Schruns (twp.at) - Schruns im Montafon Riss der Seitenbänder und des Kreuzbandes im linken Knie, Abriss
und Einklemmung des Meniskus, Bruch des Wadenbeins, Teilriss des Seitenbandes und Abrissbruch des Kronenfortsatzes
am Ellbogen: Die Diagnose war für die ehemalige Schiweltmeisterin Renate Götschl nicht ermutigend. Zwei
Stunden lang hat sie der Vorarlberger Sportchirurg Christian Schenk nach ihrem Sturz 2002 beim Weltcuprennen im
schweizerischen Lenzerheide operiert – heute fährt Götschl im internationalen Schizirkus wieder vorne
mit.
Renate Götschl ist nicht die einzige prominente Patientin im Sanatorium Dr. Schenk im Vorarlberger Ort Schruns.
Dort sind schon Hannes Trinkl, Pepi Strobl, Martina Hingis, Janica Kostelic, Anita Wachter, Patrick Ortlieb, Marc
Giradelli, Sonja Nef, der König von Jordanien oder Caroline von Monaco auf dem Operationstisch gelegen. Doch
Schenk behandelt nicht nur bekannte Unfallopfer, denn er hat bisher mehr als 20.000 Patienten in seiner Privatklinik
operiert.
"Es haben sich in der Anfangszeit die richtigen Leute weh getan", erklärt Christian Schenk den Grund
für die Bekanntheit der Klinik. Der heute 50-jährige Wiener startete 1989 im Kurhotel Schruns mit ambulanten
Operationen. Ausgelegt war der Standort mit zwei Untersuchungsräumen, einem Operationssaal und einem Wachraum
mit drei Mitarbeitern für 200 Operationen. Am Ende der ersten Saison waren es schon 450 Operationen und elf
Mitarbeiter. "Wir haben auf einer Baustelle operiert. Dauernd wurde irgendwo erweitert", erinnert sich
Schenk.
Mehr als 2.200 Patienten pro Jahr
Als Mitte der 90er-Jahre die Zahl der Operationen pro Jahr auf 1.200 kletterte, war das Platzangebot mit 600 Quadratmetern
erschöpft. Schenk erhielt die Genehmigung zur Errichtung einer Privatklinik in Schruns. Das 6.500 Quadratmeter
große Grundstück kaufte er der Gemeinde ab. Dort steht seit 1995 das vom Bruder und Architekten Sebastian
Schenk geplante Sanatorium mit drei Operationsräumen, Aufwach- und Therapieräumen, acht Patientenbetten,
50 Tiefgaragenplätzen und einem Hubschrauberlandeplatz auf dem Dach. Die Nutzfläche hat sich mit 2.400
Quadratmetern auf drei Etagen nahezu vervierfacht.
Gegenwärtig operieren und behandeln Christian Schenk, der Assistenzarzt Wolfgang Mayer und seine 70 Mitarbeiter
etwas mehr als 2.200 Patienten pro Jahr. Dabei geht es um Verletzungen im Bereich von den Zehen bis zu den Knien
und von den Fingern bis zur Schulter. Mit fast 1.300 Eingriffen findet der Großteil der Operationen in der
Wintersaison statt. In der kalten Jahreszeit wird rund um die Uhr gearbeitet, im Sommer nur an drei Tagen in der
Woche operiert.
"Unser Geschäft beruht auf der Idee, dass wir die Verletzten aus den Schigebieten rasch versorgen können",
erläutert Schenk. Diese Verletzten – nicht nur Wintersportler - sind überwiegend Privatpatienten, denn
die öffentlichen Krankenkassen zahlen nur einen kleinen Beitrag für Behandlungen in der Privatklinik.
Wieviel Umsatz oder Gewinn Schenk mit seinen Patienten macht, bleibt trotz Nachfrage sein Geheimnis.
Zum Einsatz kommt Schenk vor allem in den Schigebieten der Hochjochbahnen über Schruns, am Golm, in der Silvretta
Nova, in Gargellen sowie in Ischgl in Tirol. Mit den Hochjochbahnen als einem der wichtigsten Frequenzbringer verbindet
Schenk mehr als nur die Versorgung der Unfälle. Denn über das Sanatorium ist er an den Hochjochbahnen
mit 1,2 Prozent beteiligt. Der Schriftzug "Sanatorium Dr. Schenk" auf den Hindernis-Schutzpolstern, die
Schifahrer vor Verletzungen schützen sollen, sorgt regelmäßig für Schmunzeln unter den Wintersportlern.
Eigene Hubschrauberflotte
Rund 30 Prozent von Schenks Patienten werden per Hubschrauber abgeholt und auf das Dach der Privatklinik geflogen.
Seit der Wintersaison 1999/2000 führen dies die Helikopter der zum Schenk-Imperium gehörenden Schenk
Air durch. Ein Helikopter ist in Schruns stationiert, der andere seit Anfang 2001 auf einem Flugdeck in 2.400 Meter
Seehöhe im Schigebiet von Ischgl. Damals war es zu Reibereien mit dem ÖAMTC gekommen, der bis dahin das
Tiroler Gebiet mit Rettungshubschraubern versorgte und einen Kampf um die zahlungskräftigen Privatpatienten
fürchtete.
Gegenwärtig gehören zur Schenk Air zwei Hubschrauber der Marke Agusta A 109 Power im Gesamtwert von acht
Millionen US-Dollar, die sich über einen Zeitraum von 15 bis 20 Jahren amortisieren sollen. Im Winter sind
beide Fluggeräte im Einsatz, der Tiroler Hubschrauber wird über die Sommermonate nach Nantes in Frankreich
vermietet, wo er Krankenhausflüge durchführt.
Die Hubschrauber werden nicht vom Sanatorium betrieben, sondern von der Schenk Luftfahrzeug Vermietungs GmbH, welche
die Helikopter an die Schenk Air GmbH für den Flugbetrieb vermietet. Beide Unternehmen gehören mit der
Sanatorium Dr. Schenk GmbH zur Schenk Holding GmbH, hinter der als Alleineigentümerin die Dr. Christian Schenk
Privatstiftung steht. "Damit soll das Sanatorium vor Haftungen nach eventuellen Flugunglücken geschützt
werden", so der begeisterte Hubschrauberpilot Schenk.
Unbegründet sind diese Vorsichtsmaßnahmen nicht. Ende Februar 2001 stürzte einer der Schenk-Hubschrauber
beim Landeanflug in Ischgl ab, der Pilot erlitt Kopfverletzungen, die Maschine hatte Totalschaden. Weniger glimpflich
verlief ein Zwischenfall im Oktober des Vorjahres. Damals verklemmte sich wegen eines technischen Gebrechens ein
Regler im Triebwerk, die Schenk-Maschine flog mit Vollgas und einem Flugretter am Bergetau durch Vorarlberg. Über
dem Harder Binnenbecken klinkte der Pilot den Bergretter aus, der den Aufprall auf dem Wasser nicht überlebte.
Der Pilot schaffte eine Notlandung.
Probleme mit den Anrainern
Die Hubschrauber haben sich nicht nur Freunde in Schruns gemacht. Zur Jahreswende 2002/2003 begann sich
der Widerstand gegen den Lärm zu formieren. Eine Plattform gegen Fluglärm sammelte mehr als 300 Unterschriften
aus der Gegend.
Anrainerin Ingrid Böhler, Sprecherin der Plattform und Frau des Arztes und FPÖ-Gemeinderates Norbert
Böhler, hat mehr als 600 Flüge auf Video aufgenommen. Sie will dokumentieren, dass viele Einsätze
ihrer Ansicht nach Bagatellflüge seien, in denen Patienten mit dem Rettungsauto transportiert werden könnten.
Deshalb soll die Zahl der Flüge massiv zurückgeschraubt werden. Vorsprachen beim Landeshauptmann waren
erfolglos, jetzt hoffen die Initiatoren nach einem Gespräch Anfang Juli auf die Unterstützung durch den
Volksanwalt. Bereits aktiv geworden ist im März 2003 die Bezirkshauptmannschaft Bludenz. Sie will die Situation
in einem Verwaltungsverfahren überprüfen.
Schenk bleibt in der Angelegenheit gelassen. "Wir haben eine Zulassung für Ambulanz- und Rettungsflüge
und halten uns an die Auflagen. Über das Jahr verteilt gibt es täglich 2,4 Starts oder Landungen, zudem
fliegen wir nur in der Wintersaison." In dem im April 2001 bei der Landesregierung eingereichten Antrag auf
Erweiterung der Landeplattform sieht Schenk eine Verminderung der Lärmbelastung. Denn durch eine absenkbare
Plattform müsse ein Hubschrauber nicht weggeflogen werden, wenn ein anderer landet. "Ganz zu schweigen
von den An- und Abflügen morgens und abends." Bis dato hat er vom Land allerdings kein grünes Licht
bekommen.
Die Gemeinde Schruns befindet sich in einem Dilemma. ÖVP-Bürgermeister Erwin Bahl möchte sich nicht
mit dem Teil der Bevölkerung anlegen, der gegen die Hubschrauber ist. Andererseits verzichtet er ungern auf
die Kommunalsteuer, die der 70-Mitarbeiter-Betrieb abliefert. Als wichtigstes Argument sieht Bahl aber den Werbeeffekt
von Schenks prominenten Patienten.
Zum offenen Konflikt wird es nicht kommen, denn dem Kampf mit den Anrainern weicht der ehemalige UNO-Soldat Schenk
aus. "Die Helikopter sind Bestandteil unseres Klinikkonzeptes. Wir können keine Einschränkung hinnehmen.
Wenn man uns hier nicht will, dann gehen wir woanders hin." Es gebe viele Interessenten in Österreich,
Deutschland und der Schweiz, die ihre Angel auswerfen würden. Einen ersten Schritt habe er vor kurzem durch
den privaten Kauf einer Immobilie außerhalb von Österreich gesetzt. Details wollte er nicht nennen.
Nur soviel: "Dorthin kann man auch den Klinikbetrieb nachziehen."
Ausbau der zivilen Flüge durch neuen Heliport
Schenk hat mit seinem Flugunternehmen noch andere Pläne. Im April dieses Jahres kaufte er von der Firma Rüscher
in Gisingen bei Feldkirch einen Heliport samt Hangar und zwei Abstellplätzen. Von dort will er ab 2004 die
in Schruns untersagten zivilen Flüge durchführen. "An diesem Heliport dürfen wir tagsüber
zivile und Rettungsflüge fliegen," erklärt Schenk den Hintergrund des Kaufes, "die zivilen
Bedarfsflüge werden wir massiv ausbauen." Für 2.500 Euro pro Flugstunde kann der Helikopter unter
anderem für Geschäftsreisen gemietet werden. Über das geschäftliche Potential des Vorhabens
für eine exklusive Klientel schweigt er sich aber aus.
Dass er den Umgang mit prominenten Fluggästen beherrscht, bewies Schenk im Frühjahr 2002. Damals flog
er den ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton zu einem Auftritt auf die Idalpe in Ischgl. "No surgery,
please", war dabei der Wunsch von Clinton. "Not yet", gab ihm Schenk zu verstehen.
Redaktioneller Hinweis:
Dieser Artikel wurde im Auftrag der Liechtensteiner Wirtschaftszeitung "Wirtschaft regional" recherchiert
und dort kürzlich veröffentlicht. Wir danken für die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung
in Österreich. |