebnisse. Es lässt sich aber schon jetzt sagen, dass Berichten der OSZE zufolge die Zentrale Wahlkommission ihren Auftrag sehr gut erfüllt hat. Dies erscheint mir jedenfalls ein deutliches Zeichen für eine weitere Festigung der Demokratie in Albanien - und damit weitere Annäherung Albaniens an die Europäischen Strukturen", sagte Ferrero-Waldner.
Die Außenministerin hat mit ihrem belgischen Amtskollegen auch den Stand der Vorbereitungen zur Weltrassismuskonferenz der Vereinten Nationen besprochen. ,,Ich teile seine Sorge darüber, dass der Vorbereitungsprozess bisher schleppend und konfliktuell verlaufen ist und begrüße daher die belgische Initiative, den Standpunkt der EU im Wege von Ratsschlussfolgerungen, die Anfang nächste Woche beschlossen werden, klarzustellen. Insbesondere soll damit verdeutlicht werden, dass für die EU die Erarbeitung aktionsorientierter, zukunftsgerichteter Maßnahmen unerlässlich ist, um die Konferenz zum Erfolg zu führen", so die Außenministerin.