Massive Eingriffe in intaktes Flussökosystem: Kroatische Regierung verletzt EU-Recht.
Wien/Zagreb (wwf) - Eine der letzten intakten Flussstrecken der Drau in Kroatien - zugleich 1000
Jahre alte natürliche Grenze zu Slowenien - steht durch groß angelegte Regulierungsmaßnahmen und
Kiesentnahmen unmittelbar vor der Zerstörung. „Hier wird ein ökologisch einmaliger Flusskorridor von
europäischer Bedeutung systematisch ruiniert,“ zeigt sich DI Arno Mohl, Fließgewässerexperte des
WWF Österreich, am Mittwoch (09. 07.) bestürzt. „Dies geschieht ohne jegliche
Umweltverträglichkeitsprüfung, ungeachtet internationaler Konventionen, die Kroatien unterzeichnet hat,
und verletzt nicht zuletzt EU-Recht.“ Eine breite Allianz von Naturschützern ist sich einig, dass dieser Wahnsinn
sofort gestoppt werden muss.
Während in Oberkärnten, 200 km weiter, die Drau im Rahmen eines ehrgeizigen Revitalisierungsprojektes
mit EU-Millionen aus dem LIFE-Programm von den Folgen eines im letzten Jahrhundert falsch verstandenen Hochwasserschutzes
befreit und wieder in ihr natürliches Ökosystem rückgeführt wird, verwandelt Kroatien durch
Kiesentnahmen und Regulierungen ihren noch intakt vorhandenen Wildfluss mit seinen Seitenarmen, Kiesbänken
und Steilufern in einen begradigten Kanal und nimmt somit gefährdeten Arten wie Seeadler, Schwarzstorch und
Fischotter den Lebensraum.
„Was von der kroatischen Wasserwirtschaft als ‚notwendiger Eingriff' zur Vorbeugung gegen Hochwasser bezeichnet
wird, ist in Wahrheit ein lange vorbereiteter Plan zur Regulierung der Drau bei gleichzeitiger Gewinnung von billigem
Kies für den Neubau der nationalen Autobahn,“ zeigt sich DI Arno Mohl, Fließgewässerexperte des
WWF Österreich, empört. Ohnehin ist eine Kanalisierung von Flüssen als Maßnahme gegen Überflutungen
nicht mehr zeitgemäß. Dies haben nicht zuletzt die Hochwässer des Sommers 2002 gezeigt. Experten
sind sich einig, dass moderner Hochwasserschutz in der Verbesserung der natürlichen Rückhaltekapazitäten
der Flüsse liegt, wie dies anhand der EU finanzierten LIFE-Projekte an der Oberen Drau oder am Tiroler Lech
klar aufgezeigt wird. Auch der Beitrittswerber Kroatien müsste nach geltendem EU-Recht (Wasserrahmenrichtlinie)
nach ökologisch verträglichen Lösungen wie diesen suchen.
Die Drau, die auf 749 km Länge fünf europäische Länder durchfließt, ist in ihrem Lauf
durch insgesamt 22 Wasserkraftwerke unterbrochen. Wenige Teile des Flusses blieben so unzerstört wie der nun
akut bedrohte 20 km lange Abschnitt mit seinem etwa 3000 ha großen intakten Auensystem im kroatisch-slowenischen
Grenzgebiet. Zahlreiche Naturschutzorganisationen sind sich der Einzigartigkeit dieser Region bewusst und sehen
eine Chance in einer breiten Allianz gegen die Zerstörung. WWF, Euronatur, Birdlife- Slowenien und kroatische
Partner veranstalten deshalb am 8. Juli eine internationale Pressefahrt ins bedrohte Gebiet und werden am 9. Juli
in Zagreb gemeinsam vor dem Parlament für den Schutz der Drau demonstrieren und Abgeordneten ihren Forderungskatalog
überreichen. |