Brüssel (eu-commission) - Die Europäische Kommission hat beschlossen, Österreich wegen des
Verbots des Versandhandels mit Nahrungsergänzungsmitteln (Verzehrprodukten) sowie anderer Behinderungen des
Handels mit diesen Erzeugnissen vor dem Gerichtshof zu verklagen. Sie wird außerdem Belgien vor den Gerichtshof
bringen wegen des Handelsverbots für in Gefangenschaft geborene und aufgezogene Vögel. Darüber hinaus
hat die Kommission Belgien, die Niederlande und Spanien offiziell aufgefordert, ungerechtfertigte Beschränkungen
für die Vermarktung von Alarmanlagen (Belgien und Niederlande) bzw. Fahrradträgern für Pkws (Spanien)
zu beseitigen. Die Aufforderungen der Kommission ergehen in Form so genannter mit Gründen versehener Stellungnahmen,
der zweiten Stufe des Vertragsverletzungsverfahrens nach Artikel 226 EG-Vertrag. Wenn die Behörden der Mitgliedstaaten
nicht binnen zwei Monaten nach Erhalt der begründeten Stellungnahme eine zufrieden stellende Antwort an die
Kommission übermitteln, kann diese den Gerichtshof anrufen. Die Kommission ist der Meinung, dass all diese
Handelshemmnisse gegen die Vertragsbestimmungen über den freien Warenverkehr im Binnenmarkt (Artikel 28 bis
30) verstoßen.
Österreich - Versandhandel mit Nahrungsergänzungsmitteln (Verzehrprodukte)
Die Kommission hat beschlossen, den Gerichtshof anzurufen, damit er die österreichischen Vorschriften über
den Versandhandel mit Nahrungsergänzungsmitteln für unvereinbar mit dem EG-Vertrag erklärt.
Das österreichische Gesetz verbietet den Versandhandel mit diesen Produkten. Die Kommission hält ein
solches Verbot für unvereinbar mit den Bestimmungen des Vertrages über den freien Warenverkehr, weil
es Importeure benachteiligt, denn diese müssen, wenn sie solche Erzeugnisse in Österreich vermarkten
wollen, dort eine Niederlassung gründen und Handelspartner einschalten.
Nach Auffassung der Kommission verstößt es gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit,
wenn zum Zwecke des Gesundheits- und Verbraucherschutzes eine ganze Warengruppe mit einem Versandhandelsverbot
belegt wird, dieselben Waren aber, wie es in Österreich der Fall ist, auf anderem Weg frei gehandelt werden
dürfen.
Österreich - Verkauf von Nahrungsergänzungsmitteln (Verzehrprodukte) allgemein
Die Kommission wird den Gerichtshof auch wegen einer zweiten österreichischen Regelung für den
Verkauf von Nahrungsergänzungsmitteln anrufen.
In Österreich ist es gesetzlich verboten, Nahrungsergänzungsmittel vor ihrer Anmeldung beim Ministerium
für soziale Sicherheit und Generationen in Verkehr zu bringen. In der Praxis erlassen die zuständigen
österreichischen Behörden auch noch mehrere Monate nach Ablauf der Untersagungsfrist, die ihnen das Gesetz
einräumt, Vermarktungsverbote für Nahrungsergänzungsmittel.
Nach Auffassung der Kommission verstößt diese Vorgehensweise gegen den Grundsatz des freien Warenverkehrs,
weil sie Rechtsunsicherheit verursacht. Sie ist mithin im Hinblick auf das angestrebte Ziel nicht verhältnismäßig.
Belgien - In Gefangenschaft geborene und aufgezogene Vögel
In der Region Wallonien ist der Handel mit in Gefangenschaft geboren und aufgezogenen Vögeln verboten, auch
mit solchen Vögeln, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig auf den Markt gebracht werden.
Dieses Verbot ist entstanden, weil der belgische Staatsrat einen Erlass aufgehoben hat, der den Handel mit diesen
Vögeln unter bestimmten Voraussetzungen zuließ. Die Richtlinie 79/409/EWG über die Erhaltung der
wild lebenden Vogelarten ist nicht auf in Gefangenschaft geborene und aufgezogene Vögel anwendbar.
Belgien hat den juristischen Argumenten der Kommission niemals widersprochen. Es hat wiederholt versprochen, die
Rechtsvorschriften der Region Wallonien mit dem Gemeinschaftsrecht in Einklang zu bringen. Trotz dieser Zusagen
und der Zustellung einer mit Gründen versehenen Stellungnahme im Juli 2002 muss die Kommission feststellen,
dass keinerlei Fortschritte erzielt wurden und die neuen Rechtsvorschriften noch immer nicht verkündet und
veröffentlicht sind. Vor diesem Hintergrund hat die Kommission beschlossen, den Gerichtshof anzurufen.
Niederlande und Belgien - Behinderung des Handels mit Alarmanlagen
In den Niederlanden dürfen Alarmanlagen erst verkauft werden, wenn sie in einem Verfahren der Vorabgenehmigung
zugelassen worden sind. Ein solches Verfahren stellt ein Hindernis für den Zugang zum niederländischen
Markt dar, weil es den Unternehmen, die diese Produkte in den Niederlanden vermarkten möchten, zusätzliche
Kosten und Formalitäten aufbürdet. Außerdem führt es dazu, dass sich der Preis dieser Anlagen
für den Verbraucher erhöht. Nach Auffassung der Kommission verstößt dieses Verfahren nicht
nur gegen mehrere Gemeinschaftsrichtlinien (insbesondere die Niederspannungsrichtlinie, die Richtlinie über
die elektromagnetische Verträglichkeit sowie die Richtlinie über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen),
sondern auch gegen Artikel 28 und 30 EG-Vertrag.
In Belgien gab es ein ähnliches Verfahren, das jedoch seit kurzem nicht mehr angewandt wird. Der Grundsatz
der Vorabgenehmigung als solcher ist jedoch in den belgischen Rechtsvorschriften noch nicht offiziell abgeschafft
worden. Der Umstand, dass dieses Prinzip noch immer in den belgischen Rechtsvorschriften aufgeführt ist, obwohl
das Verfahren als solches in der Praxis bereits abgeschafft wurde, könnte Unternehmen davon abhalten, in Belgien
Alarmanlagen zu vertreiben, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig hergestellt oder in Verkehr
gebracht werden, und stellt damit eine Behinderung der Einfuhr solcher Produkte dar.
In beiden Fällen hat die Kommission eine mit Gründen versehene Stellungnahme an den betreffenden Mitgliedstaat
gerichtet.
Spanien - Verbot bestimmter Fahrradträger für Pkws
Die Kommission wird eine mit Gründen versehene Stellungnahme an Spanien richten, weil sie das Verbot, Fahrradträger
am Fahrzeugheck, d. h. auf dem Kofferraum oder der Anhängerkupplung anzubringen, für ungerechtfertigt
hält. Die spanische Straßenverkehrsordnung erlaubt nämlich nur Vorrichtungen, die auf dem Fahrzeugdach
angebracht werden und nicht überstehen.
Nach Auffassung der Kommission hat dieses Verbot die gleiche Wirkung wie eine unverhältnismäßige
mengenmäßige Einfuhrbeschränkung, weil es die Einfuhr von Heck-Fahrradträgern verhindert,
die in anderen Mitgliedstaaten rechtmäßig hergestellt und/oder in Verkehr gebracht werden. Solche Einfuhrbeschränkungen
sind nach Artikel 28 EG Vertrag verboten. |