Einkommenseinbußen der 90er Jahre konnten ausgeglichen werden, Abwanderung
verlor an Tempo – Einkommen 2002 um 5,1 Prozent gesunken; gestiegene Subventionen verhindern stärkere Einbußen
Wien (ba-ca) - Die letzten Jahre zeigten, dass Österreichs Landwirtschaft von der Agenda 2000
Reform profitierte. Die Einkommenseinbußen nach 1995 konnten wieder großteils ausgeglichen werden und
die Abwanderung aus dem Sektor hat in den letzten Jahren an Tempo verloren. Die geplante Reform 2003 als nächster
Schritt der grundlegenden Umgestaltung des EU-Agrarregimes sollte der heimischen Landwirtschaft unter den neuen
Rahmenbedingungen weitere Vorteile bringen. So fasst Günter Wolf von der Bank Austria Creditanstalt (BA-CA)
Konzernvolkswirtschaft im jüngsten Branchenbericht die aktuelle Entwicklung der heimischen Landwirtschaft
zusammen.
Die landwirtschaftlichen Einkommen sind 2002 um 5,1 Prozent auf 2,4 Milliarden Euro gesunken. Hintergrund waren
Rückgänge bei den Produktpreisen, vor allem im Schweinemarkt. Wie schon 2000 und 2001 sind die Subventionen
wieder kräftig gestiegen und verhinderten stärkere Einkommenseinbußen. "Da drei Viertel der
Einkommen in der Landwirtschaft von Subventionen abhängen, ist die Sensibilität gegenüber Änderungen
in der Förderlandschaft naturgemäß sehr hoch", so Günter Wolf von der BA-CA Konzernvolkswirtschaft.
Mit der Agenda 2000 Reform wurden die Direktzahlungen an die Bauern deutlich aufgestockt. Österreichs kleinstrukturierte
Landwirtschaft, die unter relativ schwierigen Produktionsbedingungen arbeitet, profitiert auf jeden Fall vom Umbau
des EU-Förderregimes. Dabei verlieren Preisstützungen und Ankaufsaktionen zugunsten der Förderung
wenig intensiver und biologischer Produktionen an Bedeutung.
Zugleich mit den kräftigen Einkommenszuwächsen 2000 und 2001 hat die Abwanderung aus der Landwirtschaft
an Tempo verloren. Der Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen im Sektor, der in den letzten 50 Jahren durchschnittlich
3,8 Prozent im Jahr erreichte, hat sich auf unter 2 Prozent verringert. 2002 arbeiteten noch 136.000 Personen in
der Landwirtschaft.
Laut BA-CA Ökonom Günter Wolf haben die Landwirte und die weiterverarbeitenden Betriebe durchaus erfolgreich
auf Nachfrageänderungen im Lebensmittelmarkt reagiert. So ist beispielsweise der Selbstversorgungsgrad bei
Käse in Österreich von 82 Prozent 1999 auf 91 Prozent gestiegen. Darüber hinaus sind bemerkenswerte
Exporterfolge erzielt worden. Die Außenhandelsbilanz mit Käse war 2001 seit langem wieder positiv. 2002
erreichte der Exportüberschuss bereits 32 Millionen Euro und die Ergebnisse für das erste Quartal 2003
bestätigen anhaltende Erfolge. Vom vielzitierten Feinkostladen Europas ist Österreich allerdings noch
weit entfernt. Noch immer dominieren Rohstoffe die heimischen Nahrungsmittelexporte während höher verarbeitete
Waren importiert werden. Bei Molkereierzeugnissen liegt der durchschnittliche Exportwert pro Kilo um zwei Drittel
unter dem entsprechenden Importwert. "Die Entwicklung geht auf jeden Fall in die richtige Richtung",
so Günter Wolf optimistisch. Wie sich nicht zuletzt am kontinuierlich rückläufigen Defizit im österreichischen
Nahrungsmittelaußenhandel zeigt.
Durch die Wirkungen der Agrarreform 2003 wird sich die Struktur der österreichischen Landwirtschaft nicht
nennenswert verändern. Einerseits wurden schon mit der Agenda 2000 Reform wesentliche Weichenstellungen für
die EU-Landwirtschaft eingeleitet. Andererseits hat die Restrukturierung des Sektors bereits mit der Übernahme
des EU-Agrarregimes deutlich an Tempo zugelegt. Die größere Herausforderung für den Agrarsektor
wird die Osterweiterung, ist Günter Wolf von der BA-CA Konzernvolkswirtschaft überzeugt. Mit dem Beitritt
der zehn Länder stehen ab Mai 2004 wächst die landwirtschaftliche Nutzfläche in der EU um ein Drittel,
die Zahl der Beschäftigten im Sektor um zwei Drittel, die Zahl der Konsumenten allerdings nur um ein Fünftel.
Der Wettbewerb auf den Agrarmärkten wird sich verschärfen. Längerfristig wird der Anpassungsdruck
steigen und damit auch die Abwanderung aus der Landwirtschaft wieder zunehmen. |