Konjunkturbarometer der IV neuerlich leicht gefallen - Österreich-Aktie gibt um 11 % nach
Wien (PdI) - Die schwache Verfassung der europäischen und insbesondere der deutschen Wirtschaft
belastet die österreichische Konjunkturentwicklung. Im Gegensatz zur Vergangenheit, als Österreich überdurchschnittliche
Wachstumsraten verzeichnete, hat es seit 2001Mühe, den europäischen Durchschnitt zu erreichen. Die Industrie
sieht diese Entwicklung mit Sorge, weil dadurch die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts und der wirtschaftspolitische
Spielraum für Zukunftsinvestitionen in Mitleidenschaft gezogen werden. "In einer solchen schwierigen
wirtschaftlichen Phase bedarf es klarer, Vertrauen stiftender Signale der Politik, um Verunsicherung und Zukunftspessimismus
abzubauen und den Attentismus der Investoren und Konsumenten zu überwinden", betont der Generalsekretär
der Industriellenvereinigung, Dkfm. Lorenz Fritz.
Die Bundesregierung hat, nach Einschätzung der IV, die Notwendigkeit zusätzlicher Wachstumsimpulse erkannt.
So bereiten die Bundesministerien für Wirtschaft und Arbeit sowie Finanzen für den Bundeskanzler - abgeleitet
vom europäischen Lissabonprozess - ein Maßnahmenpaket mit folgenden Themen-Schwerpunkten vor:
- Entlastung und die Minimierung von neuen Belastungen (Klimapolitik, Energiesteuer, etc. inklusive Eckpfeiler
der Steuerreform)
- Eigenkapitalstärkende Maßnahmen in 2004 und 2005
- Internationalisierungsinitiative (mehr Exporte durch exportorientierte Industriepolitik)
- Schaffung eines klaren finanziellen und organisatorischen Rahmens für die Forschungsfinanzierung und -organisation
- Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur unter dem Motto "Schneller bauen" (u.a. PPP-Modelle).
- Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen
Die Umfrageergebnisse im Detail
Die jüngste Konjunkturumfrage der IV gibt keinen Hinweis auf eine bevorstehende Besserung der Lage. Das Konjunkturbarometer
der IV zeigt weiter nach unten, und der auf Basis einer Expertenbefragung errechnete Kurs der Österreich-Aktie
ist neuerlich gefallen (-11 %). "Verwendet man ein klimatisches Bild, dann liegen wir nicht in einem Azorenhoch,
sondern wir müssen unvermindert mit der Zufuhr polarer Kaltluft rechnen."
Das dem deutschen IFO-Index für Deutschland entsprechende IV-Konjunkturbarometer für Österreich
ist im 2. Quartal von zuletzt 2,1 auf -1,2 gesunken. Wie der Bereichsleiter für Industriepolitik und Ökonomie,
Dr. Erhard Fürst, erklärt, ist dafür vor allem der zunehmende Pessimismus hinsichtlich der Geschäftslage
in 6 Monaten verantwortlich, während die gegenwärtige Geschäftslage geringfügig besser als
noch im 1. Quartal eingeschätzt wird. Nur 15 % (beschäftigungsgewichtet) der an der Umfrage beteiligten
440 Industrieunternehmen rechnen mit einer Besserung der Geschäftslage bis Jahresende, 22 % befürchten
eine Verschlechterung.
Die Beurteilung der Auftragslage hat sich marginal verbessert, liegt aber weiterhin auf einem unbefriedigend tiefen
Niveau. Während der Saldo aus den Prozentsätzen positiver und negativer Meldungen unter Vernachlässigung
der neutralen in Zeiten guter Konjunktur über 40 Prozentpunkte ausmacht, liegt der gegenwärtig bei 9.
Der Anteil der Unternehmen, die mit einer steigenden Produktionstätigkeit in den nächsten 3 Monaten rechnen,
hat sich gegenüber dem 1. Quartal von 30 % auf 15 % halbiert. Ähnlich ungünstig stellt sich die
erwartete Entwicklung der Kapazitätsauslastung dar. Dem entsprechend dürfte sich der Beschäftigungsabbau
in der Industrie fortsetzen. Deutlich mehr Unternehmen (19 % beschäftigungsgewichtet) sehen im 3. Quartal
einen Rückgang ihrer Belegschaft vorher als eine Zunahme (9 %).
Wesentlich pessimistischer als zuletzt ist auch die Einschätzung der in naher Zukunft erreichbaren Verkaufspreise.
Der Saldo aus den Prozentanteilen der Antworten steigende/fallende Verkaufspreise hat sich von -7 auf -21 Prozentpunkte
verschlechtert. Neben der insgesamt vorherrschenden Nachfrageschwäche dürfte der starke Euro, der im
Exportgeschäft zu Preiskonzessionen zwingt, eine große Rolle spielen.
Dementsprechend gedrückt bleibt die Ertragssituation in der Industrie. Jedes fünfte Unternehmen bezeichnet
sie als schlecht, jedes sechste Unternehmen erwartet bis Jahresende eine weitere Verschlechterung.
Die branchenmäßige Auswertung der Konjunkturumfrage ergibt bei der Einschätzung der Auftragslage
negative Saldi aus guter und schlechter Beurteilung für Papier, Lederverarbeitung, Textil, Fahrzeuge sowie
Stein und Keramik. Im Vorquartalsvergleich deutliche Verschlechterungen zeigen sich für folgende 5 Branchen:
Papier, Elektro, Bau, Chemie sowie Maschinen- und Stahlbau.
Österreich-Aktie verliert weiter an Wert
Der Kurswert der Österreich-Aktie, der aus der Beurteilung von Konjunktur, wirtschaftspolitischen Standortbedingungen
und der politischen Situation durch 12 Experten errechnet wird, ist von zuletzt 64 Euro um 11 % auf 57 Euro gefallen.
Während die Konjunkturlage außerhalb der Industrie annähernd neutral eingeschätzt wird, hat
sich nach Meinung der Experten die Industriekonjunktur wieder verschlechtert.
Bei den Standortbedingungen gibt es im Saldo positive Beurteilungen für das Sozialsystem (Pensionsreform),
den Kapitalmarkt und die Staats- und Bürokratiereform, negativ werden die Budgetpolitik sowie die Bildungs-
und F&E-Politik gesehen. Markant kritisch bewertet wird die politische Situation. 9 Panelisten erkennen eine
Verschlechterung, 3 sehen sie als unverändert.
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