Noch im 2. Halbjahr 2003 ein Grünbuch zum öffentlichen Auftragswesen
und zu öffentlich-privaten Partnerschaften
Wien (rk) - Im vorliegenden "EU-Grünbuch zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse"
wird der Begriff "Gemeinwohlverpflichtungen" verwendet. Er bezieht sich auf die besonderen Anforderungen
der staatlichen Behörden an einen Anbieter des betreffenden Dienstes, mit denen sichergestellt werden soll,
dass gewisse Gemeinwohlinteressen - für die Bürger unter Daseinsvorsorge zu subsumieren - erfüllt
werden; beispielsweise im Luft-, Schienen- und Straßenverkehr (ÖPNV) oder auf dem Energiesektor. Der
Begriff "öffentliches Unternehmen" wird im Allgemeinen verwendet, um die Eigentumsverhältnisse
des Leistungserbringers zu bestimmen - der Amsterdamer Vertrag fordert hier strikte Neutralität. Es spielt
keine Rolle, ob der Erbringer von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse (im weiteren Text "DvaI")
öffentlich- oder privatrechtlich organisiert ist, beide haben dieselben Rechte und Pflichten. Hier zeichnet
sich eine Schlüsselrolle der staatlichen Stellen "im Wandel" ab: Die Art und Weise, in der die staatlichen
Stellen ihren Verpflichtungen gegenüber den Bürgern (noch) nachkommen, hat sich geändert und ändert
sich weiter, die Rolle der staatlichen Stellen bei den DvaI wird den jeweiligen wirtschaftlichen, technologischen
und sozialen Bedingungen angepasst. So jedenfalls sieht das Brüssel - vom Bürger und seinen legitimen
Ansprüchen, ja seinem Recht auf die Leistungen der Daseinsvorsorge, findet sich wenig.
Während in Europa eine ganze Reihe von DvaI traditionell von den Behörden selbst erbracht wurde und wird,
beauftragen sie in zunehmendem Maß öffentliche oder private Unternehmen, oder auch öffentlich-private
Partnerschaften (PPP) mit der Leistungserbringung. Sie selbst beschränken sich auf die Festlegung öffentlicher
Zielvorgaben sowie auf Überwachung, Regulierung und gegebenenfalls Finanzierung der Leistungen. So manches
Beispiel im Ausland (vor allem auf dem Nahverkehrssektor) hat aber gezeigt, dass beim Versagen des privaten Unternehmens
oder der PPP dann wieder die öffentliche Hand einspringen muss, um einen geregelten Betrieb zu ermöglichen.
Für das 2. Halbjahr 2003 plant die EU-Kommission die Veröffentlichung eines Grünbuchs zum öffentlichen
Auftragswesen und zu öffentlich-privaten Partnerschaften. In ihrer Mitteilung "Ausbau des transeuropäischen
Verkehrsnetzes: Neue Formen der Finanzierung - Interoperable elektronische Mautsysteme", KOM(2003) 132 vom
24.04.2003, untersucht übrigens die Kommission auf der Suche nach Lösung für den Ausbau des Verkehrsnetzes
auch das Potential solcher Partnerschaften (PPP).
Auch wird die Frage aufgeworfen, ob die Entwicklung hochwertiger DvaI in den Zielkatalog der Gemeinschaft aufgenommen
werden solle? Und auch, ob die Kommission im Bereich der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen oder
nichtwirtschaftlichen Interesse zusätzliche Befugnisse erhalten solle? Wurden bisher von der Gemeinschaft
Rechtsvorschriften zu den DvaI auf Sektorbasis verabschiedet, und damit eine umfassende (übersichtliche?)
Sammlung sektorspezifischer Rechtsvorschriften entwickelt, stellt sich nun die Frage: Wäre es sinnvoll, im
Interesse einer gemeinwirtschaftlich einheitlichen Umsetzung der Grundsätze auch einen gemeinsamen europäischen
Rahmen zu erarbeiten auf der Basis der Grundsätze, die Artikel 16 des Vertrags zugrunde liegen. Also mithin
in weiterer Folge eine indirekte Kompetenzverlagerung nach Brüssel, weg von denen, die diese Leistungen bürgernah
(Länder und Gemeinden) zu erbringen haben.
Kurz darauf scheint man sich selbst zu widersprechen: "Wahrscheinlich ist es weder erstrebenswert noch möglich,
eine einheitliche, umfassende Definition des Inhalt von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse zu entwickeln"
(Zitat). |