Paris (esa) - Wissenschaftler in aller Welt feiern die tausendste wissenschaftliche Veröffentlichung
in Zusammenhang mit dem Infrarot-Weltraumobservatorium (ISO) der ESA. Obwohl seine Betriebsdauer bereits 1998 zu
Ende war, entpuppt sich ISO derzeit als eine der produktivsten Weltraummissionen überhaupt.
ISO war das erste Weltraumobservatorium, das in der Lage war, den Himmel im Infrarotbereich zu beobachten. Seine
„Augen“ haben uns die Entdeckung zahlreicher neuer Phänomene ermöglicht, die unsere Sicht des Universums
nachhaltig verändert haben.
Daß ein Gegenstand glüht, wenn er erhitzt wird, ist allgemein bekannt. Jedoch glüht jedes Objekt
auch bei Zimmertemperatur, allerdings in einem für das menschliche Auge unsichtbaren Licht, dem Infrarotlicht.
Hier kommen Infrarotteleskope wie ISO ins Spiel.
Auf der Erde funktionieren diese Teleskope nicht besonders gut, weil das Infrarotlicht starken Wechselwirkungen
mit der Atmosphäre ausgesetzt ist. Im Weltraum hingegen können sie ihre Wirkung voll entfalten. ISO hat
die „kühlen und staubigen“ Bereiche des Universums unter die Lupe genommen. Es ist in Staub- und Gaswolken
vorgestoßen, den Geburtsort von Sternen, und konnte erstmals die Anfangsstadien der Sternentstehung beobachten.
So entdeckte das Observatorium beispielsweise, daß die Entstehung von Sternen bereits bei Temperaturen um
–250°C beginnt. Die Wissenschaftler konnten die Bewegungen von Staub von den Regionen, in denen er entsteht
(d.h. alte Sterne, die riesige „Staubfabriken“ darstellen), bis in die Regionen verfolgen, in denen aus ihm neue
Planetensysteme entstehen. Weiter entdeckte ISO, daß die meisten jungen Sterne von Staubringen umgeben sind,
die Planeten beherbergen könnten. Außerdem gelang mit ihm die chemische Analyse der Zusammensetzung
von kosmischem Staub, wodurch ein neues Forschungsgebiet entstand, die Astromineralogie.
Die starke Wechselwirkung zwischen Wasser und Infrarotlicht hat es den Wissenschaftlern ermöglicht, mit Hilfe
von ISO das Vorhandensein von Wasser in zahlreichen unterschiedlichen Regionen des Weltraums nachzuweisen. Eine
weitere neue Forschungsdisziplin, die Astrochemie, bekam gewaltigen Auftrieb, als ISO entdeckte, daß Wassermoleküle
im gesamten Universum, selbst in entfernten Galaxien, vorhanden sind und sich im Umfeld mancher Sterne leicht komplexe
organische Verbindungen wie Benzol bilden.
„Die mit ISO erzielten Ergebnisse haben Auswirkungen auf fast alle Bereiche der Astronomie von der Kometenforschung
bis zur Kosmologie“, erläutert der ISO-Projektwissenschaftler, Alberto Salama. „Manche dieser Ergebnisse liefern
Antworten auf offene Fragen, andere werfen neue Fragen auf. Einigen dieser neuen Fragen wird bereits mit vorhandenen
Teleskopen auf den Grund gegangen; bei anderen hingegen heißt es abwarten, bis künftige Einrichtungen
einsatzbereit sind.“
Nach dem Ende der Betriebsdauer des Observatoriums im Jahr 1998 wurden seine Beobachtungen über das ISO-Datenarchiv
Wissenschaftlern in aller Welt frei zugänglich gemacht. Im Mai 2003 wurde die Marke der tausendsten wissenschaftlichen
Veröffentlichung erreicht. Das ISO-Datenarchiv ist nach wie vor eine wertvolle Quelle neuer Erkenntnisse;
in den jüngsten Publikationen wird beispielsweise über die Entdeckung von Wasser in „Protosternen“, also
Sternen in der Geburtsphase, und über die Erkundung zahlreicher naher Galaxien berichtet.
„Natürlich waren wir zuversichtlich, daß ISO gute Dienste leisten würde, aber seine tatsächliche
Produktivität geht weit über unsere Erwartungen hinaus. Die Publikationsrate scheint noch nicht einmal
ihren Höhepunkt erreicht zu haben! Wir rechnen noch mit einer Vielzahl von Ergebnissen“, so Salama.
Das ISO-Datenarchiv enthält wissenschaftliche Daten aus rund 30 000 Beobachtungen. Astronomen in aller Welt
haben bisher etwa das achtfache des gesamten Datenvolumens des Archivs heruntergeladen. Rund 35 % aller ISO-Beobachtungen
wurden bereits mindestens einmal in renommierten wissenschaftlichen Fachzeitschriften veröffentlicht.
Die Infrarot-Weltraumobservatorien der nächsten Generation sind bereits im Anmarsch: Die NASA will noch in
diesem Jahr ihr Observatorium SIRTF starten, bevor dann die ESA im Jahr 2007 mit dem Herschel-Weltraumteleskop
die von ISO geleistete Pionierarbeit fortsetzt. Das Herschel-Observatorium wird das größte abbildende
Weltraumteleskop sein, das je ins All gebracht wurde.
ISO Das Infrarot-Weltraumobservatorium (ISO) wurde 1995 gestartet und war von November 1995 bis Mai 1998, als das
für den Betrieb seiner Detektoren benötigte Kühlmittel zur Neige ging, im Einsatz. Das damals empfindlichste
Observatorium seiner Gattung hat besonders in den staubigen Regionen des Universums, wo die im Bereich des sichtbaren
Lichts arbeitenden Teleskope nichts „sehen“ können, bedeutende Beobachtungen ermöglicht. Mit dem Start
von Herschel im Jahr 2007 wird die ESA ihre Infrarot-Erkundung des Universums wiederaufnehmen.
Herschel Mit dem Herschel-Observatorium, das 2007 (zusammen mit der ESA-Kosmologiemission Planck) mit einer Ariane-5
gestartet werden soll, wird das bisher größte Weltraumteleskop seinen Betrieb im All aufnehmen. Dank
seines 3,5-Meter-Spiegels wird es in der Lage sein, die Langwellen-Infrarotstrahlung einiger der kühlsten
und entferntesten Objekte des Universums, darunter entstehende Sterne und Galaxien, zu erfassen. |