Mittelfristige Prognose der Österreichischen Wirtschaft 2003-2007
Wien (wifo) - Die österreichische Wirtschaft wird im Zeitraum 2003 bis 2007 um durchschnittlich
2.1 % und damit um ¼ Prozentpunkt langsamer als im Durchschnitt der letzten fünf Jahre wachsen. Ausgehend
von dem weltweiten Konjunktureinbruch im Jahr 2001 sollte sich die österreichische Wirtschaft in Einklang
mit der internationalen Entwicklung im Jahreslaufverlauf 2004 wieder erholen und auf einen stabilen Wachstumspfad
einschwenken. Der Konjunkturhöhepunkt wird mit einem Wachstum von 2.8 % im Jahr 2005 erreicht. Auch in den
Folgejahren sollte das Wachstum der österreichischen Wirtschaft die 2 %-Marke übersteigen. Über
den gesamten Prognosezeitraum hinweg wird das Wachstumstempo in Österreich damit geringfügig langsamer
als in der Europäischen Union (2 ¼ %) ausfallen. Die wesentlichen Wachstumsmotoren in den nächsten
Jahren sind der private Konsum, die anziehende Investitionstätigkeit und auch die Exportwirtschaft. Während
in den letzten fünf Jahren primär der Außenbeitrag die Wirtschaftsentwicklung gestützt hat,
belebt sich im Prognosezeitraum die Binnenkonjunktur. Ausgelöst wird die heimische Konjunkturbelebung allerdings
durch die weltweite Aufhellung der Wirtschaftslage im Jahr 2004.
Bisher ist die erwartete Konjunkturaufhellung ausgeblieben. Die Weltkonjunktur ist weiterhin schwach. Die ersten
Monate des heurigen Jahres waren von den globalen Unsicherheiten im Zusammenhang mit dem Irakkrieg, dem dadurch
ausgelösten Ölpreisanstieg und dem erneuten Einbruch an den Aktienmärkten gekennzeichnet. Mit dem
Kriegsende sind die geopolitischen Unsicherheiten deutlich kleiner geworden. So sind die Rohölpreise deutlich
gefallen und auch die Aktienkurse haben sich von ihren Tiefständen erholt. Trotzdem blieb die wirtschaftliche
Dynamik bis zuletzt eher verhalten, wobei die Frühindikatoren auf eine bestenfalls geringe Belebung deuten.
Während es Anzeichen dafür gibt, dass die US-Wirtschaft auf einen stabilen Wachstumspfad einschwenken
wird, sind die Konjunkturaussichten für den Euro-Raum weiterhin gedämpft, wozu auch die markante Aufwertung
des Euro gegenüber dem US-Dollar beiträgt.
Dieser Prognose liegt folgendes internationales Konjunkturbild zugrunde. In der zweiten Jahreshälfte 2003
sollte sich die Konjunkturlage stabilisieren. Insbesondere die Wirtschaftsleistung in den USA dürfte sich
beschleunigen. Mit einer gewissen
Zeitverzögerung sollten die dadurch auf Europa ausgehenden Signale positiv wirken. Im Jahreslauf 2004 wird
sich die internationale Konjunktur dann deutlich beleben und im Jahr 2005 ihren Höhepunkt erreichen. Zur Wirtschaftsbeschleunigung
tragen die rückgestaute Nachfrage nach Investitionen und langfristigen Konsumgütern sowie das historisch
niedrige Realzinsniveau bei. In den Folgejahren wird sich das Wachstumstempo der europäischen Wirtschaft wieder
etwas verlangsamen. Über den gesamten Prognosezeitraum wird die Europäische Union mit einem durchschnittlichen
Wirtschaftswachstum von 2 ¼ % weiterhin hinter den USA zurückbleiben (3 %). Dabei wird unterstellt,
dass die Wirtschaftsreformen in Deutschland erfolgreich sind und die deutsche Wirtschaft ein durchschnittliches
Wachstumstempo von 1 ¾ % erreicht.
Der Ausblick für die heimische Binnenkonjunktur fällt mit einem durchschnittlichen Wachstum von 1.9 %
um knapp ½ Prozentpunkt günstiger als in der Periode 1998 bis 2002 aus. Für diese Entwicklung
ist primär das Anziehen der Investitionstätigkeit verantwortlich.
Der private Konsum wird die Konjunktur weiterhin stützen. Die durchschnittliche Wachstumsrate des Konsums
wird sich auf 2 % belaufen. Die für das Jahr 2005 unterstellte Steuerreform führt zu einer Belebung der
Realeinkommen. Allerdings werden die Haushalte, wie schon in der Vergangenheit, aufgrund der Steuerreform ihre
Sparquote erhöhen. Ausgehend von einem Wert von 7.5 % im Jahr 2002, steigt die Sparquote bis 2005 auf knapp
9 % und fällt dann bis zum Ende des Prognosezeitraums auf 8.5 %.
Die Investitionen werden bis zum Jahr 2007 um durchschnittlich 3.3 % wachsen. Hierbei entwickeln sich die Ausrüstungsinvestitionen
mit 4.3 % stärker als die Bauinvestitionen (1.5 %). Im Vergleich zur Periode 1998 bis 2002 belebt sich die
Investitionstätigkeit damit kräftig. Die Entwicklung bei den Ausrüstungen erklärt sich primär
durch die Nachzieheffekte nach den starken Einbrüchen (2001 und 2002) sowie durch die konjunkturbedingte Belebung
ab 2004. Hinsichtlich der Baukonjunktur wird unterstellt, dass sich die gegenwärtige Stabilisierung in der
Bauwirtschaft auch im restlichen Prognosezeitraum fortsetzt.
Die zweite Hälfte der 90er Jahre war von einem deutlichen Integrationsprozess der österreichischen Wirtschaft
in die Weltwirtschaft gekennzeichnet. Lediglich der Konjunktureinbruch 2001 hat die Expansion der internationalen
Handelsbeziehungen etwas gedämpft. Im Zeitraum 1998 bis 2002 sind die realen Exporte laut VGR pro Jahr um
durchschnittlich 8.2 % angestiegen. Die österreichische Exportwirtschaft konnte dabei Marktanteile gewinnen.
Die Exportquote ist von 43.4 % des BIP im Jahr 1998 auf 52.9 % im Jahr 2002 geklettert. Aufgrund des Importeinbruchs
im Jahr 2002 sind die realen Importe laut VGR im Zeitraum 1998 bis 2002 nur um durchschnittlich 5.7 % gewachsen.
Die außenwirtschaftliche Dynamik wird sich im Prognosezeitraum, auch wechselkursbedingt, etwas abschwächen,
der Integrationsprozess der österreichischen Wirtschaft setzt sich aber weiter fort. Die durchschnittliche
Wachstumsrate der Exporte laut VGR wird im Prognosezeitraum 4.5 % betragen, die Warenexporte werden um 5.5 % steigen.
Aufgrund der anziehenden Binnenkonjunktur, etwa im Bereich der Ausrüstungsinvestitionen, belebt sich die Importtätigkeit
(4.4 %). Der Außenbeitrag trägt aber weiterhin positiv zur Wirtschaftsentwicklung in Österreich
bei.
Die ausgezeichnete Entwicklung der österreichischen Exportwirtschaft schlägt sich in der Leistungsbilanz
nieder. Während im Jahr 2001 die Leistungsbilanz noch ein Defizit von 3.9 Mrd. Euro ausgewiesen hat, wurde
im Vorjahr bereits ein Überschuss von 1.6 Mrd. Euro erzielt. Dieser erklärt sich aber primär durch
den Importeinbruch. Im Prognosezeitraum wird eine praktisch ausgeglichene Leistungsbilanz erwartet (Überschuss
von 1.1 Mrd. Euro bzw. 0.4 % des BIP im Jahr 2007).
Mit einem durchschnittlichen Anstieg der Verbraucherpreise von 1.5 % wird die Preisentwicklung im Prognosezeitraum
ruhig verlaufen, wobei die Inflationsrate die 2-%-Marke in keinem Jahr übersteigen wird. Die Rohölverteuerung,
die Schwäche des Euro und der BSE-Skandal führten in den Jahren 2000 und 2001 zu deutlichen Preissteigerungen.
Bereits im Vorjahr hat sich der Preisauftrieb abgeschwächt, wobei sich diese Tendenz im heurigen Jahr fortsetzt.
Eine wesentliche Ursache dafür stellt die Euroaufwertung dar. Erst im Jahr 2005 wird aufgrund der Konjunkturlage
ein Anziehen der Inflation auf 1 ¾ % erwartet. Danach sollte der Preisauftrieb aber wieder auf 1 ½
% fallen. Das Institut nimmt an, dass von der Wechselkursentwicklung wie auch von den Rohstoffpreisen keine preistreibenden
Effekte ausgehen. Weiters geht das Institut davon aus, dass die beschäftigungsfreundliche Lohnpolitik weiter
fortgesetzt wird und damit die Lohnstückkosten nur verhalten steigen.
Nach dem konjunkturbedingten Einbruch im Vorjahr ergibt die Prognose einen etwas erfreulicheren Ausblick für
den Arbeitsmarkt. Die Zahl der unselbständig Beschäftigten (ohne Karenz- bzw. KindergeldbezieherInnen
und Präsenzdiener mit aufrechtem Beschäftigungsverhältnis) wird um durchschnittlich 0.5 % pro Jahr
wachsen. Bis zum Ende des Prognosezeitraums werden per saldo 83,000 neue Arbeitsplätze entstehen. Diese Beschäftigungsentwicklung
schlägt sich in einem spürbaren Rückgang in der Arbeitslosenquote nieder, allerdings steigt auch
das Arbeitsangebot relativ kräftig. Laut Modellprognose sinkt die Arbeitslosenquote (nationale Definition)
bis zum Jahr 2007 auf 6.2 %. Die Arbeitslosenquote laut Eurostat-Definition wird auf 3 ¾ % zurückgehen.
Hinsichtlich der Abschätzung der Entwicklung der öffentlichen Haushalte geht das Institut davon aus,
dass die Budgetziele des aktuellen mittelfristigen Stabilitätsprogramms bei strikter fiskalischer Ausgabendisziplin
realisiert werden können. Für heuer rechnet das Institut mit einem Budgetdefizit laut Maastricht-Definition
von 1.3 %. Nächstes Jahr dürfte sich die Budgetlage etwas verbessern, 2005 steigt aufgrund der unterstellten
Steuerreform das Budgetdefizit auf 1.5 %. In den Folgejahren sollte sich das Budgetdefizit bis auf 0.4 % reduzieren.
Hinsichtlich der Steuerreform 2005 unterstellt das Institut eine Nettoentlastung der Steuerzahler im Ausmaß
von 2.5 Mrd. Euro. Da gegenwärtig noch keine Informationen über die konkrete Ausgestaltung vorliegen,
wurde die technische Annahme getroffen, dass der Großteil der Entlastung auf die Lohn- und Einkommensbezieher
entfällt.
In der Wirtschaftspolitik wird der Fokus weiterhin auf der Verbesserung der Standortcharakteristika liegen müssen.
Die Bemühungen sollten sich vor allem auf die Verminderung der Abgabenquote im Rahmen eines Gesamtkonzeptes
eines wachstumsorientierten zukünftigen Steuersystems konzentrieren. Der Steuer-wettbewerb wird insbesondere
bei der Körperschaftssteuer und dem Lohn- und Einkommensteuertarif erhebliche Veränderungen notwendig
machen. Nach wie vor stehen auch die Lohnnebenkosten auf der Agenda. Diese Steuersenkungen werden nicht ohne weitere
Einsparungen der Länder und des Bundes möglich sein. Die Anstrengungen zur Reform der öffentlichen
Verwaltung, einschließlich Subventionsabbau, Überprüfung von Transfers, Reform des öffentlichen
Dienstrechtes, e-government, etc. dürfen nicht nachlassen. |