Universitäten: mehr Erfolg durch Selbständigkeit
Wien (bmuk) - Im Regierungsprogramm sind für den Bereich Wissenschaft folgende Zielsetzungen
definiert: Die Schaffung eines modernen, leistungsfähigen Dienstrechtes, die Verbesserung der Chancen junger
Akademiker, in wissenschaftliche Karrieren einzusteigen, die Weiterentwicklung der Universitäten hin zu einer
echten Selbständigkeit, die Schwerpunktsetzung und die Verstärkung des Wettbewerbs zwischen den Universitäten.
Diese Zielsetzungen sind in einem Kräftedreieck zusammengefasst, in dessen Zentrum die Verstärkung des
Wettbewerbes zwischen den Universitäten steht und dessen Ecken durch das neue Dienstrecht, die Profilentwicklung
und die volle Rechtsfähigkeit der Universitäten gebildet werden. Das neue Dienstrecht wurde bereits im
Sommer vom Parlament in der Fassung beschlossen, die gemeinsam mit der Hochschullehrergewerkschaft erarbeitet worden
war. Heute wurden vom Ministerrat die politischen Eckpunkte für eine Gesetz zur Universitätsautonomie
und der Zwischenbericht der Arbeitsgruppe Profilentwicklung angenommen.
In den beiden Ministerratsvorträgen sind die Zielvorstellungen für die Selbständigkeit der Universitäten
und die Profilbildung enthalten. Auf Basis dieser Zielvorgaben werden ausführliche Diskussionsgrundlagen erarbeitet.
Mit der Aussendung einer umfassenden Unterlage Anfang September an die Universitäten und Interessensvertretungen,
die alle eingebrachten Gutachten enthält, wird eingeladen, sich konstruktiv an einer breiten Diskussion zur
Weiterentwicklung der Universitäten zu beteiligen. Das Ergebnis dieses Prozesses wird die Basis eines Gesetzesentwurfes
sein, der im November präsentiert werden soll und dann in Begutachtung gehen wird.
Volle Rechtsfähigkeit: Mehr Erfolg durch Konkurrenzfähigkeit, Effizienz und Top-Ausbildung für Studierende.
Ziel der Weiterentwicklung der "hohen Schulen" Österreichs durch die volle Rechtsfähigkeit
ist es, die internationale Konkurrenzfähigkeit der Universitäten auszubauen und den Studierenden eine
TOP-Ausbildung zu bieten, die ihnen auch TOP-Chancen am Arbeitsmarkt gibt. Die Autonomie der Universitäten
ist damit ein wichtiger Standortfaktor für Österreich.
Eine stärkere Effizienz durch mehr Kostentransparenz und mehr Kostenbewusstsein soll zu mehr Wirtschaftlichkeit
führen. Es geht also nicht um Ausgabenminimierung oder Budgeteinsparung, sondern um eine durch die Universität
selbstbestimmte Neuverteilung der Budgetmittel, um mehr zu erreichen. Durch die volle Rechtsfähigkeit sollen
die Leistungen in Forschung und Lehre erhöht, die internationale Wettbewerbsfähigkeit gesteigert, Flexibilität
und Freiräume geschaffen und die Universität als aktiv handelnde Institution etabliert werden.
Politische Eckpunkte für die Regelung der Autonomie
Die Universitäten werden als juristische Personen des öffentlichen Rechts konstituiert. Das bedeutet,
dass sie Einrichtungen mit eigener Rechtspersönlichkeit und umfassender Geschäftsfähigkeit werden.
Die Einrichtung und Auflösung von Universitäten erfordern einen Gesetzesakt, auch die Aufgaben der Universitäten
sind gesetzlich geregelt. Gesetzlich verankert und gewährleistet bleiben Freiheit von Wissenschaft, Kunst
und Lehre sowie die Gleichstellung von Frauen und Männern.
Die bildungspolitische Gesamtverantwortung des Staates und damit auch die Finanzierungsverpflichtung für die
Universitäten bleiben aufrecht. Anstelle von Vorschriften werden jedoch partnerschaftliche Vereinbarungen zwischen
Staat und Universitäten treten. Diese Leistungsvereinbarungen sollen Inhalte wie Aktivitäten in Forschung
und Lehre, strategische Zielsetzungen und Universitätsprofil, Dienstleistungen, gesellschaftliche Zielsetzungen
wie Erhöhung des Frauenanteils in leitenden Funktionen oder Evaluation enthalten. Die Universitäten sollen
ein Globalbudget erhalten (also eine Summe, über die sie frei verfügen können), das die Höhe
der Finanzierung für jeweils 3 Jahre festlegt. Ein variabler Anteil in der Höhe von ca. 3-6% des Budgets
soll je nach Leistung der Universität zur Verfügung gestellt werden. Kriterien und Indikatoren zur Feststellung
dieser Leistung sollen zwischen dem Bildungsministerium und der jeweiligen Universität vereinbart werden.
Zentral ist die Zusammenführung von Entscheidung und Verantwortung. Österreich ist das letzte Land, in
dem universitäre Entscheidungen fast ausschließlich durch paritätisch besetzte Gremien erfolgen.
In einer typischen österreichischen Universität gibt es derzeit mehr als 200 Gremien mit über 2000
Vertretern der Universitätslehrer und mehr als 400 Vertretern der Studierenden. Die moderne Form der Mitbestimmung
wird eine qualifizierte Mitbestimmung mit sachbezogener Mitverantwortung sein. Die Autonomie erfordert, dass das
Grundprinzip der Verantwortung und ihrer Zurechenbarkeit eingeführt werden muss. Es ist weder für die
Universität, noch für die Universitätsangehörigen zweckmäßig Entscheidungen im Bereich
der operativen Umsetzung durch Gremien zu treffen. Sinnvoll ist hingegen, wenn die Vertreter der Interessen der
Studierenden "ganz oben" (im Senat) eingebunden sind und somit alle Fragen der Ausbildung und der
Situation der Studierenden mitentscheiden und mitverantworten. Belange des Personals werden hinkünftig nicht
nur von Dienststellenausschüssen, sondern auch von Betriebsräten vertreten werden. Für die Bestellung
von Leitungsfunktionen wird das Prinzip der doppelten Legitimation gelten. Die Besetzung leitender Positionen (wie
Rektorin/Rektor, Institutsvorstand etc.) erfordert einen Vorschlag der Ebene unterhalb der zu besetzenden Position
und die Auswahl aus diesem Vorschlag durch die Ebene oberhalb der Leiterin / des Leiters. Hinkünftig wird
die Leitung der Universität aus dem Universitätsrat, dem Rektor und dem Senat bestehen.
Der Universitätsrat ist als Aufsichtsorgan konzipiert, das aus Externen besteht und die Arbeit der Rektorin
/ des Rektors begleitet und kontrolliert. Die Mitglieder des Universitätsrates werden zu gleichen Teilen von
der Bildungsministerin und vom Senat bestimmt. Sie wählen ein weiteres unabhängiges Mitglied. Insgesamt
soll der Universitätsrat 5 Personen umfassen.
Die Rektorin / Der Rektor vertritt die Universität nach außen und erhält umfassende Kompetenz und
Verantwortung. Sie / Er erstellt den Entwurf für die Leistungsvereinbarungen. Sie / Er ernennt nach dem Prinzip
der doppelten Legitimation die Leiterinnen und Leiter von Organisationseinheiten und schließt mit ihnen Zielvereinbarungen
ab. Sie / Er ist der Dienstvorgesetzte aller Universitätsangehörigen.
Der Senat genehmigt die Grundverfassung der jeweiligen Universität, wirkt nach dem Prinzip der doppelten Legitimation
an der Bestellung der Rektorin / des Rektors mit und ist bei der Erstellung der Studienpläne mitbefasst. Er
soll 12 bis 24 Personen umfassen. Die Vertreter der Studierenden sollen einem Viertel der Anzahl der Senatsmitglieder
entsprechen. Die Gruppe der nichtwissenschaftlichen Bediensteten und der Universitätslehrerinnen und –lehrer
sollen mit einem oder zwei Mitgliedern vertreten sein. Alle übrigen Mitglieder sollen aus der Gruppe der Universitätsprofessorinnen
und –professoren gewählt werden. Alle vorliegenden Gutachten und Expertisen werden auf der Internetseite http://www.weltklasse-uni.at veröffentlicht
werden. Das neue Universitätsgesetz soll mit 1. Oktober 2002 in Kraft treten.
Zwischenbericht der Arbeitsgruppe "Profilbildung"
Profilentwicklung muss eine Sache der Universitäten und ihrer Einheiten sein und kann nicht verordnet
werden. Daher werden die Universitäten bei diesem Prozess und in den notwendigen interuniversitären Abstimmungen
unterstützt werden.
Seit Dezember hat eine ministerielle Expertengruppe eine Initiative gestartet, die von folgenden Rahmenbedingungen
ausging: Die Profilentwicklung der Universitäten dient der Schaffung von Synergien und kritischer Größen
zur Erhöhung der internationalen Konkurrenzfähigkeit in Forschung und Lehre. Damit ist Profilentwicklung
kein Einsparungsprogramm, sondern ein Vorhaben zur Stärkung des Wissenschaftsstandortes Österreich. Stärken
und Kompetenzen universitärer Forschungs- und Lehreinrichtungen sollen durch Neuverteilung universitärer
Ressourcen verstärkt werden. Aus dem Zwischenbericht können folgende Entwicklungen abgeleitet werden:
Die naturwissenschaftlichen Fakultäten werden aufgefordert, eine bessere Abstimmung von gleichartigen Studien
voranzutreiben. An der Universität Wien, der TU Wien sowie der Universität Graz und der TU Graz soll
eine Abstimmung oder Zusammenfassung der Lehrangebote und Forschung in den Bereichen Chemie, Physik und Mathematik
verfolgt werden. Dem Bereich "Erd- bzw. Geowissenschaften" sollen die Dekane naturwissenschaftlicher
Fakultäten besondere Aufmerksamkeit widmen (hoher Personalstand, geringe Studierendenanzahl, mehrfache Einrichtungen).
Die von der "Österreichischen mathematischen Gesellschaft" beabsichtigte internationale Evaluierung
des Bereiches Mathematik an österreichischen Universitäten wird gefördert und unterstützt.
Die geisteswissenschaftlichen Fakultäten der Universitäten Innsbruck und Salzburg erarbeiten derzeit
neue Entwicklungspläne. Die Fakultäten für Maschinenbau der TU Wien und TU Graz haben erstmals ein
abgestimmtes Schwerpunktprogramm vorgelegt, das als noch nicht ausreichend von der Arbeitsgruppe gesehen wird .
Eine Abstimmung mit anderen betroffenen Universitäten (Montanuniversität Leoben und Mechatronik Linz)
wird empfohlen. Der Bereich der Biowissenschaften in Wien, Graz, Innsbruck und Salzburg wird derzeit begutachtet,
um die Aktivitäten zu bewerten und aufeinander abzustimmen. Die kommenden Arbeitsschwerpunkte werden unter
anderem in einer Analyse der Studienrichtungen mit auffallend wenigen Studierenden bzw. Absolventen liegen wie
auch in der Förderung der Bemühungen der geisteswissenschaftlichen Fakultäten um Neustrukturierung.
Es wird erwartet, dass die bisherigen Initiativen eine Signalwirkung für alle Universitäten und Universitäten
der Künste haben wird.
Links:
http://www.weltklasse-uni.at
Studieren in Österreich
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