Luftqualität: Kommission geht gegen sechs Mitgliedstaaten vor
In ihrem Engagement für die Verbesserung der Luftqualität in Europa geht die
Europäische Kommission mit Vertragsverletzungsverfahren gegen Griechenland, Italien, Irland, Österreich,
Spanien und das Vereinigte Königreich vor.
Brüssel (eu-comm.) - Die Kommission zeigt sich besorgt darüber, dass diese Mitgliedstaaten bestimmte
EU-Vorschriften über die Luftqualität nicht ordnungsgemäß umgesetzt haben. Gegen Griechenland,
Italien, Irland, Spanien und das Vereinigte Königreich soll nun Klage vor dem Europäischen Gerichtshof
erhoben werden, wogegen Österreich zunächst eine offizielle Aufforderung erhaltet, alle einzelstaatlichen
Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie über flüchtige organische Verbindungen (sog. VOC-Richtlinie)
zu erlassen und der Kommission mitzuteilen.
Gegen Spanien und das Vereinigte Königreich wird außerdem Klage eingereicht, weil sie ihr einzelstaatliches
Recht nicht an die neuen Grenzwerte für Schwefeldioxid, Stickstoffoxid, Partikel und Blei in der Luft angepasst
haben. Beim Vereinigten Königreich geht es hier um das Inkrafttreten der Grenzwerte in Gibraltar. Österreich
wird sich vor Gericht verantworten müssen, weil seine Rechtsvorschriften mit der Ozonrichtlinie nicht vereinbar
sind und die in Vorbereitung befindlichen Vorschriften, mit denen dieser Zustand berichtigt werden soll, nicht
vor Ende November 2002 in Kraft treten sollen. Gegen Italien wird außerdem Klage erhoben, weil es weiterhin
die Verwendung von ozonabbauenden Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) in Feuerlöschsystemen gestattet, was
einen Verstoß gegen die Ozonverordnung darstellt. Schließlich wird Österreich offiziell aufgefordert
werden, seine einzelstaatlichen Vorschriften über Großfeuerungsanlagen an die Großfeuerungsanlagen-Richtlinie
anzupassen.
Diese förmlichen Aufforderungen ergehen als sogenannte „mit Gründen versehene Stellungnahmen", die
der zweiten Stufe des Vertragsverletzungsverfahrens gemäß Artikel 226 EG-Vertrag entsprechen. Erhält
die Kommission darauf innerhalb von zwei Monaten keine befriedigende Antwort, kann sie Klage vor dem Europäischen
Gerichtshof erheben.
In diesem Zusammenhang erklärte Margot Wallström, das für Umweltfragen zuständige Kommissionsmitglied:
„Luftverschmutzung ist sowohl ein lokales als auch ein globales Problem. Mit ihrem Vorgehen stellt die Kommission
ihr Engagement für die Verbesserung der Luft, die wir alle atmen, und für den Schutz der Ozonschicht
unter Beweis. Es hat keinen Sinn, dass die Mitgliedstaaten Vorschriften erlassen, wenn sie sich anschließend
nicht daran halten."
EU-Recht im Bereich der Luftqualität
Die Rechtsvorschriften, um die es hier geht, dienen der Verringerung der Luftverschmutzung durch Lösungsmittel,
begrenzen den Schadstoffausstoß von Großfeuerungsanlagen, enthalten Grenzwerte für mehrere wichtige
Luftschadstoffe, schreiben die Warnung der Öffentlichkeit bei hohen Konzentrationen von bodennahem Ozon vor
und beschränken die Verwendung von Stoffen, die zur Schädigung der Ozonschicht führen können.
Durch die nicht ordnungsgemäße Umsetzung dieser Vorschriften werden den Bürgern die ihnen durch
das EU-Recht garantierten Verbesserungen der örtlichen, regionalen und globalen Luftqualität vorenthalten.
Demzufolge sind die Bürger wegen der geringeren Luftqualität höheren Gesundheitsrisiken ausgesetzt.
Verringerung der Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen
Ziel der VOC-Richtlinie(1) ist die Vermeidung oder Verringerung der direkten oder indirekten Auswirkungen
von Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen (VOC) in die Umwelt und der möglichen Risiken für
die menschliche Gesundheit, die sich daraus ergeben können. Dazu wurden Emissionsgrenzwerte für flüchtige
organische Verbindungen und strikte Betriebsbestimmungen für Industrieanlagen, die organische Lösungsmittel
verarbeiten, festgelegt. Termin für den Erlass und die Mitteilung der einzelstaatlichen Vorschriften war der
15. April 2001.
Rahmenrichtlinie für die Beurteilung und die Kontrolle der Luftqualität
Bereits im Jahr 1996 wurde die EU-Rahmenrichtlinie für die Beurteilung und die Kontrolle der Luftqualität(2)
verabschiedet. Darin ist die spätere Festlegung detaillierter Emissionsgrenzwerte für bestimmte Luftschadstoffe
vorgesehen. Erstmals wurden 1999 derartige Grenzwerte festgelegt (siehe unten). Gemäß der Rahmenrichtlinie
ist mit der Festlegung detaillierter Emissionsgrenzwerte die Verpflichtung verbunden, auch bestimmte gemeinschaftsrechtliche
Anforderungen an die Beurteilung und die Kontrolle der Luftqualität in innerstaatliches Recht umzusetzen.
Grenzwerte für Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid, Partikel und Blei in der Luft
Im Jahr 1999 legten die Mitgliedstaaten gemäß der Luftqualitäts-Rahmenrichtlinie(3) Grenzwerte
für mehrere Luftschadstoffe fest. Die betreffenden Schadstoffe sind Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid, Stickstoffoxide,
Partikel und Blei. Der Termin für die Umsetzung dieser Grenzwerte in innerstaatliches Recht war der 19. Juli
2001.
Informationsaustausch und Warnung der Öffentlichkeit vor Ozonverschmutzung
Die Ozon-Richtlinie(4) dient der Schaffung eines einheitlichen Systems für die Überwachung, den Informationsaustausch
und die Warnung der Bevölkerung vor Luftverschmutzung durch bodennahes Ozon. Dadurch sollen die Mitgliedstaaten
und die Kommission bessere Kenntnisse über diese Art von Luftverschmutzung erhalten, soll die Wirksamkeit
der Maßnahmen zur Verringerung der Ozonbildung maximiert und ein Mindestmaß an Information der Öffentlichkeit
beim Überschreiten kritischer Ozongrenzwerte gewährleistet werden.
Schutz der Ozonschicht
Bodennahes Ozon (das zur lokalen Luftverschmutzung beiträgt) ist nicht mit dem stratosphärischen Ozon
zu verwechseln (das auch als „Ozonschicht" bezeichnet wird und uns als globales Schild vor schädlicher
Sonnenstrahlung schützt). Mit der Ozonverordnung(5) soll die Verwendung von Stoffen, die zum Abbau der stratosphärischen
Ozonschicht beitragen, eingedämmt werden. Mit bestimmten Einschränkungen verbietet sie ausdrücklich
den FCKW-Einsatz für eine feste Liste von Anwendungen und allgemein für alle anderen Anwendungen. Ausnahmsweise
kann die Verwendung von Fluorchlorkohlenwasserstoffen jedoch als Brandbekämpfungsstoff in bestehenden Brandschutzsystemen
zur Ersetzung von Halonen für kritische Verwendungszwecke unter bestimmten Bedingungen gestattet werden.
Großfeuerungsanlagen
Die Großfeuerungsanlagen-Richtlinie(6) soll durch strenge Grenzwerte für den Ausstoß von
Schwefel- und Stickstoffdioxid eine Verringerung der Luftverschmutzung durch größere Kraftwerke bewirken.
Rechtsverfahren
Nach Artikel 226 EG-Vertrag richtet die Kommission ein so genanntes Aufforderungsschreiben an einen Mitgliedstaat,
wenn sie der Ansicht ist, dass eine Verletzung des Gemeinschaftsrechts vorliegen könnte. Darin ersucht sie
den Mitgliedstaat, sich innerhalb einer bestimmten Frist in der Regel innerhalb von zwei Monaten zu dem Sachverhalt
zu äußern.
Nach Eingang oder Ausbleiben einer Antwort kann die Kommission beschließen, dem betreffenden Mitgliedstaat
eine so genannte mit Gründen versehene Stellungnahme zuzuleiten. Darin legt sie klar und eindeutig dar, weshalb
ihrer Ansicht nach ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht vorliegt, und fordert den Mitgliedstaat auf,
seinen Verpflichtungen innerhalb eines bestimmten Zeitraums (in der Regel zwei Monate) nachzukommen.
Kommt der Mitgliedstaat dieser mit Gründen versehenen Stellungnahme nicht nach, kann die Kommission beschließen,
den Europäischen Gerichtshof mit dem Fall zu befassen.
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