Was bringt das neue Ladenöffnungsgesetz dem Handel wirklich?  

erstellt am
10. 07. 03

Wien (regioplan) - Die derzeitige Diskussion über das neue Ladenöffnungsgesetz wird höchst emotional und zum Teil unsachlich geführt. Das liegt unter anderem daran, daß die zu erwartenden Auswirkungen nicht entsprechend untersucht wurden.

RegioPlan Consulting beobachtet nun seit vielen Jahren die Entwicklungen im Handel und dem Kundenverhalten. Aufgrund dieser Erfahrung und Studien wie etwa Konsumentenbefragungen, Befragungen der Handelsunternehmen über Veränderungen der Öffnungszeiten sowie Beobachtungen der Entwicklungen im Ausländ können die zu erwartenden Effekte seriös abgeschätzt werden.

Unverändert: Ladenschlußgesetze durchlöchert!
Die Ladenschlußgesetze der einzelnen Bundesländer sind inhomogen und auch innerhalb der jeweiligen Bundesländer von unzähligen Ausnahmen durchlöchert! Eine einheitliche und transparente Lösung wird zugunsten einzelner Ausnahmegenehmigungen wie etwa für Bahnhöfe, Flughäfen, Tourismusgebiete und Tankstellenshops geopfert. Auch Sonntagsarbeit in Verkaufsberufen ist somit bisher teilweise gestattet.

Die im Nationalrat beschlossene Ausweitung der Ladenöffnungszeiten hat unterschiedliche Auswirkungen auf den österreichischen Einzelhandel. Diese Auswirkungen können in 4 konkrete Punkte gegliedert werden:

1. Steigerung des Gesamtumsatzes:
Die Verbrauchsausgaben der privaten Haushalte für Produkte des stationären Handels stagnieren seit einigen Jahren. Es ist nachweisbar, daß durch vergrößerte und verbesserte Gelegenheiten zum Einkauf die Handelsausgaben insgesamt steigen. Dies ist durch größere Auswahl einerseits und ein "erweitertes Zeitfenster" (= Convenience) andererseits möglich. In einer Zeit, in der beim Einkaufen immer weniger Bedarfsdeckung das Motiv ist, wird der Einkauf stärker zum Freizeiterlebnis.

In vielen Branchen verlagert sich daher der Einkaufswunsch in Richtung Wochenende. Das beschlossene Gesetz ermöglicht unter anderem einen geringfügig längeren Einkauf am Samstag Nachmittag. Die effektive Umsatzsteigerung wird durch diese Maßnahme bei etwa 0,2 % des relevanten Einzelhandelsumsatzes liegen, das entspricht etwa 80 - 100 Mio €/Jahr. Entsprechend dieser Steigerung werden auch im Handel neue Arbeitsplätze geschaffen.

2. Kaufkraftbindung in Grenzregionen!
Die an Österreich angrenzenden osteuropäischen Länder verfügen über deutlich liberalere Öffnungszeiten. Wenn die Handelseinrichtungen in Ungarn, Slowakei, etc. attraktiver werden, wird der Kaufkraftabfluß von Österreich zunehmen. Nicht ganz Österreich ist davon betroffen, sondern nur eine Zone von ca. 20 - 30 km von der entsprechenden Staatsgrenze. Jede Liberalisierungsmaßnahme verringert den Vorteil der östlichen Nachbarstaaten gegenüber der österreichischen Grenzregion und somit den generell stärker werdenden Kaufkraftabfluß.

3. Regionale Kaufkraftverschiebungen und Nachteile für "kleine" Kaufleute
Die letzte Liberalisierung der Öffnungszeiten (Samstag nachmittags) hat wesentliche regionale Kaufkraftverschiebungen zu Gunsten der großen Einkaufszonen (Geschäftsstraßen, Einkaufszentren) gebracht. Ebenso haben große Fachmärkte (z.B. Möbelhandel, Lebensmittelhandel, Elektrohandel, Baumärkte) profitiert, weil sie dadurch besser den Kundenbedürfnissen entsprechen konnten.
Kaufleute in kleineren Einkaufszonen, die Samstag nachmittags nicht geöffnet hatten, mussten entsprechende Umsatzrückgänge hinnehmen. Ein ähnlicher Effekt ist nun zu erwarten- allerdings in weit geringerem Ausmaß, denn schließlich handelt es sich nur um eine Verlängerung von 1 Stunde mehr am Samstagnachmittag.

4. Nahversorgung:
Für viele Nahversorgungsstandorte ist die längere Öffnungszeit vor allem Abends relevant. Sie können dadurch - beispielsweise in Wohngegenden, wo tagsüber nur ein kleiner Teil der Bevölkerung anzutreffen ist oder in ländlichen Gebieten mit hohem Pendleraufkommen - den Kundenbedürfnissen besser entsprechen,. Für diese Unternehmen entsteht eine größere Chance, eine Nische zu finden und sich so von den Großverkaufsformen erfolgreich zu differenzieren.

Fazit
DI Wolfgang Richter faßt zusammen: "Insgesamt ist festzuhalten, daß diese - sehr kleine - Liberalisierung der Öffnungszeiten auch nur sehr geringfügige Auswirkungen auf die Kaufkraftverschiebungen, auf den Arbeitsmarkt oder die Handelsstruktur Österreichs haben wird. Die derzeit anhaltende Diskussion wird sehr emotional geführt und scheint weit überzogen!"

RegioPlan Consulting GmbH ist Spezialist in Fragen der Standort- & Regionalplanung, der Marktforschung sowie des Handelsconsultings in Mittel- und Osteuropa. Das seit 1984 erfolgreich in der Branche tätige Unternehmen RegioPlan Consulting ist Marktführer bei der Lösung von Problemstellungen, die sowohl betriebswirtschaftliches als auch regionalwirtschaftliches Experten- Know-how erfordern.
     
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