Thema Unwetter – Bundeskanzler Schüssel in ZiB-Sondersendung
Transkript des Interviews zum Thema Hochwasser am 12. August 2002
HBK: Zunächst ist ganz Österreich erschüttert. Wir beklagen bisher drei Tote
und tausenden Menschen wurde durch die Fluten ihr Hab und Gut geraubt. Ich glaube, dass wir alle trauern mit den
Opfern und alles in unserer Kraft Stehende tun müssen, um zu helfen.
Das ist das erste Gebot. Das zweite: ein großes Danke- schön an die unglaubliche Bereitschaft der Exekutive,
des Bundesheers, des Roten Kreuzes und der Freiwilligenverbände und den zehntausenden Menschen, die hier wirklich
geholfen und tatkräftige Nächstenliebe geübt haben. In diesen Tagen erleben wir wirklich Tapferkeit
und Mut und Zuspruch. Ich glaube dass wir es auch schaffen werden; dass materielle Hilfe notwendig ist, steht außer
Frage. Aber ist auch sehr wichtig, dass ganz Österreich zusammenseht wie es in der Vergangenheit immer weider
bewiesen hat. Wir treten übermorgen zu einem Ministerrat zusammen. Am Montag werde ich unsere Vorschläge
dem Parlament unterbreiten, damit wir auch die gesetzlich notwendigen Maßnahmen beschließen können.
Eines ist klar: kein Mensch kann heute eine Zahl nennen, die seriös wäre. Der Schaden übersteigt
weit das Ausmaß, das mit dem Katastrophenfonds abgedeckt werden kann. Daher werde ich heute noch mit LH Pröll
und morgen mit LH Pühringer und LH Schausberger beraten. Wir werden uns am Nachmittag in der Regierung vorbereitend
zusammensetzen und am Mittwoch ein Hilfspaket schnüren.
Reporter: Dennoch ,wenn noch keine Zahlen da sind. Man spricht von Milliarden Schilling, Milliarden
Euro nicht Schilling- Können Sie vielleicht schon einen Ansatz nennen, welche Summe kann denn zur Verfügung
gestellt werden; vielleicht einen Prozentsatz? Womit können denn die Menschen rechnen?
HBK: Wir haben im Jahr rund 400 Millionen € im Katastrophenfonds zur Verfügung. Dieser speist
sich aus der Lohn- und Einkommenssteuer, der Kapitalertragssteuer und Körperschaftssteuer. Das meiste Geld
wird natürlich eingesetzt, um Katastrophen vorbeugend zu vermeiden. Das ist auch sinnvoll, denn man will ja
Katastrophen verhindern etwa durch Wildbachverbauung. Vergessen Sie nicht, heute sind z.B. sämtliche Züge
auf der Westbahn gestanden. Es sind viele Bundes- und Landstraßen massiv beschädigt worden. Hier gilt
es die Infrastruktur des Landes wieder herzustellen. Wir werden uns hier gemeinsam zusammensetzen müssen,
um wirklich ein Solidaritätsopfer für Österreich machbar zu machen, denn reden alleine genügt
hier nicht, zumal es zwar Österreich massiv getroffen hat aber nicht nur Österreich. Es ist eigentlich
ein europäisches Problem heute, denn auch viele andere Lände sind davon betroffen. Und wir alle müssen
hier in die Tasche greifen, um die Opfer nicht alleine zu lassen in ihrer Not
Reporter: Prozentsatz von Ihnen Zahlen gibt es noch keine?
HBK: Ich möchte schon, dass wir zunächst einmal die Beratungen ernst nehmen. Heute in der
Nacht und morgen gilt es zu helfen wo immer man helfen kann, um die Wassermassen zu stoppen und dabei auch die
freiwilligen Helfer nach Kräften zu unterstützen. Und so rasch wie möglich muss dann die Politik
seriöse Schätzungen liefern und auch mit konkreten Hilfen den Betroffenen unter die Arme greifen, denn
nur wer rasch hilft, der hilft doppelt. Und das wollen wir uns vornehmen. An unserem Willen wird es nicht mangeln-
wir bitten aber jetzt schon auch die Privaten zu spenden, die Spendenkonten werden laufend eingeblendet. Wir werden
natürlich auch von Seiten der Steuerzahler etwas beibringen. |
Reporter: Der Budgetspielraum, dass weis man, ist in diesem Jahr knapp. Da werden Maßnahmen
notwendig sein, Sie haben es angesprochen- aus dem Katastrophenfonds wird es nicht zu finanzieren sein.
HBK: Wir werden uns eine Mischung überlegen. Wir werden sicherlich kurzfristig Kredite aufnehmen-
das geht ja gar nicht anders aber mit Krediten alleine wird es nicht getan sein- hier wird schon konkrete solidarische
Hilfe nötig sein.
Reporter. Herr Bundeskanzler! Was aufgefallen ist in den vergangenen Tagen. Es sind Krisestäbe
der Landesregierungen unterwegs. Ist bei so einer Riesenkatastrophe, die sich gleichzeitig über mehrere Bundesländer
zieht nicht ein verstärktes Eingreifen des Bundes notwendig? Anders gefragt- man hat das Gefühl gehabt
vom Bund hat man in den letzten Tagen nicht allzu viel gehört
HBK: Die Landeshauptleute sind hier in ihren Bundesländern, die allein zuständigen und
die auch wirklich konzentriert auf alle Behörden zugreifen können auch auf die Bundesbehörden. Ich
finde, dass hat sich auch sehr gut bewährt- etwa in Salzburg, in Oberösterreich, in Niederösterreich
und den anderen Ländern. Und vielleicht hoffentlich auch in Wien. Ich hoffe nicht, dass es notwendig sein
wird- aber auch dort ist Vorsorge getroffen. Dazu bin ich aber ständig mit unseren Minister im Einsatz und
Kontakt- Herbert Scheibner der Verteidigungsminister, Willi Molterer als der Umwelt und Landwirtschaftsminister
der auch den Katastrophenfonds verwaltet. Wir haben mit dem Innenminister, der Vizekanzlerin eine erstklassige
Krisenkoordination, die funktioniert. Und der Minister Molterer war in den Bundesländern. Ich bin heute und
morgen laufend im Einsatz- Und ich glaube, dass die Organisation des Einsatzes gut funktioniert vor allem aber
Dank der vielen tausenden freiwilligen und professionellen Helfern auf die ganz Österreich stolz sein kann.
Reporter: HBK eine kurze abschließende Frage. Gerade in Vorwahlzeiten haben Politiker auch
bei solchen Einsätzen Gummistiefel an, ziehen durchs Land helfen mit. Haben Sie jemals in den letzten Tagen
überlegt Gummistiefel anzuziehen?
HBK: Die Schuhbekleidung ist jetzt nicht das Wichtigste. Wichtig ist das Herz und der Kopf. Das Herz,
dass man die Menschen nicht alleine lässt und ihnen auch das notwendige Mitgefühl zum Ausdruck bringt-
ihnen aber auch mit dem Kopf konkret hilft. Und das ist unsere Aufgabe. Das werden wir leisten, darauf können
Sie sich und darauf kann sich auch ganz Österreich verlassen.
Reprter: HBK danke, dass Sie hergekommen sind - trotz des starken Regens. |