Internationale Verflechtung der österreichischen Wirtschaft weiter gestiegen  

erstellt am
22. 07. 03

Ergebnisse der Direktinvestitionsbefragung zum Jahreswechsel 2001/2002
Wien (oenb) - Nach den Ergebnissen der jüngsten Direktinvestitionsbefragung der OeNB belief sich der Wert strategischer Firmenbeteiligungen von Österreichern im Ausland (aktive Direktinvestitionen) zum Jahreswechsel 2001/02 auf 32,4 Mrd. Euro, die ausländischen Beteiligungen in Österreich (passive Direktinvestitionen) repräsentieren einen Wert von 39,0 Mrd. Euro. Gegenüber dem Stand zum Jahresende 2000 bedeutet dies jeweils eine Zunahme um rund 20%. Damit hat zwar die Dynamik im Vergleich zum Jahr davor deutlich nachgelassen - damals waren Rekordzuwächse von 40% beobachtet worden-, im Vergleich zur internationalen Entwicklung schneidet Österreich jedoch gut ab. Der jüngste World Investment Report der UNCTAD schätzte das Wachstum der Direktinvestitionsbestände weltweit 2001 auf weniger als 10%.

Bei den aktiven Direktinvestitionen ist nicht nur das investierte Kapital, sondern auch die Zahl der österreichischen Investoren gestiegen (von 917 auf 935). Diese Investoren waren zum Stichtag an 2.319 (+92) ausländischen Unternehmen beteiligt und beschäftigten insgesamt 270.100 Personen (+8,7%). Auch bei den passiven Direktinvestitio-nen stieg sowohl die Zahl der Investoren (um 26 auf 3.075) als auch die Zahl der direkt abhängigen Unternehmen (um 19 auf 2.607) leicht an. Abgenommen haben hingegen das investierte Nominalkapital (von 11,1 auf 9,8 Mrd. Euro) und die Zahl der Österreicher, die für ausländische Eigentümer arbeiten (um 5.700 auf 245.600). Damit sind in den Tochterunternehmen österreichischer Investoren im Ausland deutlich mehr Menschen beschäftigt als in Österreich bei ausländisch beeinflussten Unternehmen.

Vorschau 2002
Nach der Halbierung der weltweiten Direktinvestitionsumsätze im Jahr 2001 befinden sich die grenzüberschreitenden Firmenverflechtungen weiterhin auf Talfahrt. Nach einer im Juni 2003 publizierten Meldung der OECD ist das Ausmaß der Direktinvestitionsströme im OECD-Raum aktivseitig um mehr als 10, passivseitig sogar um gut 20% zurückgegangen. Zumindest aktivseitig hat sich Österreich laut Zahlungsbilanzstatistik diesem Trend widersetzt: Angesichts von aktiven Neuinvestitionen in Höhe von 6 Mrd. Euro dürfte der Bestand bis zum Jahresbeginn 2002 auf knapp 38½ Mrd. Euro zugenommen haben. Der passive Direktinvestitionsbestand dürfte allerdings nur wenig, um 1½ auf 40½ Mrd. Euro angewachsen sein.

Regionale Struktur
Österreich hat sich in der Vergangenheit als wichtiger Investor in den Transformationsländern Zentral- und Osteuropas positionieren können. Auch im Jahr 2001 konzentrierte sich die Zunahme an Direktinvestitionsbeständen auf diese Region (3,5 von insgesamt 5,7 Mrd. Euro). Innerhalb der Länder Mittel- und Osteuropas war die Ausweitung der Bestände in Ungarn und Russland am größten, gefolgt von der Tschechischen und der Slowakischen Republik. Auch in Polen, Bulgarien, Slowenien, Rumänien und Kroatien betrug die Zunahme jeweils mehr als 100 Mio. Euro. Die Direktinvestitionen in der EU sind um 1,1 Mrd. Euro gewachsen, am meisten in Deutschland und Großbritannien. Die stärksten Zuwächse außerhalb Europas ergab die Erhebung der OeNB in den Vereinigten Staaten und in den karibischen Offshore-Finanzzentren. Zu Jahresbeginn 2002 entfielen nur noch 38% der österreichischen DI-Bestände im Ausland auf die Europäische Union, aber bereits 36% auf Mittel- und Osteuropa (Tabelle 2). Weitere 7% der Direktinvestitionsbestände sind im restlichen Europa veranlagt, größtenteils in der Schweiz und in Liechtenstein. Unter den außereuropäischen Zielen stehen die USA und die karibischen Offshore-Finanzzentren mit jeweils mehr als 7% im Vordergrund, auf alle übrigen Länder, darunter die Schwellenländer Asiens und Lateinamerikas, entfallen weniger als 5% des österreichischen Direktinvestitionskapitals.

Noch ausgeprägter ist die Rolle Mittel- und Osteuropas, wenn man die Zahl der Beteiligungen bzw. die Beschäftigtenzahlen ins Auge fasst. Hier wurden 49 von 91 neuen Beteiligungen eingegangen und ein Beschäftigungszuwachs ereignete sich praktisch ausschließlich in Mittel- und Osteuropa (+28.000 Personen), während die Beschäftigung in allen anderen Ländern in Summe um 6.000 Personen zurückgegangen ist. Zum Jahreswechsel 2001/2002 lagen gut die Hälfte aller österreichischen Auslandsbeteiligungen in Zentral- und Osteuropa. Dort arbeiten 70 Prozent der knapp 270.000 Auslandsbeschäftigten (davon jeweils über 50.000 in Ungarn und in der Tschechischen Republik, 25.000 in der Slowakei und 20.000 in Polen). In der EU findet sich ein Fünftel, außerhalb Europas nur weniger als ein Zehntel der Beschäftigten.

Die passiven Direktinvestitionen konzentrieren sich traditionellerweise auf Deutschland und die EU. Obwohl zwischen Jahresende 2000 und 2001 die Bestände im Besitz außereuropäischer Investoren um 1,3 Mrd. Euro gestiegen sind und auch europäische Investoren außerhalb der EU ihre Direktinvestitionen in Österreich um immerhin 1,7 Mrd. Euro ausgebaut hatten, dominieren weiterhin EU-Investoren das Geschehen (3,1 Mrd. Euro). 73% der passiven Direktinvestitionen befanden sich zu Jahresende 2001 in Händen von EU-Investoren, mehr als die Hälfte davon in

deutschem Besitz. Auf das übrige Europa kommen weitere 14 Prozent, darunter vor allem die Schweiz und Liechtenstein. Auch mittel- und osteuropäische Investoren, beispielsweise slowenischer, ungarischer oder russischer Herkunft, treten vereinzelt in Erscheinung. Ihr Anteil am Gesamtvolumen ist mit 1,3% bzw. ½ Mrd. Euro allerdings nach wie vor marginal. Wichtigste außereuropäische Unternehmenseigner sind die USA mit 6%.

Branchenstruktur
Der Zuwachs an Direktinvestitionen Österreichs im Ausland war im Jahr 2001 sehr stark von Investitionen in den Finanzsektor getragen. Auf sie entfiel ein Drittel der Kapitalaufstockung von 5,7 Mrd. Euro (Tabelle 3). Ein gutes Viertel der Zusätzlichen Kapitalbestände findet sich in der Sachgütererzeugung (darunter 11 Prozentpunkte oder 670 Mio. Euro in der Chemie-/ Minearalölindustrie). Ähnlich groß (630 Mio. Euro) war auch der Zuwachs im Sektor Bergbau, Energie. Um 820 Mio. Euro wuchs der Kapitalbestand in Handelsunternehmen. Eine weitere Milliarde wird unter dem Titel "Realitäten, unternehmensbezogene Dienste" ausgewiesen, worunter überwiegend Holdinggesellschaften fallen.

Bei den passiven Direktinvestitionen dominierten 2001 im Gegensatz zu früheren Jahren die Holdinggesellschaften das Geschehen. Um 4,6 Mrd Euro ist ihr Wert gewachsen, bei einer gesamten Zunahme an Direktinvestitionskapital von 6,2 Mrd Euro. Die massiven Investitionen in solche Gesellschaften erhöhten deren Anteil am Gesamtbestand von 28 auf 35 Prozent. Daneben verdienen 2001 nur der Finanzsektor und die Elektro-/Elektronikindustrie eine gesonderte Erwähnung. In beiden Fällen bewegt sich die Kapitalerhöhung in einer Größenordnung von 650 Mio. Euro. Insgesamt hat sich damit die Struktur weiter zu Gunsten der Dienstleistungen verschoben: Ihr Anteil stieg von 2000 auf 2001 von 71 auf 74%, während auf die Sachgütererzeugung nur noch 25% entfallen.

Erträge
Die Erträge österreichischer Beteiligungsunternehmen im Ausland haben sich im Jahr 2001 gegenüber dem Vorjahr in Summe nicht verändert (Tabelle 4). Angesichts wachsender Eigenkapitalbestände hatte dies einen Rückgang der Eigenkapitalrentabilität von 6,0 auf 4,8% zur Folge. Eine genauere Beurteilung der Renditeentwicklung erlaubt die Analyse auf Unternehmensebene. Dabei zeigt sich, dass vereinzelte hohe Verluste Ursache dieser Stagnation sind, während die Masse der Beteiligungen eine positive Entwicklung genommen hat. Der Median der Eigenkapitalrentabilität verbessert sich seit 1993 fast kontinuierlich und erreichte im Jahr 2001 mit 5,6% den höchsten Wert seit 1989. Besonders erfolgreich waren einmal mehr die Beteiligungen in Zentral- und Osteuropa. In Ungarn verdoppelte sich das Jahresergebnis auf 420 Mio. Euro, die anderen MOEL trugen 700 Mio. zum positiven Jahresergebnis bei. Die Verluste konzentrierten sich auf die EU und die USA.

Rekordniveau erreichten die Erträge der unter ausländischem Einfluss stehenden österreichischen Direktinvestitionsunternehmen. Das Jahresergebnis konnte erneut um 500 Mio. Euro auf beinahe 3,5 Mrd. Euro gesteigert werden. Dieser Zuwachs steht im Einklang mit der Zunahme des Kapitaleinsatzes, sodass sich die Rentabilität mit 10,9% gegenüber dem Vorjahr praktisch nicht verändert hat.

Detaillierte Daten erscheinen als Beilage zum Statistischen Monatsheft 6/2003 und sind im Internet unter http://www.oenb.at/stat_p.htm abrufbar.
     
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