Wiener Reichsbrücke bekommt neuen Mantel  

erstellt am
22. 07. 03

Brückentragwerk selbst völlig intakt - Instandsetzung bringt auch neue Dimension für den Freizeitverkehr
Wien (rk) - Die wohl geschichtsträchtigste aller Wiener Donaubrücken, die Reichsbrücke, mit ihrer Spannbeton- Hohlkastenkonstruktion (fertig gestellt 1980) ist seit Ende Mai 2003 Gegenstand eines von der MA 29 - Brückenbau und Grundbau (Geschäftsgruppe Stadtentwicklung und Verkehr) erstellten Instandsetzungskonzepts, das voraussichtlich bis Dezember 2005 laufen wird. Vorab zum Grundsätzlichen: Bei diesem Konzept, das unter der Federführung der MA 29 und unter Einbindung mehrer anderer Magistratsdienststellen umgesetzt wird, handelt es sich gleichsam um einen neuen Mantel für die an sich intakte Brückenkonstruktion. Wesentliche Punkte bilden bei der Erneuerung die seitlichen Außenwandverkleidungen in Form von Verbundplatten, ein neuer Fahrbahnbelag, die verbreiterten Geh- und Radwege mit einer neuen Tragkonstruktion, und nicht zuletzt die Brückenrandbereiche mit Stahlleitwandsystemen nach dem neuesten Stand der Sicherheitstechnik. Zurück zum Tragwerk: Seitens der Bauleitung der MA 29 weist Ing. Erich Zsifkovits darauf hin, dass selbst bei einer eingehenden Besichtigung der Brücke von innen bzw. der U-Bahn-Schächte, keine wasserdurchlässigen Stellen festgestellt wurden. Was die Verkehrsführung betrifft, werden die seit Mitte Juli eingerichteten 2 plus 2 Fahrstreifen mit Breiten von jeweils 3,25 und 3,30 Metern je Fahrtrichtung, voraussichtlich bis Mai 2004 in Kraft bleiben. Sie verlaufen auf dem stromabwärts liegenden (unterstromigen) Brückenteil, der Baubereich befindet sich derzeit oberstromig.

Zum gegenwärtigen Baubereich selbst und den komplexen, parallel laufenden Maßnahmen: Die Randbalken - und damit die Verleidungselemente aus Leichtbeton (die fast den Ruf der gesamten Brücke gefährdet hätten) - werden komplett abgebrochen. Vorher demontiert werden die Beleuchtungsmaste und Geländer aus Walzaluminium, die, soweit notwendig - Gesamtzustand trotz der jahrzehntelangen Witterungseinflüsse sehr gut - überarbeitet werden und nach ihrer neuerlichen Montage wieder das charakteristische Erscheinungsbild der Brücke mitprägen werden. Soweit sich am Tragwerk örtliche Betonschäden zeigen - eine Frage der "Brückenkosmetik" und nicht der Statik! - erfolgt die Ausbesserung mit Kunstharzmörtel und/oder Kunststoffzement. "Mit der Bewehrung gibt es keine Probleme, die ist substantiell in Ordnung" betont das Bauleitungsteam der MA 29 (Zsifkovits, Lang, Resetarits).

Der neue Fahrbahnaufbau - hier, so Zifkovits, lässt sich der technologische Fortschritt bei der Materialwahl im Tiefbau bzw. Brückenbau deutlich erkennen: "Die Abdichtung zwischen Tragwerk und Fahrbahnaufbau besteht aus zwei Lagen Kunststoffbahnen, die alte Abdichtung besteht noch aus Aluminium. Die Tragschicht besteht aus hochstandfestem Asphaltbeton mit einer Höhe von 15 Zentimetern, darauf als Deckschicht 3,5 Zentimeter Gussasphalt". Auch die Brückenentwässerung (Rohrsystem) wird komplett ausgetauscht, die Abflüsse und Einlaufschächte - je nach Zustand - punktuell erneuert. Anschließend an die Brückenfahrbahn werden in späterer Folge in den Staubereichen vor der Brücke im 2. und 22. Bezirk (Vorgartenstraße und Schüttaustraße) auch neue Betonfelder hergestellt. Als Zeitpunkt für diese Maßnahmen ist im Plan Mitte bis Ende August vorgesehen, Fertigstellung jedenfalls noch vor Schulbeginn (rechtzeitige Information in der rk folgt noch). Auch hier besteht die Auflage, je Fahrtrichtung stets zwei Fahrstreifen offen zu halten.

Das Erscheinungsbild der Brücke - bisher durch die unansehnlich gewordenen Leichtbetonelemente eher beeinträchtigt - wird durch die neue Verkleidung (ALUCOBOND) ganz deutlich gewinnen. Dabei handelt es sich um Verbundplatten, bestehend aus zwei Aluminium-Deckblechen mit einem Kunststoff- oder mineralischen Kern. Die Platten werden entsprechend der geforderten Gesamtstärke mit variabler Kerndicke gefertigt, auf Format geschnitten und dann einbrennlackiert. Sehr günstige Werte weisen sie bei der Schallabsorption und der Wärmeausdehnung (bei 100 Kelvin Temperaturdifferenz Maßänderung an der Außenseite 2,4 Millimeter pro Meter) auf. Eine Temperaturbeständigkeit von minus 50 Grad bis plus 80 Grad dürfte für unsere Breiten genügen. In die Platten wird auch die neue Beleuchtung der Geh- und Radwege integriert sein.
   

Schneller und sicherer zu den Erholungs- und Freizeitbereichen
Die Instandsetzung der Reichsbrücke unter der Federführung der MA 29 - Brückenbau und Grundbau, umfasst nicht nur eine breite Palette von brückenbaulichen Maßnahmen im Sinne der Substanzerhaltung des Objekts sondern schließt auch ein großes Paket gemäß den letzten Standards der Verkehrssicherheit mit ein. Hier an erster Stelle zu nennen: die Wiener Stahlleitwand. Sie weist gegenüber den herkömmlichen Leitschienen (oft gefährliche Verformungen und Brüche!) eine weitaus höhere Anfahrfestigkeit auf und nimmt bei einem Unfall mit Schleudereffekt die Kräfte (Anprallmoment) deutlich besser auf als Leitschienen. Dazu kommt, dass bei Unfällen von Motorradfahrern die Gefahr des Durchrutschens wie früher unter den Leitschienen, wegfällt. Seitens der Bauleitung der MA 29 weist Ing. Erich Zsifkovits auf einen weiteren Effekt der Neuerrichtung der Brückenrandstreifen hin: Die Stahlleitwände nehmen in der Tiefe weniger Raum als die Leitschienen mit den Stehern ein, also besteht nach dem Umbau zwischen Leitwand und Brückengeländer dann ein fast einen Meter breiter Bedienungsstreifen für Wartungsarbeiten und Reparaturen, der bei Unfällen auch als Fluchtweg dient - aber normalerweise nicht als Fußweg! Stahlleitschienen mit Unterfahrschutz für Motorradfahrer werden nur mehr im Mittelbereich der Brücke zwischen den Richtungsfahrbahnen montiert.

Eine spezielle Neuerung sowohl hinsichtlich Benützerfreundlichkeit als auch Freizeitwert stellen die verbreiterten Fuß- und Radwege dar, wird von der örtlichen Brückenbauleitung (Zsifkovits, Lang, Resetarits) unisono hervorgehoben. Teilten sich früher Fußgänger, Radfahrer und Behinderte mit ihren Fahrzeugen die Frequenz, so ist im Zuge neuer Freizeitaktivitäten die große Gruppe derer dazugekommen, die mit Rollschuhen, Skatebords, Rollerblades unterwegs sind und die alle hauptsächlich zur Donauinsel wollen, und neuerdings auch die Scooter. Hatte es auf den alten Fuß- und Radwegen bei Schönwetter oft geradezu ein Gedränge gegeben, werden die neuen, wesentlich breiteren - Nutzbreite fast 5 Meter - Wege deutlich mehr Platz bieten. Die alte Konstruktion wird zur Gänze abgebrochen, an ihre Stelle kommt eine im Brückenhohlkasten (Tragwerk) verankerte Stahlkonstruktion mit einer Gesamtbreite von knapp 5,30 Metern. Auf ihr wird, weil Gussasphalt aus statischen Gründen zu schwer wäre, ein dünnerer aber dafür rutschhemmender Belag aufgebracht. Da die MA 29 bei der Instandsetzung der Reichsbrücke so wirtschaftlich wie möglich vorgeht, werden die Geländer der alten Konstruktion wieder verwendet. Im Bauzeitplan ist die Öffnung des verbreiterten - oberstromigen - Geh- und Radwegs für Mitte 2004 vorgesehen; ab dann wird der zweite erneuert, sodass immer eine Querungsmöglichkeit offen bleibt.

Weitere - radfahrer- und behindertengerechte - Verbesserungen stellen die neuen Rampen in den Bereichen rechtes Donauufer und Handelskai dar, damit werden alle Abschnitte von der Vorgartenstraße bzw. dem rechten Donauufer über die Donauinsel bis zum Hubertusdamm gleich bequem zu erreichen sein. Eine weitere Steigerung des Freizeit- und Erholungswerts und eine erleichterte Erreichbarkeit des Gastronomiebereichs wird mit der Errichtung einer Nachtautobushaltestelle der Wiener Linien in Höhe Donauinsel gegeben sein.

Zur Abrundung einer verbesserten Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer, vom Autofahrer bis zum Fußgänger, zählt auch eine entsprechende Beleuchtung. Die gesamte Brückenbeleuchtung wird durch die MA 33 - Öffentliche Beleuchtung (Geschäftsgruppe Stadtentwicklung und Verkehr) einer Revision unterzogen. Die Mastleuchten, die schon bisher die Silhouette der Brücke mitprägten, werden selbstverständlich wieder aufgestellt, aber mit neuen stromsparenden Lampen (16 Watt) ausgerüstet sein, die dennoch eine bessere Lichtausbeute haben. Auch die neuen Gehwege werden eine in die untere Blende der seitlichen ALUCOBOND- Brückenverkleidung integrierte helle Beleuchtung haben, was ebenso dem Sicherheitsgefühl der Benützer entgegenkommen wird wie die Verbesserung der Sichtbeziehungen beim Mexikoplatz.
     
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