Der neue OeNB-Konjunkturindikator prognostiziert nur leichte Beschleunigung des Wachstum der
österreichischen Wirtschaft im dritten Quartal 2003
Wien (oenb) - Das Wirtschaftswachstum stagniert gegenwärtig auf niedrigem Niveau. Erste Anzeichen
für eine moderate Erholung der Konjunktur müssen sich in den nächsten Monaten erst bestätigen.
Prognosen bleiben auf Grund der ungewöhnlich langen Wachstumsschwäche weiterhin mit großen Unsicherheiten
behaftet.
Der neue Konjunkturindikator der Oesterreichischen Nationalbank lässt ein Wachstum des realen Bruttoinlandsprodukts
von 0,2% im zweiten und von 0,3% im dritten Quartal 2003 (saisonbereinigt, jeweils im Vergleich zum Vorquartal)
erwarten. Gegenüber den entsprechenden Vorjahresquartalen beträgt das Wachstum damit 0,7 bzw. 0,9%. Damit
setzt sich die Wachstumsschwäche der letzten beiden Jahre über den Sommer fort.
Im Vergleich zur letzten Veröffentlichung des OeNB-Konjunkturindikator im April 2003 wurde im ersten Quartal
dieses Jahres tatsächlich ein Wachstum von 0,2% (saisonbereinigt, im Vergleich zum Vorquartal) erreicht, 0,1
Prozentpunkte weniger als vom Indikator prognostiziert. Für das zweite Quartal 2003 ist die aktuelle Wachstumseinschätzung
mit 0,2% im Vergleich zum April unverändert.
Konjunkturindikator der OeNB für Österreich
Kurzfristprognose für das 2. und 3. Quartal 2003
des realen Bruttoinlandsprodukts für Österreich
Quelle: OeNB, EUROSTAT (saisonbereinigte ESVG95-Daten). |
Brutto-
Inlandsprodukt
Die meisten in- und ausländischen Vertrauensindikatoren sind in den vergangenen Monaten durch eine Seitwärtsbewegung
charakterisiert - ein Spiegelbild der großen Unsicherheit über die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung.
Einzelne Indikatoren, wie der ifo-Index in Deutschland oder der Vertrauensindikator der Bauwirtschaft in Österreich,
haben sich zuletzt aber etwas verbessert und geben - ebenso wie die Erholung der Aktienkurse - Anlass zu vorsichtigem
Optimismus. Diese positiven Signale müssen sich jedoch erst verfestigen, ehe von einem Ende der ungewöhnlich
langen Phase schwachen Wachstums ausgegangen werden kann. Sollten die negativen Effekte diverser Schocks (Ölpreis,
Irakkrieg, Platzen der Aktienmarktblase und - aktuell - Aufwertung des Euro) in den nächsten Monaten tatsächlich
auslaufen, erscheint jedoch die erwartete Verbesserung des nationalen und internationalen Wirtschaftsklimas gegen
Jahresende nicht unwahrscheinlich.
In Österreich sind die privaten Haushalte angesichts der weiterhin angespannten Lage am Arbeitsmarkt bei ihren
Konsumausgaben zurückhaltend. Das geringfügig positive Wachstum der unselbstständig Beschäftigten
(ohne Präsenzdiener und Karenzgeldbezieher) geht auf Schulungsmaßnahmen und Altersteilzeit zurück.
Trotzdem legen die Beschäftigtenzahlen nahe, dass in Österreich - im Gegensatz zu einigen anderen Euroraumländern
- der Großteil der notwendigen Anpassungen am Arbeitsmarkt bereits im Laufe des Vorjahres erfolgt ist. Dies
wird auch durch den deutlich schwächeren Rückgang der offenen Stellen in den vergangenen Monaten bestätigt.
Ein kräftiger Impuls für den privaten Konsum sollte im verbleibenden Jahr 2003 von niedrigen Inflationsraten
ausgehen, die zur Stärkung der Kaufkraft der privaten Haushalte beitragen.
Die Investitionstätigkeit hat sich zu Beginn des Jahres 2003 leicht belebt. Als Gründe können der
hohe Bedarf an Ersatzinvestitionen, das Konjunkturpaket der österreichischen Bundesregierung und die günstigen
Finanzierungsbedingungen genannt werden. Auch die moderate Erholung der Bautätigkeit (nach sechs Jahren ununterbrochenen
Rückgangs) setzte sich zu Beginn des Jahres fort.
Insgesamt ist die Inlandsnachfrage aber weiterhin schwach, die in den derzeit vorliegenden Prognosen unterstellte
Wachstumsbelebung setzt für das zweite Halbjahr eine deutliche Stärkung der Investitionen voraus. Das
derzeit geringe Wachstum des Kreditvolumens ist ein Spiegelbild der gedämpften Konsum- und Investitionstätigkeit.
Für die Exportwirtschaft ist mit der Aufwertung des Euro eine neue Herausforderung entstanden. In Folge wird
der Wachstumsimpuls des Außenhandels geringer als in den letzten beiden Jahren ausfallen. Trotzdem bleibt
die Leistungsbilanz auf Grund der schwachen Inlandsnachfrage weiterhin positiv, der Saldo wird sich jedoch etwas
verringern.
Der OeNB-Konjunkurindikator basiert auf den Ergebnissen zweier ökonometrischer Modelle (Zustandsraummodell
und dynamisches Faktormodell). Beim Zustandsraum-modell werden sechs ausgewählte Indikatoren (ifo-Geschäftsklimaindex,
Kreditvolumen, Anzahl der offenen Stellen, Exporte, Großhandelspreise, Zinsdifferenz) zur Schätzung
des BIP herangezogen. Das dynamische Faktormodell verwendet ein Set von 143 Indikatoren, aus dem mittels dynamischer
Zeitreihenverfahren die wesentlichsten treibenden Faktoren des Konjunkturzyklus extrahiert werden. Eine derartige
Methode wird auch beim EuroCOIN-Indikator des Centre for Economic Policy Research zur Schätzung des Euroraum-BIP
eingesetzt.
Die nächste Veröffentlichung des OeNB-Konjunkturindikators ist für Oktober 2003 vorgesehen.
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