Bonn (alphagalileo) - Wissenschaftler der Universität Bonn haben ein Gen identifiziert, das Pflanzen
resistenter gegen Wassermangel macht. Sie konstruierten eine Variante, in der das Dürre-Gen häufiger
abgelesen wurde. Erfreuliches Resultat: Die gentechnisch veränderte Modellpflanze trotzt der Trockenheit deutlich
länger als die Wildpflanze. Die Ergebnisse wurden in der aktuellen Ausgabe von „The Plant Journal“ publiziert
(Band 35 Ausgabe 4 Seite 452 ff). Langfristig können sie vielleicht zur Entwicklung trockenresistenter Nutzpflanzen
beitragen.
Die Wiederauferstehungspflanze trägt ihren Namen zu Recht: Bei Wassermangel verdorrt der südafrikanische
Rachenblütler zu einem unansehnlich bräunlichen Gewächs. Doch wenn nach Wochen oder Monaten der
lang ersehnte Regen fällt, kehrt binnen weniger Stunden wie durch Geisterhand das Grün in die scheinbar
toten Blätter zurück. Bis zu 95 Prozent ihrer Wasserreserven kann die Pflanze unbeschadet verlieren und
fällt dabei in einen Tiefschlaf, in dem sie ihren Stoffwechsel nahezu auf Null zurückschraubt.
Der Notfallplan der Wiederauferstehungspflanze steht in ihrem Erbgut: Eine ganze Reihe ihrer Gene wird nur bei
Wassermangel abgelesen, andere werden komplett abgeschaltet. „Indem wir schauen, welche Erbanlagen hauptsächlich
bei Trockenheit aktiv sind, versuchen wir zu verstehen, welche molekularen Vorgänge die Pflanze so unempfindlich
machen“, erklärt Professor Dr. Dorothea Bartels vom Botanischen Institut der Universität Bonn. Ihre Arbeitsgruppe
konnte so eine Erbanlage identifizieren, die bei Wassermangel weit häufiger abgelesen wird als sonst. Erstaunlicherweise
fanden die Forscher bei der heimischen Ackerschmalwand ein Gen, das dem der Wiederauferstehungspflanze sehr ähnlich
ist – „ein großer Glücksgriff“, so Professor Bartels. Denn die Ackerschmalwand (wissenschaftlich Arabidopsis
thaliana) ist gewissermaßen die Labormaus der Pflanzengenetiker: Ein einfach zu züchtender und genetisch
leicht zu verändernder Modellorganismus, dessen Erbgut zudem schon komplett sequenziert wurde.
Das Dürre-Gen sorgt dafür, dass die Pflanze mit bestimmten Giftstoffen besser fertig wird, die sich unter
Trockenstress vermehrt bilden. Es enthält den Bauplan für das Entgiftungs-Enzym Aldehyd-Dehydrogenase
(ALDH). Die Bonner Wissenschaftler schalteten dem ALDH-Gen der Ackerschmalwand eine Art Turbolader vor, der dafür
sorgt, dass es erheblich häufiger abgelesen wird. Mit Erfolg: Die gentechnisch veränderten Pflanzen produzierten
nicht nur deutlich mehr ALDH, sie überstanden auch erheblich längere Dürreperioden. Erst nach 16
Tagen ohne Wasser waren sie komplett vertrocknet – die Wildpflanzen überlebten nur 12 Tage ohne das lebenswichtige
Nass. Auch mit erhöhten Salzkonzentrationen – in Böden trockener Regionen ein häufig anzutreffendes
Phänomen – wurden die Pflanzen mit dem Turbo-Gen besser fertig.
Langfristig können Ergebnisse wie diese vielleicht zur Entwicklung trockenresistenter Mais-, Weizen- oder
Soja-Sorten beitragen. Bedarf besteht zur Genüge: Nach einer Studie des International Water Management Institute
wird bis zum Jahr 2025 ein Drittel der Weltbevölkerung in wasserarmen Regionen leben. Tragischerweise sind
gerade die Ärmsten der Armen besonders betroffen, die zum Überleben auf den Ertrag ihrer Felder angewiesen
sind. Doch auch die Industrieländer bleiben von dieser Entwicklung nicht verschont: Allein der Dürre
von 1983 fielen in den USA die Hälfte der gesamten Mais- und ein Drittel der Sojabohnen-Ernte zum Opfer –
ein Schaden in Höhe von zehn Milliarden Dollar. Und die deutschen Landwirte rechnen angesichts der diesjährigen
extremen Trockenperiode mit bis zu 80prozentigen Ernteeinbußen. |