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Politik der Woche vom 13. 07. bis 19.
07. 2002
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Thema Unwetter – Schüssel: Wiederaufbau wichtiger als andere Ziele
Zusammenfassung der Aussagen von Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel nach dem Sonder-Ministerrat
am Mittwoch und nach der Pressekonferenz am Donnerstag
Wien (övp-pd) - Man müsse nun dem Wiederaufbau zerstörter Gebiete und der Hilfe für
die Hochwasser-Opfer absoluten Vorrang einräumen, "das ist wichtiger als andere Ziele, etwa Budget ziele",
sagte heute, Dienstag, Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel im Pressefoyer nach dem Sonder-Ministerrat am Mittwoch
(14. 08.), der "volles Mitgefühl und volle Solidarität" der Bundesregierung mit den Opfern
der "schwersten Naturkatastrophe in Österreich seit Menschengedenken" zum Ausdruck brachte.
Vom Bund werde es eine Soforthilfe von 650 Millionen Euro und eine Verlängerung des Konjunkturbelebungsprogrammes
für das gesamte nächste Jahr einschließlich einer Sonder-Abschreibung für den Wiederaufbau
geben, womit auch ein notwendiger Impuls für die Wirt schaft gesetzt werde, betonte der Kanzler und sprach
den bis zu 40.000 freiwilligen Helfern größte Anerkennung und den Dank der Bundesregierung aus.
Haben auch Flutwelle der Solidarität zu verzeichnen - Treffen im BKA am kommenden Montag
zur Koordinierung der Hilfsprogramme
Die Hilfe für die Hochwasser-Opfer ruhe auf vier Säulen: individuellen Spendenaktionen, wie zB
die des ORF, die von der Bundesregierung unterstützt werde, der individuellen Hilfe der Länder, zusätzlicher
Mittel für den Katastrophenfonds und dem verlängerten Konjunktur belebungs programm. Allein die Öffentliche
Hand bringe insgesamt rund 850 Millionen Euro auf und wenn man die steuerlichen Förderungsmaßnahmen
für Spenden da zurechne, komme man auf ein Volumen von weit über einer Milliarde Eu ro, so Schüssel,
der über ein Treffen am kommenden Montag im Bundes kanzleramt mit allen Landeshauptleuten sowie dem Städte-
und Gemeindebund informierte, bei dem es darum gehen werde, die Hilfsprogramme aufeinander abzustimmen.
Die insgesamt 650 Millionen Euro Soforthilfe von Bundesseite set zen sich aus 500 Millionen zusätzlichen Mitteln
für den Katastrophen fonds - je 50 Prozent für individuelle Notfälle und den Wiederaufbau der Infrastruktur
- sowie 100 Millionen Euro aus einem Sonderprogramm zur betrieblichen Hochwasserhilfe des Wirtschaftsministeriums
und 50 Millionen Euro aus dem Umwelt- und Wasserwirtschaftsfonds zusammen, berichtete der Bundeskanzler. Schüssel
dankte den Landeshauptleuten für ihre erstklassige Leis tung als "Chefkoordinatoren" bei der Hochwasserhilfe
und würdigte die Hilfsmaßnahmen der Länder - allein in Niederösterreich und Oberösterreich
werde es je 100 Millionen Soforthilfe geben. Das Zusammenspiel zwischen den Gebietskörperschaften funktioniere
erstklassig und Österreich habe nach der Flutwelle durch das Hochwasser "auch eine Flutwelle der Solidarität"
zu verzeichnen.
Luftraumüberwachung kostengünstig finanzieren - Dank an Bundes heer
"Aus einem Budgetansatz, der ab dem Jahr 2005 entsteht und bezahlt werden muss, kann man den Menschen
heute nicht helfen", so der Bundeskanzler auf eine Journalisten frage, ob man die Budgetmittel für den
Abfangjäger-Kauf nicht für die Katastrophehilfe umwidmen sollte. "Es ist jetzt Hilfe notwendig.
Und mit Ausgaben, die ab 2005, 2006, 2007 anfallen, können Sie den Menschen jetzt nicht helfen. Und eines
sage ich ganz deutlich dazu: Keiner, der durch die Flutwelle geschädigt wurde, bekommt deswegen einen Euro
weniger an Entschädigung", betonte der Kanzler.
Schüssel zollte in diesem Zusammenhang auch dem Österreichischen Bundesheer Respekt. "Es haben immerhin
10.000 Soldaten und Wehrmänner unter zum Teil unglaublichen Umständen für Österreich gearbeitet.
Und ich finde, es fordert auch der Respekt vor einer glaubwürdigen Lan desverteidigung, dass man die Notwendigkeiten
des Bundesheeres und einer umfassenden Landesverteidigung zu Land und in der Luft ernst nimmt", so Schüssel.
"Natürlich" müssten die Abfangjäger "kostengüns tig finanziert werden, das ist
klar". "Diese Thema werden wir uns auch in den nächsten Wochen und Monaten sehr ernsthaft vornehmen,
a ber das haben wir vorher schon vorgehabt", so der Bundeskanzler.
Notsituationen verlangen Solidaritätsopfer von allen
"Im Moment haben der Wiederaufbau der zerstörten Regionen in Österreich nach dieser Flutwelle
und die Entschädigung der Opfer absolut Vorrang. Alles andere ist zurückzu reihen, egal ob das jetzt
Budgetziele oder Entlastungswünsche sind", so Schüssel. Viele dieser Forderungen seien "berechtigt
und notwendig". Im Moment hätten diese Dinge jedoch Nachrang gegenüber der Opfer-Hilfe und dem Wiederaufbau
der zerstörten Gebiete. Darüber werde die Regierung auch in den nächsten Tagen mit den Ländern
reden. "Und ich meine, dass dafür auch jeder Verständnis haben wird."
Die notwendigen Mittel für den Katastrophenfonds werden laut Schüssel "auf dem Kreditweg hereinkommen,
was ja auch absolut ver ständlich ist. Dies ist eine Notsituation, in der ein Solidaritätsop fer von
ganz Österreich verlangt wird. Und das bringen wir, indem wir auf dem Kreditweg die Zahlungsnotwendigkeiten
finanzieren und andere Dinge, die vielleicht wünschenswert sind, in ihrer Priorität überden ken
und hinten anreihen", sagte Schüssel. |
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Schüssel: Finanzielle Hilfe aus der EU wäre wünschenswert
Schüssel: "Ich habe von Premierminister Spidla einen persönlichen Brief bekommen, in dem
er sein tiefes Mit gefühl mit den Opfern in Österreich zum Ausdruck gebracht hat. Eine gleiche Geste
habe auch ich gesetzt und habe genauso Kontakt mit mei nem Amtskollegen aufgenommen." Man habe sich auch sehr
gefreut, dass trotz aller Probleme, die es gebe, eine Gruppe von Freiwilligen aus Südmähren über
die Grenze nach Niederösterreich gekommen sei "und genauso wird das selbstverständlich auch von
Seiten Österreichs möglich sein". Sobald wir in irgendeiner Weise die Hände frei haben, wird
hier natürlich die Hilfsbereitschaft über die Grenze gepflogen werden müssen, denn wir sind in einer
Region, wir sind in Mitteleuropa", betonte der Kanzler.
Er, Schüssel, unterstütze auch die Idee von Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer, wonach die Europaparlamentarier
eine Initiative setzen sollten, um auch von der EU finanzielle Hilfe zu bekommen. In dieser Frage sei das Europaparlament
am Zug, "da kann die Kommission alleine gar nichts tun, ihr sind die Hände gebunden, aber das wäre
eine schöne Aufgabe der Europaparlamentarier, hier eine Geste zu setzen". Nach Ansicht des Bundeskanzlers
sollten in dieser Frage auch die Bei trittskandidaten "mit in den Genuss kommen". Denn "es trifft
sie genauso hart wie alle anderen Menschen."
Zahlungen für Eurofighter auf 2006 verschoben
Angesichts der Hochwasserkatastro phe wird die Bundesregierung nur 18 statt der ursprünglich geplanten
24 Eurofighter beschaffen, erklärte heute, Donnerstag, Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel in einer gemeinsamen
Pressekonferenz mit Vize kanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer. Man habe ursprünglich vorgehabt, die Abfangjäger
sofort nach dem Ende der Nutzungszeit des Draken zu beschaffen - "dabei bleibt es. Wir verschieben aber die
Zahlung um ein Jahr von 2005 auf 2006. Die Hilfe für die Opfer und der Katastrophenschutz durch das Bundesheer
müssen jetzt Vorrang haben. Daher müssen 18 Flugzeuge genügen", so der Bundeskanzler.
Es wäre aus Sicht der staatspolitischen Notwendigkeit und des Bundesheeres wünschenswert gewesen, 24
oder mehr Flugzeuge zu kaufen, so Schüssel. "Die Notwendigkeit gebietet, dass wir auch hier eine entsprechende
Prioritätenreihung vornehmen. Der Vorschlag dazu ist vom Verteidigungsminister selbst gekommen, dem ich hier
dafür aus drücklich danken möchte", betonte Schüssel. Das Bundesheer müsse an gesichts
der Katastrophe derzeit mehrere Aufgaben gleichzeitig über nehmen. Daher werde es innerhalb der Ressorts zu
Mittelumschichtungen kommen.
Schüssel erklärte, allen wäre keine Katastrophe in diesem Ausmaß lieber gewesen. Die Bundesregierung
hätte viel lieber eine Punktlan dung beim Null-Budget sowie eine Steuerreform in dieser Legislaturpe riode
zustande gebracht. "Das sind wichtige Ziele und bleiben es auch. Es ist jedoch völlig klar, dass diese
jetzt Nachrang gegenüber der Opferhilfe und dem Wiederaufbau haben müssen." Der Kanzler beton te,
auch er persönlich hätte sich eine Steuersenkung bereits im nächsten Jahr gewünscht, man sei
auch schon sehr weit in den Vorbe reitungen gewesen. "Wir müssen aber der Bevölkerung jetzt ehrlich
sa gen, wir können uns das derzeit nicht leisten."
In Österreich gebe es durch die Katastrophe massive Schäden am Eisenbahnnetz, teilweise große Probleme
bei der Trinkwasserversorgung sowie beachtliche Umweltschäden. "Wir müssen diese Dinge in den Vordergrund
rücken und ich ersuche auch die Medien, weiter zu Spenden aufzurufen. Wir brauchen jetzt die persönliche
individuelle Solidari tät jedes Einzelnen."
Schüssel dankte den hauptverantwortlichen Regierungsmitgliedern sowie den Verantwortlichen in Ländern
und Gemeinden für die Zusammen arbeit zur Bewältigung der Hochwassersituation. Die Kooperation sei "in
sehr konstruktiver und partnerschaftlicher Atmosphäre" abgelau fen, die Zusammenarbeit zwischen Bund,
Ländern und Gemeinden habe "beinahe reibungslos und wirklich gut funktioniert". Auch die Maßnah
men der Verwaltungsreform hätten sich bewährt, es sei gut, dass die Landeshauptleute vor allem in Krisensituationen
ins Zentrum rücken würden. |
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Auf eine entsprechende Frage sagte Schüssel, die insgesamte Scha denshöhe sei derzeit nicht abschätzbar.
Es wäre auch "völlig unseriös", jetzt über die Höhe eines möglichen Budgetdefizits
zu sprechen. Die Aufwendungen zur Bewältigung der Katastrophe würden heuer einzu bringen sein und würden
das Defizit natürlich erhöhen. "Aber in einer außergewöhnlichen Situation ist ein ausgeglichenes
Budget hinten an zureihen. Die Frage des Defizits ist zur Zeit gar nicht entscheidend. Hilfe muss jetzt Vorrang
haben", betonte Schüssel.
Die Hilfe werde auch kombiniert mit einem Wirtschaftsbelebungs programm, so Schüssel weiter. "Es ist
notwendig und sehr sinnvoll, da wir die Menschen vor allem auch wieder in Arbeit bringen müssen. Wir müssen
jetzt auch Standortpolitik für Österreich machen. Für uns ist klar, dass wir jetzt gemeinsam mit
den Ländern alles in unserer Macht Stehende tun müssen, um das menschliche Leid und den Verlust zu lin
dern", so der Kanzler.
Es sei auch Aufgabe einer demokratischen Regierung, ins Volk zu hören und zu sagen, was jetzt Not tue. Als
Bundesregierung habe man auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen, in dieser Situation müsse man aber
handeln und Führung zeigen. Er, Schüssel, gehe auch davon aus, dass die Entscheidung für nur 18
Abfangjäger beim Anbieter EADS sicher auf Akzeptanz stoßen werde - "jeder wird die Dramatik der
Situation verstehen. Wichtig ist, jetzt ein Signal für die Bevölkerung zu setzen". Verteidigungsminister
Scheibner werde die entsprechenden Gespräche mit EADS führen.
Am kommenden Montag werde es in Wien ein Treffen mit den Länder- und Gemeindevertretern geben, um unbürokratische
und schnelle Hilfe für die Opfer sicherzustellen. Sämtliche Anträge und Formulare für Hilfsansuchen
würden in den meisten Gemeinden bereits aufliegen und entsprechende Informationsveranstaltungen für die
betroffene Bevölke rung abgehalten. "Ich werde sehr darauf drängen, dass die Hilfeleis tung so rasch
wie nur irgendwie möglich passiert", betonte Schüssel.
Der Kanzler regte an, dass sich auch die Europäische Union in Richtung einer gemeinsamen Hilfe in solchen
Katastrophenfällen etwas überlege. "Es wäre sicher im Sinne der Zugehörigkeit zur Europäischen
Familie, hier eine gewisse Vorsorge zur Verfügung zu stellen." Schüssel betonte, dies sei keine
Forderung an die EU, vielmehr eine "je denfalls überlegenswerte Anregung", mit der sich etwa der
derzeitige EU-Reformkonvent beschäftigen könnte.
Schüssel betonte, er habe immer von notwendiger Solidarität mit den Betroffenen gesprochen, eine Solidarsteuer
habe er aber nie in Aussicht gestellt. Dies sei von mancher Seite nicht richtig wiederge geben worden. Das Solidaritätsopfer
bestehe vor allem darin, die sinnvolle Entlastung der Bevölkerung auf 2004 zu verschieben. "Das kommunizieren
wir auch ganz offen", so Schüssel. Der Kanzler betonte, jede innen- und parteipolitische Frage verbiete
sich angesichts der Naturkatastrophe derzeit jedenfalls auch von selbst.
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