Entwicklung Web-basierter Schulungsmodule für kulturell heterogene
Zielgruppen
Krems (pts) - Welche Auswirkungen haben unterschiedliche Lern- und Lehrtraditionen, unterschiedliche
Kommunikationsgepflogenheiten und die oft kulturell bedingten Erwartungen bezüglich der Wissensvermittlung
und -darstellung für die Entwicklung von E-Learning-Plattformen? Was muss ein Unternehmen beachten, das seine
komplexen Produkte an Kunden aus aller Welt vertreibt und die Schulungen dafür verstärkt ins Internet
verlagern will?
Mit dieser Thematik beschäftigt sich eine Forscherin des Zentrums für Wissens- und Informationsmanagement
der Donau-Universität Krems und beschreitet damit wissenschaftliches Neuland. "Zu interkulturellen Fragen
an der Schnittstelle von Usability und E-Learning ist bisher noch kaum geforscht bzw. publiziert worden",
so Mag. Edith Denman-Maier, MSc. Sie arbeitet seit Beginn des Jahres am Sitz des größten europäischen
Hubschrauberproduzenten im französischen Marignane im Rahmen des EU-geförderten Forschungsprojekts ENKE
an der Entwicklung von Web-basierten Trainingsmodulen (E-Training). Eurocopter plant, die Schulungsaktivitäten
stärker auf die Online-Schiene zu verlagern, damit seine Kunden in über 100 Ländern die Schulungszeit
vor Ort verkürzen können. Durch diese neue Form der Wissensvermittlung erhofft man sich bedeutende Einsparungen.
Erste Ergebnisse relativieren Bedeutung kultureller Unterschiede
Auf der Internationalen Wissensmanagement-Konferenz "I-Know", die vom 2. bis 4. Juli 2003 in Graz stattfand,
stellte Denman-Maier nun erste Zwischenergebnisse ihrer Forschungen vor. Als einzige wissenschaftlich-akademische
Einrichtung im ENKE-Projektteam soll die Donau-Universität Krems dafür sorgen, dass bei der Entwicklung
und Einführung von Informations- und Wissensmanagement-Tools sowie bei der Gestaltung der E-Learning-Plattform
für einen multikulturellen und mehrsprachigen Benutzerkreis die menschlichen, interpersonellen, psychologischen
und interkulturellen Aspekte berücksichtigt werden.
"Bisher fanden die Schulungen in kleinen Gruppen als Face-to-face-Kommunikation statt. Die große Herausforderung
ist nun, die Erfahrungen und das Know-how der Trainer, ihr implizites Wissen explizit zu machen, um es für
die Web-basierten Trainingsmodule nutzen zu können", erläutert Denman-Maier. Eines der Erkenntnisse,
welche die ausgebildete Anthropologin und Informationswissenschafterin mit der Methode der teilnehmenden Beobachtung
sowie durch Interviews gewann, betrifft die ursprünglich als sehr stark eingeschätzten Auswirkungen der
kulturellen Unterschiede: "Es stellte sich heraus, dass der professionelle Hintergrund - also ob die zu Schulenden
Piloten sind oder Mechaniker - oft bedeutender ist als der kulturelle."
Integration kultureller Unterschiede statt Diversifizierung und lokaler Anpassung
Deshalb wird vom ENKE-Projektteam nun das Ziel verfolgt, kulturelle Unterschiede in das E-Training-System zu integrieren
anstatt es nach verschiedenen kulturell definierten Zielgruppen zu diversifizieren und entsprechend anzupassen.
Am Ende des Projekts soll dann die grundlegende Frage des Forschungsvorhabens geklärt werden: ob es möglich
ist, Web-basierte Trainingsmodule für eine kulturell heterogene Nutzergruppe zu entwickeln, die den gleichen
beruflichen Kontext teilt, ohne nutzerspezifische Anpassungen ("customisation") oder lokale Varianten
("localisation") notwendig zu machen. |