Posthume Uraufführung von »Julie & Jean«  

erstellt am
29. 07. 03

Gerhard Schedls Oper wird im Rahmen von »KlangBogen Wien 2003« am 4. August im Semper-Depot aufgeführt
Wien (klangbogen) - Frei nach August Strindberg entwarf Gerhard Schedl in seinem letzten Musikdrama die Beziehung von Mann und Frau in höchster emotioneller Dichte. Dabei verzichtet er auf das sozial-realistische Ambiente des misogynen Strindberg und präsentiert fernab einer reinen Literaturoper das menschliche Aufeinanderprallen in einem fast liturgischen Rahmen. Julie und Jean scheinen in ein Dickicht von Nähe und Distanz, Begehren und Lauer verfangen, das undurchdringlich scheint.

Schedl über sein Werk: "Fräulein Julie als solches wäre eine Uralt-Metapher. Wen interessiert heute schon, daß jemand vor dem tatsächlichen Akt der heiligmachenden Ehe Sex unternommen hat. Die aristokratischen Unterschiede gibt es nicht mehr. … Ich denke, das hat sich bloß verschoben. Warum ich mich des Stoffes annehme, ist ganz einfach: dieses Modell Mann-Frau, dieses quasi Funktionieren und nie Funktionieren, also auch dieser Widerspruch muß in sich eine Synthese eingehen. Da ist Julie & Jean geradezu ein Paradefall für mein Musiktheater."

Die Regie von G. H. Seebach und das Raumkonzept von Hartmut Schörghofer kommentieren im Sinne von Schedls ganz spezifischer Lesart das Scheitern des spätbürgerlichen Liebestodes, wie ihn Wagner in Tristan und Isolde ein letztes Mal zu idealisieren wagte. Das "moderne" Individuum, zerrissen von romantischer Erlösungssehnsucht und zerstörerischer Tristan-Erotomanie, kann sich in der Liebe nicht mehr aufgeben, es bleibt einsam.

Der Kampf der Geschlechter wird zur schmerzhaften Auflehnung gegen die Unmöglichkeit, den Mangel zu überwinden, zur Ganzheit von Mann und Frau zu verschmelzen, die Erotik der Körper mit der Erotik der Herzen zu vereinen. Der Zuschauer befindet sich - je nach der ihm eigenen Perspektive - im Zentrum oder am Rande dieses erotischen Universums, in dem alles seinen Lauf nimmt zu Vernichtung und Tod.

Eine Auftragskomposition des Salzburger Landestheaters gemeinsam mit dem KlangBogen Wien 2003; Koproduktion mit dem Salzburger Landestheater / Unterstützt von den Wiener Festwochen.

Julie & Jean
Ein Match in zwölf Runden

Musiktheater nach Motiven von August Strindbergs Drama Fräulein Julie
In deutscher Sprache · Uraufführung

Musik von Gerhard Schedl
Text von Bernhard Glocksin

Premiere: Montag, 4. August 2003, 20.30 Uhr
Weitere Aufführungen: 7., 12. & 18. August 2003
Atelierhaus der Akademie der bildenden Künste (Semper-Depot)

Musikalische Leitung: Peter Keuschnig
Inszenierung: G. H. Seebach
Bühne: Hartmut Schörghofer
Kostüme: Ulrike Schörghofer
Licht: Eduard Stipsits

Festival-Orchester KlangBogen Wien
Wiener Kammerchor (Leitung: Johannes Prinz)

Julie: Maria Husmann
Jean: Wolfgang Koch
     
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