Schwarzböck: Mit Nachdruck gegen Radikalreform und Verunsicherung der
Bauern
Vereinbarte Rahmenbedingungen der EU-Agrarpolitik müssen bis 2006 gelten
St. Pölten (aiz) - Vor der Vollversammlung der NÖ. Landwirtschaftskammer sprach sich Präsident
Rudolf Schwarzböck am Montag (01. 07.) mit Nachdruck dagegen aus, die EU-Erweiterung
mit einer einschneidenden Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik zu verknüpfen. "Auch deren anstehende Zwischenbewertung,
der so genannte Midterm-Review, bietet keinen sachlichen Grund, die Spielregeln der Agenda 2000 in Frage zu stellen",
sagte Schwarzböck.
Für eine Radikalreform der Gemeinsamen Agrarpolitik bestehe keinerlei Notwendigkeit. Auch das Argument mangelnder
Finanzierbarkeit gehe ins Leere, "da von den Gesamtkosten der Erweiterung nur 6,5% für Direktzahlungen
aufzuwenden sind und die bestehende GAP auch nach einer EU-Erweiterung innerhalb der beschlossenen Agrarleitlinie
finanzierbar ist". Schwarzböck lehnte daher jeden Versuch einer Verunsicherung der Bauern ab und forderte
nachdrücklich die Einhaltung jener Rahmenbedingungen der Gemeinsamen Agrarpolitik, wie sie bis 2006 vereinbart
wurden.
"Zentrales Ziel bei der bevorstehenden Halbzeitbewertung der Agenda 2000 muss die Stabilisierung der Agrarmärkte
über einen verbesserten Einsatz der Instrumentarien der Gemeinsamen Marktordnung sein", betonte der Kammerpräsident.
Die derzeit ungünstigen Preistendenzen auf den Märkten, insbesondere bei Milch und Getreide, erforderten
ein Paket offensiver Maßnahmen sowohl am Binnenmarkt als auch auf den Exportmärkten.
Gemeinschaftspräferenz absichern
"Die Gemeinschaftspräferenz - ein wirksamer Außenschutz für landwirtschaftliche Erzeugnisse
- ist grundsätzlich abzusichern und insbesondere im Getreidebereich durch Ableitung der Importzölle von
realen, also tatsächlich am Weltmarkt existenten Preisen und unter Berücksichtigung der tatsächlich
anfallenden Transportkosten wieder herzustellen", erklärte Schwarzböck.
Mit einer aktiven Exportpolitik, vor allem durch Ausnutzung bestehender Spielräume bei Exporterstattungen,
sollten die Marktanteilsverluste der letzten Jahre, insbesondere bei Rindfleisch und Getreide, wieder wettgemacht
werden. In beiden Bereichen müsse mit geeigneten Marketingmaßnahmen die Akzeptanz für EU-Erzeugnisse
auf Drittlandsmärkten verbessert werden.
Kritik an Doppel Null-Abkommen
"Die im geplanten neuen 'Doppel Null-Abkommen' mit den Beitrittskandidatenländern vorgesehenen
weiteren Zollbefreiungen bei Getreide sind in ihrer Wirkung gleichzusetzen mit einer Vorwegnahme des Beitrittes
im Agrarbereich. Da in diesen Ländern vor einem Beitritt die zentralen Instrumente der Gemeinsamen Marktordnung,
insbesondere die Intervention zur Absicherung eines Mindestpreisniveaus nicht existieren, sind dadurch erhebliche
Marktstörungen vor allem in angrenzenden EU-Ländern unvermeidlich", kritisierte Schwarzböck.
Die bäuerliche Interessenvertretung lehne diese geplanten Maßnahmen daher strikt ab.
Wie unangemessen und unverhältnismäßig diese Vorwegöffnung im Agrarsektor ist, werde bei einem
Vergleich mit Maßnahmen der EU in anderen Bereichen deutlich. Bei stickstoffhältigen Düngemitteln
habe die EU in den letzten Jahren mehrmals Antidumpingzölle auf Lieferungen aus Ostländern eingeführt
mit dem Ziel, die EU-Erzeuger vor wettbewerbsverzerrenden Lieferungen zu schützen. Für die Landwirte
habe dies steigende Stickstoffdüngemittelpreise und somit höhere Produktionskosten zur Folge, gleichzeitig
würden sie zusätzlichem Wettbewerb- und Einkommensdruck unterworfen. "Die Interessenvertretung fordert
die EU-Kommission daher auf, ihren Entscheidungen eine gesamthafte Sichtweise unter Bedachtnahme auf Wechselwirkungen
zu Grunde zu legen und von unverhältnismäßigen und für einen Berufszweig besonders nachteiligen
Maßnahmen wie der Ausweitung der Doppel Null-Abkommen Abstand zu nehmen", unterstrich Schwarzböck. |
Resolution der Vollversammlung
Die Vollversammlung der NÖ Landwirtschaftskammer beschloss eine Resolution, die von Kammerdirektor
Gottfried Holzer vorgetragen wurde und in der unter anderem die Forderung erneuert wurde, "die im Regierungsübereinkommen
festgeschriebene Absenkung der Steuerbelastung für Agrardiesel auf Heizölniveau zum 01.01.2003 mittels
eines in Deutschland bereits bewährten Rückvergütungs- Modells umzusetzen und damit in diesem Bereich
Wettbewerbsgleichheit herzustellen".
Praxisfremde Verschärfung von Umweltnormen abgelehnt
Die österreichische Land- und Forstwirtschaft sehe sich mit immer unüberschaubareren und strengeren
Umweltauflagen konfrontiert, die ihre Wettbewerbsfähigkeit zunehmend beeinträchtigen, heißt es
in der Resolution weiter. Die Vollversammlung lehne daher neue belastende Umweltnormen wie etwa die Regelung von
Ammoniak-Emissionen aus landwirtschaftlichen Tierhaltungsbetrieben auf Grund des Immissionsschutzgesetzes-Luft
sowie praxisfremde Verschärfungen des Aktionsprogramms zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch
Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen, insbesondere hinsichtlich der Düngung von Hanglagen, schärfstens
ab. Die Vorschriften der NÖ Verordnung über den Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen
seien hinsichtlich Anbindehaltung und physischer Eingriffe auf die gemäß Art. 15a B-VG vereinbarten
Mindeststandards zurückzuführen. Soweit erforderlich, sei die Art. 15a-Vereinbarung an geänderte
haltungstechnische Gegebenheiten anzupassen.
Bevor in Österreich einzelne Regionen zu gentechnikfreien Zonen erklärt werden, müssten die damit
verbundenen überaus komplexen gesundheitlichen, technischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Fragen geklärt
werden. Bis dahin sollte die Bundesregierung in der EU für eine Verlängerung jenes Moratoriums eintreten,
auf Grund dessen die Zulassung neuer Genehmigungen für gentechnisch veränderte Nutzpflanzen ausgesetzt
wurde.
Bezüglich der Natura 2000-Gebietsfestlegung wiederholte die Vollversammlung ihre Forderung nach Zurücknahme
der Gebietsaußengrenzen auf das absolute Mindestmaß und erwartete einen raschen Regierungsbeschluss,
damit eine Korrektur der ursprünglichen Meldung ermöglicht wird. Die Grundeigentümer und die gesetzliche
Interessenvertretung seien zum frühestmöglichen Zeitpunkt in die Erstellung von Managementplänen
mit einzubeziehen. Für die Finanzierung von Maßnahmen des Vertragsnaturschutzes oder entschädigungspflichtiger
Maßnahmen seien zusätzliche Mittel auf nationaler und EU-Ebene bereitzustellen, heißt es in der
Resolution, die einstimmig beschlossen wurde.
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