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Schüssel: Geld kann man nur einmal ausgeben
Kanzler setzt auf Lösung interner Spannungen in der FPÖ
Wien (övp-pd) - "Ich bin stolz, an der Spitze eines Landes zu stehen, das in der Not zusammensteht", sagte Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel am Dienstag (27. 08.) beim Pressefoyer nach dem Ministerrat. Er erwarte sich von öffentlichen Funktionsträgern, "dass wir in Notsituationen für die da sind, die die Hilfe wirklich brauchen". Er verstehe nicht, dass jemand, der die Ziele der Bundesregierung mitformuliert habe, "nicht der Hilfe für die Opfer den gleichen Vorrang einräumt, wie wir, denn Geld kann man nur einmal ausgeben".

Menschen brauchen Klarheit, dass ihnen geholfen wird - Volksbegehren würde Zweifel daran wecken, die "nicht angebracht sind"
Die Bundesregierung habe "eine klare gemeinsame Priorität", nämlich, "klaren Vorrang" für sofortige Hilfe an die Hochwasseropfer und den Wiederaufbau zu geben. Der entsprechende Beschluss sei gemeinsam gefasst worden und werde von den Beteiligten vollinhaltich mitgetragen. Zusätzlich liege der Vorschlag der Frau Vizekanzler über eine Volksbefragung auf dem Tisch, über den er seine Freunde in der Volkspartei informieren werde. "Eine Beschlusslage liegt nicht vor", so Schüssel. "Die Menschen brauchen Klarheit, sie brauchen Sicherheit, dass ihnen geholfen wird, und diese Sicherheit gibt ihnen die Bundesregierung". Er finde, dass ein Volksbegehren diesbezüglich Zweifel wecken würde, "die in der derzeitigen Situation nicht angebracht sind". Jörg Haider habe früher ein "sehr gutes Gespür für die Stimmungen im Land gehabt" und er empfehle ihm, darauf zu hören, denn über 70 Prozent der Österreicher seien bereit, ein Solidaritätsopfer für die Flutopfer zu erbringen, was auch Jörg Haider nicht unbeeindruckt lassen könne.
Zwischen einem Volksbegehren und einer Volksbefragung gebe es den klaren verfassungsrechtlichen Unterschied, dass ein Volksbegehren ein Instrument der Bürger, eine Volksbefragung dagegen ein Instrument der Mehrheit des Nationalrates oder der Bundesregierung sei. Es handle sich also um "zwei völlig unterschiedliche Instrumente", erläuterte der Kanzler.
Ein Begehren, das Geld für die Flutopfer anders auszugeben, sei jedenfalls "sehr problematisch und wird von uns sicher nicht mitgetragen", so Schüssel. Die Hilfe für die Hochwasseropfer entspreche etwa dem Volumen, das zunächst für eine steuerliche Entlastung aufzubringen gewesen wäre und die Bundesregierung habe sich entschlossen, die Opfer und den Wiederaufbau in den Vordergrund zu rücken.

 
Kanzler setzt auf Lösung interner Spannungen in der FPÖ
"Diese Regierung hat bewiesen,dass sie zusammenarbeitet und erstklassige Ergebnisse bringen kann,das sollen uns andere erst einmal nachmachen." Die Bewältigung der europäischen Krise der EU 14-Sanktionen und die nunmehrige Bewältigung einer innenpolitischen Krise, nämlich der Hochwasserkatastrophe, seien der Beleg dafür, so der Bundeskanzler. "Ich hoffe, dass die FPÖ die internen Spannungen unter der kundigen und erfahrenen Führung der Frau Vizekanzler lösen kann." Auf eine Journalistenfrage, welche Konsequenzen es für die Koalition hätte, wenn sich die Linie von Vizekanzlerin Riess-Passer in der FPÖ nicht durchsetzen sollte, sagte der Bundeskanzler, er sehe keinen Grund, in dieser Situation Was wäre wenn- Überlegungen anzustellen.


Wöchentlich 30 Millionen Euro Opferhilfe - Bevölkerung hat Prioritätenänderung von Steuerreform zu Hochwasserhilfe gut verstanden
Der Ministerrat hat sich mit der Hilfe für die Flutopfer und den Wiederaufbau der zerstörten Regionen befasst. "Es gibt dazu einen gemeinsamen, gut vorbereiteten Ministerratsvortrag, der die Gesamtsituation deutlich macht. Wir haben nach den Schätzungen, die uns bisher vorliegen, etwa fünf Milliarden Euro Schaden, von den Ländern her gemeldet." Vom WIFO gebe es eine etwas höhere Schätzung, sagte Schüssel.
"Wir glauben, dass wir mit unserem Ersthilfsangebot von 1,5 Milliarden Euro von der Öffentlichen Hand gut liegen und damit die ersten Schritte auch wirklich gut finanzieren können." Bis zur Stunde seien schon etwa 50 Millionen Euro akontiert worden und jede Woche würden mindestens 30 Millionen Euro für die Hochwasser-Opfer ausgeschüttet. Allein im Bereich der Infrastruktur seien Schäden von mindestens 200 Millionen Euro zu verzeichnen, bei den Bundes- und Landesstraßen mindestens 150 Millionen und bei den Bahnlinien zumindest 50 Millionen Euro, so Schüssel. 

 
"Insgesamt habe ich das Gefühl, dass der Wiederaufbau mit voller Stärke begonnen hat. Man spürt in allen Regionen, dass die Hilfe andie Opfer sehr koordiniert anläuft", so der Kanzler, der sich überzeugt zeigte, "dass auch in der Öffentlichkeit sehr gut verstanden wurde", dass man nach dem 11. September, der Weltwirtschaftskrise und der Flutkatastrophe Prioritäten neu ordnen und auch wünschenswerte Entlastungen in Österreich verschieben müsse, "wegen der notwendigen Hilfe für die Flutopfer".
Auf europäischer Ebene habe man "mittlerweile die Akzente verstärkt". Es gebe seit Ende vergangener Woche einen gemeinsamen Brief von Präsident Prodi sowie dem deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder und ihm selbst an alle Regierungs- und Staatschefs der EU. Darin äußere man die Bitte, einen Solidaritätsfonds einzurichten, mit demzusätzlich eine entsprechende Summe für innereuropäische Katastrophen zur Verfügung gestellt werden soll.
Überdies habe man die Möglichkeit in Anspruch genommen, vorzeitige Prämien-Auszahlungen sicherzustellen. Das hätten der Landwirtschaftsminister und die Beamten über die "Agrarmarkt Austria" bereits gemacht. Selbstverständlich habe man auch verbilligtes Futtergetreide in Anspruch genommen, so der Kanzler. Überdies überprüfe Infrastrukturminister Mathias Reichhold, inwieweit aus den Transeuropäischen Netzen Hilfen von Seiten der Union zugänglich gemacht werden könnten.