. . .

 
     

Umfassende Information über Umweltsituation in Österreich
Wien (pk) - Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Wilhelm Molterer hat am 31. Juli 2001 dem Nationalrat den Sechsten Umweltkontrollbericht (Berichtszeitraum 1997-2000) vorgelegt ( 115 d.B.). Auf 867 Seiten gibt der vom Umweltbundesamt erstellte Bericht umfassend Auskunft über die aktuelle Umweltsituation in Österreich. Das umfangreiche Werk ist in 20 Kapitel gegliedert, wobei folgende Themen näher behandelt werden: Bevölkerung und Flächenverbrauch, Luft, Globaler Klimawandel, stratosphärischer Ozonabbau, Gewässer, Boden, Wald, Naturschutz, Landwirtschaft, Verkehr, Industrie, Öko-Audit nach der EMAS-Verordnung der EU, Abfall, Altlasten, Energie, Lärm, Sicherer Umgang mit Chemikalien, Pflanzenschutzmittel und sonstige Biozide, Gentechnologie sowie Radioökologie.

Luft: Ozonbelastung nach wie vor hoch
Im Berichtszeitraum 1997-2000 wurde von Seiten der Europäischen Union eine Reihe von Richtlinien erlassen bzw. vorbereitet, die auch für die Luftreinhaltung in Österreich wichtige Folgen haben. Dazu gehören strengere Abgasregelungen im Kfz-Bereich und höhere Qualitätsnormen für Kraftstoffe. Teils als Folge entsprechender Regelungen der EU hat auch die Luftgüteüberwachung in Österreich eine neue legistische Basis bekommen: Mit In-Kraft-Treten des Immissionsschutzgesetzes Luft am 1. April 1998 gelten in Österreich verbindliche Immissionsgrenzwerte für die Schadstoffe Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid, Schwebestaub, Kohlenmonoxid, Benzol und Blei. Immer mehr in den Mittelpunkt der internationalen und nationalen Aufmerksamkeit ist die Schwebestaubbelastung gerückt. Etliche Gesundheitsstudien legen nahe, dass die derzeit in Österreich gemessenen Immissionsbelastungen erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung haben könnten. Schwerpunkt der Belastungen waren dabei die Großstädte Wien, Graz und Linz sowie einige verkehrs- bzw. industrienahe Standorte.
Die Emissionen der Ozonvorläufersubstanzen flüchtige organische Verbindungen (NMVOC) und Stickstoffoxide (NOx) sind im Berichtszeitraum leicht zurückgegangen bzw. konstant geblieben. Die Gesamtmenge der anthropogen emittierten NMVOC betrug 1999 231.000 Tonnen, bei NOx 171.000 Tonnen. Die Ozonbelastung ist nach wie vor als hoch einzuschätzen, wobei Differenzen auf die von Jahr zu Jahr unterschiedlichen Witterungsbedingungen zurückgehen. Wichtigster Emittent der in den letzten Jahren etwa konstant gebliebenen Stickstoffoxidemissionen ist der Verkehr. Bei NO² sind fast alle Überschreitungen an verkehrsnahen Messstellen aufgetreten. Auffällig dabei ist, dass neben dem Belastungsschwerpunkt Wien in erster Linie die Bundesländer Tirol, Steiermark und Kärnten betroffen sind. Die Emissionen von Schwefeldioxid wiederum sind von einem auch im internationalen Vergleich sehr niedrigen Niveau auf 42.000 Tonnen zurückgegangen. Auch beim Kohlenmonoxid (CO) konnte eine weitere Abnahme der Emissionen konstatiert werden.

Nitratbelasteung stellt Hauptproblem für Gewässer dar
Das fünfte Kapitel gibt sodann einen aktuellen Überblick über die Situation der österreichischen Gewässer. Grundwasser ist in Österreich die mit Abstand wichtigste Quelle für die Trinkwassergewinnung. Etwa 99 % des Trinkwassers stammen aus Grundwasser, davon etwa die Hälfte aus den Porengrundwasservorkommen der Tal- und Beckenlagen und die andere Hälfte aus den Karst- und Kluftgrundwasserquellen der Gebirgszüge. Erstellt man eine Hitliste der das Grundwasser beeinträchtigenden Substanzen, so wird diese von Nitrat angeführt: An 16 % der Messstellen wird der Schwellenwert von 45 mg/l (der Trinkwassergrenzwert beträgt 50 mg/l) überschritten. Der Schwellenwert von Desethylatrazin - einem Abbauprodukt des Herbizids Atrazin - wird an 15,5 % der Messstellen (der von Atrazin selbst an 10 % der Messstellen) überschritten.
Für das vor allem im Maisanbau eingesetzte Atrazin hat sich das Anwendungsverbot (durch Aufhebung der Zulassung) bewährt, wodurch sich der positive Trend der letzten Jahre fortsetzt. Schwieriger ist die Situation bei Nitrat. Wertet man die Daten bis Juni 1999 aus, so zeigt sich bei 13 % der Messstellen eine Verschlechterung, bei 20 % jedoch eine Verbesserung. Aber auch mit diesen ersten positiven Anzeichen bleibt die Nitratbelastung weiterhin das Hauptproblem bei der Grundwasserbewirtschaftung. Da als Hauptverursacher großräumig nur die Landwirtschaft in Frage kommt, kann auch nur durch Veränderungen in der landwirtschaftlichen Praxis eine Verbesserung erwartet werden, urteilen die Autoren. Das System der Ausweisung von Sanierungsgebieten durch die Grundwasserschwellenwertverordnung habe sich in der Praxis nicht bewährt.
Anders als das Porengrundwasser ist das Karst- und Kluftgrundwasser chemisch kaum beeinträchtigt. Nur bei 1-2 % der Quellen gibt es Grund zur Beanstandung. Allerdings haben Untersuchungen gezeigt, dass v.a. im Sommer Quellen bakteriologisch verunreinigt sind und nicht den Trinkwasserkriterien entsprechen. Als Ursache werden vor allem der Weidebetrieb und der Tourismus angesehen.
Bei den Flüssen und Bächen setzt sich der positive Trend zu einer besseren Wasserqualität fort. Waren 1966/71 noch 17 % der in den Gewässergütekarten dargestellten Gewässer nach der vierstufigen Skala mit III oder schlechter einzustufen, so sank dieser Anteil bis 1995 auf unter 5 % und bis 1998 - bei einer Erhöhung des Anschlussgrades an Kläranlagen um 5,8 % auf 81,5 % - nochmals auf unter 3 %.
Die österreichischen Seen weisen durchwegs eine gute bis sehr gute Wasserqualität auf. Die bereits in den sechziger bzw. siebziger Jahren gestarteten Seesanierungsprogramme zeigen ihre Erfolge; nur vereinzelt wird die gute Wasserqualität durch diffuse Einträge beeinträchtigt. Weniger positiv als die Wasserqualität stellt sich die Gewässerstruktur dar. Untersuchungen an 56 großen Flüssen (exkl. der Donau) belegten, dass nur noch 6 % von mehr als 5.000 km Fließstrecken dem natürlichen Flusstyp entsprechen.
Die EU-Wasser-Rahmenrichtlinie stellt sicherlich die wichtigste Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen seit Erscheinen des letzten Umweltkontrollberichtes dar, führen die Autoren zu Beginn dieses Kapitels aus. Damit wurde ein neuer Ordnungsrahmen für österreichische sowie für die EU-Wasserwirtschaft geschaffen.

Bodenzustand: Erhöhte Werte bei Blei und Kadmum
Österreich verfügt im europäischen Vergleich über umfassende Bodendaten. Aus allen Bundesländern liegen Bodenzustandsinventuren vor, wobei über 5.000 Standorte bodenkundlich beschrieben und auf Nähr- und Schadstoffe untersucht wurden. Der Großteil dieser Daten sowie die Daten von über 4.000 weiteren Standorten aus über 30 verschiedenen Untersuchungen wurden vom Umweltbundesamt in der Bodendatenbank BORIS erfasst. Erste Auswertungen aus BORIS ergaben erhöhte Bleigehalte in den nördlichen Kalkalpen, in Tirol und Kärnten. In der Steiermark treten die Richtwertüberschreitungen vor allem in Hochalmstandorten auf, wo erhöhte geogene Anteile mit Umweltbelastungen zusammentreffen dürften. Auffallend sind zudem die hohen Gehalte an Kadmium im Bereich der nördlichen Kalkalpen und in Südkärnten. Dies gibt einen weiteren Hinweis auf die spezifische Situation Österreichs, wo die Alpen als "Prallhang" Europas, verstärkt durch die Filterwirkung des Waldes, einer überdurchschnittlichen Schadstofffracht ausgesetzt sind. Neben den genannten Bodengefährdungen durch den Eintrag von Metallen spielen v.a. die Belastung mit organischen Stoffen und die Bodenversauerung, die insbesondere an Waldstandorten mit geringer Basenversorgung auftritt (z.B. Wald- und Mühlviertel, Zentralalpen) eine wesentliche Rolle.

Hohe Zuwachsraten beim Verkehr
Der Verkehrssektor stellt einen der größten Verursacher von Umweltbeeinträchtigungen in Österreich dar, und zwar was den Energieverbrauch, die Schadstoff- und Lärmemissionen, den Flächenverbrauch, die Oberflächenversiegelung, die Zerschneidungseffekte von Ökosystemen und die Auswirkungen auf das Landschaftsbild angeht. Die Entwicklung der Fahrleistung in Österreich zeigt zudem einen starken Anstieg des Personen- und Güterverkehrs. Der größte Anteil des gesamten Transportgeschehens entfällt dabei auf den Personenverkehr. In Österreich wurden im Jahr 2000 122 Mrd. Personenkilometer (1970: 61 Mrd. Pkm) zurückgelegt, wovon beinahe 65 % im motorisierten Individualverkehr (Pkw, Mofa, Motorrad) und etwa 7 % im Flugverkehr zurückgelegt wurden. Hohe Zuwachsraten verzeichnete in den letzten Jahren der Straßengüterverkehr, jene Verkehrsart, welche von der Bevölkerung aufgrund der hohen Schadstoff- und Lärmemissionen am deutlichsten negativ wahrgenommen wird. Bedingt durch die spezielle geographische Lage und Situation ist Österreich besonders stark vom Gütertransitverkehr betroffen. Allein von 1987 bis 1998 stieg die Transportleistung des Straßengüterverkehrs um fast 120 % an und hat sich in diesem Zeitraum somit mehr als verdoppelt. Noch weitaus stärker sind die Zunahmen im Flugverkehr - der Personenverkehr hat sich in den letzten 12 Jahren mehr als verdreifacht.
Demgegenüber sind die Fahrleistungen jener Verkehrsmittel, welche die geringsten Auswirkungen auf die Umwelt haben, gesunken bzw. stagnieren. Im Fußgängerverkehr, Radverkehr, öffentlichen Personennahverkehr und im Bahnverkehr sind die Fahrleistungen im Personenverkehr gesunken; lediglich im Güterverkehr konnte die Transportleistung der Bahn leicht erhöht werden.
Bei der Reduktion von Schadstoffemissionen bei den einzelnen Fahrzeugen konnten in den letzten Jahren zwar Erfolge erzielt werden (z.B. bei Blei, Schwefeldioxid, Kohlenwasserstoffe, Kohlenmonoxid), die jedoch durch die stark gestiegenen Fahrleistungen überlagert wurden. Einen kontinuierlichen Zuwachs gab es zudem beim Energieverbrauch und beim CO²-Ausstoss. So sind die gesamten Kohlendioxidemissionen aus dem Verkehrssektor von 1980 bis 1999 von 13,1 Mill. t auf 20,2 Mill. t angestiegen (+ 35 %).
In einer Studie der WHO (1999) wurden die Gesundheitskosten ermittelt, die in Österreich durch die verkehrsbedingte Luftverschmutzung hervorgerufen werden. Obwohl die Studie nur die Luftverschmutzung durch den Straßenverkehr berücksichtigt, wurde festgestellt, dass etwa 2.400 Todesfälle pro Jahr auf diesen Faktor zurückzuführen sind. Damit sterben mehr als doppelt so viele Personen an straßenverkehrsbedingten Luftschadstoffen als bei Verkehrsunfällen.

Ökopunkte-System und Road-pricing
Österreich verfügt mit dem Ökopunktesystem seit 1991 über ein wirksames verkehrsbeschränkendes Instrumentarium zur Begrenzung der Umweltbelastung durch den Straßengütertransitverkehr. Die Anzahl der Fahrten mit umweltfreundlicheren Fahrzeugen konnte seit Einführung des Systems deutlich erhöht werden. Die angestrebte Reduktion der NOx-Emissionen um 60 % von 1991 bis 2003 werde jedoch nicht zu erreichen sein. Grund dafür ist der starke Anstieg der Anzahl der Gesamtfahrten in den letzten Jahren.
Die Einführung eines Systems zur Internalisierung externer Kosten in Form eines Road Pricing-Systems wird in Österreich seit Jahren diskutiert. Vorgesehen ist als erster Schritt eine leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe für Lastkraftwagen auf Autobahnen. Schwere Nutzfahrzeuge zeigen hohe Emissionswerte bei Schadstoffen und Lärm und tragen in überdurchschnittlich hohem Ausmaß zur Abnützung der Straßenverkehrsinfrastruktur bei. Das Road Pricing beschränkt sich jedoch auf die Internalisierung jener Kosten, die zum Erhalt der Infrastruktur aufgewendet werden müssen; die eingenommenen Mittel fließen zu 100 % in den Straßenbau.

Österreichs Abfallwirtschaft im europäischen Vergleich
Die Europäische Umweltagentur (EEA) veröffentlicht jährlich Berichte zur Umweltsituation in ihren Mitgliedsländern. Dabei zeigte sich, dass Österreich hinsichtlich fast aller Abfallindikatoren im europäischen Spitzenfeld liegt. Bei dem Aufkommen von Abfällen aus Haushalten pro Einwohner hat - neben einem weiteren Staat - nur Österreich den Zielwert des 5. Umweltrahmenprogramms der EU erreicht. Was den Prozentsatz an biologisch abbaubaren Abfällen, die auf einer Deponie entsorgt werden, betrifft, weist Österreich gemeinsam mit Dänemark die geringsten Werte auf und erfüllt schon jetzt die Vorgaben der EU-Deponierichtlinie für 2016. Dieser Erfolg könne zum Teil dadurch erklärt werden, dass Österreich einer derjenigen Staaten ist, die die Kosten für die Deponierung von Abfällen durch staatliche, ökonomische Maßnahmen erhöhen. Bei der Verwertung von Verpackungsabfällen liegt Österreich für alle betrachteten Verpackungsmaterialien unter den drei besten Staaten.

Weitere Erfolge bei der Altlastsanierung
Im Rahmen der Vollziehung des Altlastensanierungsgesetzes wurden bis Dezember 2000 186 Deponien und industrielle bzw. gewerbliche Standorte als sanierungsbedürftige Altlasten eingestuft. Die entsprechenden Sanierungsmaßnahmen verursachten bisher Kosten von insgesamt 10 Mrd. S. Ausgehend von den bisherigen Erfahrungen und unter Annahme verbesserter rechtlicher Rahmenbedingungen ist in den nächsten 20 Jahren eine Größenordnung von 50 Mrd. S für die Sanierung der Altlasten erforderlich. Bundesweit ist dabei mit ca. 2.500 Altlasten zu rechnen. Seit Erscheinen des 5. Umweltkontrollberichts wurden weitere Fortschritte bei der - nach bundesweit einheitlichen Kriterien erfolgenden - Altlastensanierung erzielt: 29 Altlasten wurden saniert bzw. gesichert; an 57 Altlasten sind derzeit Maßnahmen im Gange; an 169 Deponien bzw. industriellen/gewerblichen Standorten werden derzeit vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft finanzierte Untersuchungen des Grundwassers bzw. des Bodens durchgeführt; 4.650 Altstandorte, an denen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen wurde, sind neu identifiziert und werden hinsichtlich der Notwendigkeit zur Durchführung weiterer Maßnahmen geprüft.

Bevölkerung und Flächenverbrauch
Die Bevölkerung Österreichs zählte am 31.12.1999 8.106.985 Einwohner, um 4 % mehr als im Jahr 1991. Das größte Bevölkerungswachstum war dabei in Salzburg (16,3 %), Vorarlberg (14,2 %) und Tirol (13,9 %) zu verzeichnen. Der Bericht gibt auch Auskunft über den Flächenverbrauch, wie die irreversible Inanspruchnahme land- und forstwirtschaftlicher Flächen für Siedlungs-, Verkehrs- und Wirtschaftszwecke sowie für die Entsorgung und Energiegewinnung bezeichnet wird. Dieser lasse sich nur sehr grob schätzen, Experten gehen jedoch von einem gesamten Flächenverbrauch in der Höhe von 15 bis 25 ha pro Tag aus. Das entspricht einem Pro-Kopf-Verbrauch von 7 bis 12 m²/Jahr und Person.