. . . Fortsetzung |
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Konjunktureinbruch, Krise oder Rezession? Für die Aktuelle Stunde hatte die SPÖ das Thema "Bekämpfung der Rezession durch eine offensive
Wachstums- und Beschäftigungspolitik" gewählt. SPÖ-Vorsitzender Dr. GUSENBAUER machte als Erstredner
darauf aufmerksam, dass schon vor den "schrecklichen Anschlägen" am 11. September in Washington
und New York die internationalen Konjunkturdaten "nicht unbedingt nach oben gewiesen haben" und es eine
Diskussion gegeben habe, ob es sich um einen globalen Konjunktureinbruch oder eine Rezession handle. Inzwischen
sei klargestellt, dass es in Österreich in diesem Jahr zu einer Halbierung des langjährigen durchschnittlichen
Wachstums kommen werde und die Arbeitslosenzahl steige. Gleichzeitig werde man auf eine internationale Konjunkturerholung
warten müssen. Wirtschaftsminister Dr. BARTENSTEIN warf dem gegenüber der SPÖ vor, eine Krise herbeizureden. Seiner
Auffassung nach befindet sich Österreich weder am Rande noch in einer Rezession, vielmehr sei man von einer
solchen Entwicklung weit entfernt. So werde das Wirtschaftswachstum heuer rund 1,5 Prozent betragen und könnte
nächstes Jahr um einen weiteren halben Prozentpunkt nach oben gehen. Abgeordneter VERZETNITSCH (S) wies den Vorwurf, die SPÖ rede eine Krise herbei, zurück. Seiner Meinung
nach ist es Zeit zu handeln. Immerhin gingen heuer erstmals seit Jahren die Masseneinkommen zurück, steige
die Arbeitslosenrate wieder an und würden große Konzerne Mitarbeiter entlassen. Gleichzeitig würden
alle Prognosen auf ein deutlich schwächeres Wachstum hinweisen, ohne dass die USA der erhoffte Konjunkturmotor
für Österreich und Europa sein werde. Abgeordneter Mag. TANCSITS (V) unterstrich, die Koalition lasse keine Rezession herbeireden und werde vom Ziel
der Vollbeschäftigung ohne Neuverschuldung nicht abgehen. Der Forderung der SPÖ, "in Neuverschuldung
zu gehen", setze die Koalition von Anfang an ein klares Nein entgegen, versicherte er. Man dürfe nicht
planlos und aus Prinzip Schulden machen". Auch Abgeordneter GAUGG (F) zeigte sich zuversichtlich, dass die Regierung "die schwierigen Zukunftsaufgaben"
bewältigen werde und machte darauf aufmerksam, dass die aktuelle Beschäftigungslage besser sei als jene
vor zwei Jahren. Seiner Meinung nach hätte sich die SPÖ die nunmehrigen Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsdaten
zu ihren Regierungszeiten nur wünschen können. Abgeordneter Mag. KOGLER (G) präsentierte ein Titelblatt der Zeitschrift "Economist" vom 25.
August, auf dem ebenfalls von einer Rezession die Rede ist, und meinte, für "Schönreden" gebe
es tatsächlich wenig Anlass. Immerhin sei in allen drei großen Wirtschaftszentren - Nordamerika, Europa
und Japan - ein entsprechender Wirtschaftsabschwung festzustellen. Finanzminister Dr. GRASSER wies Behauptungen zurück, wonach sich Österreich oder Europa in einer Rezession
befänden und bekräftigte, dass es lediglich eine Wachstumsabschwächung gebe. In einer Rezession
schrumpfe die Wirtschaft, Österreichs Wirtschaft werde heuer aber um 1,5 Prozent wachsen, in einer Rezession
würden die Arbeitslosenzahlen steigen, Österreich habe aber eine Rekordbeschäftigung, in einer Rezession
gebe es weniger Unternehmensgründungen, in Österreich gebe es in diesem Bereich aber einen Rekordstand,
in einer Rezession würde die Exportkurve abflachen, Österreich habe aber bei den Exporten Rekordzahlen,
untermauerte er seine Position. Außerdem seien sowohl die Wirtschafts- als auch die Arbeitsmarktdaten heuer
besser als 1999. Abgeordnete SILHAVY (S) reagierte auf die Ausführungen des Finanzministers mit dem Hinweis auf das Absinken des Konsums in den USA auf das Niveau von 1990 und den daraus weiter resultierenden wirtschaftlichen Konsequenzen. Die wichtigste Voraussetzung gegen Aggression sei soziale Gerechtigkeit, Chancengleichheit und Sicherheit und in dieser Hinsicht sei auch die österreichische Politik gefordert. Für Silhavy ist das Zusammentreffen des Sozialberichts der Kirchen, der ÖGB-Urabstimmung und des Volksbegehrens zu sozialer Gerechtigkeit kein Zufall. Die Rednerin befürchtet zweistellige Zuwachsraten bei der Arbeitslosigkeit und sprach in diesem Zusammenhang die Situation auf dem Lehrstellenmarkt an, der mit einer Arbeitslosenrate von 14,7 % betroffen ist. Sie kritisierte die Kürzungen der Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik und meinte, dass diesem Bereich in vier Jahren 34 Mrd. S entzogen würden. Die Bundesregierung und insbesondere Bundesminister Bartenstein seien daher gefordert, neue Wege zu gehen. Für Abgeordneten KOPF (V) stellte sich die bisherige Diskussion so dar, als ob Opposition und Regierung von zwei verschiedenen Ländern sprächen. Ein Wirtschaftswachstum von 1,7 % sei wahrlich keine Rezession, auch hätte man in Österreich mit 3,2 Millionen Beschäftigten einen Rekord zu verzeichnen. Die Neuverschuldung werde sogar nur 0,6 % anstelle der veranschlagten 0,75 % betragen. Zur Untermauerung seiner These, dass die Bundesregierung auf dem richtigen Weg sei, zog Kopf einen Vergleich mit Deutschland, dessen Politik zeige, dass neue Schulden nicht automatisch neue Arbeitsplätze schaffen. Die Haltung der Opposition, den Teufel an die Wand zu malen, bezeichnete er insofern als problematisch, als für die wirtschaftliche Entwicklung auch die Stimmung und nicht nur Zahlen und Fakten ausschlaggebend seien. Die Bundesregierung, so der V-Abgeordnete, habe daher mit einer Sonderaktion für den Export, mit Mitteln in der Höhe von 11,8 Mrd. S für die aktive Arbeitsmarktpolitik, mit zusätzlichen 7 Mrd. S für Bildung, mit einer Anhebung der Forschungsquote, mit Investitionen von 5,2 Mrd. S in die Infrastruktur sowie mit dem Willen, die Abgabenquote und Lohnnebenkosten zu senken, entsprechend reagiert. Abgeordneter Mag. TRATTNER (F) bedauerte es, dass die Opposition Zahlen nicht zur Kenntnis nehme, und führte an, dass im Jahr 2000 die Masseneinkommen um 1,7 % im Gegensatz zu 0,9 % im Jahr 1997 gestiegen seien. Die österreichische Wirtschaft wachse weiter, es werde in die Infrastruktur investiert und die Bauoffensive bringe zusätzliche Gelder für den Straßenbau, für die Tunnelsicherheit und für Bauvorhaben bei historischen Objekten. Durch das Kinderbetreuungsgeld komme es auch zu einer Erhöhung der Kaufkraft um 9 Mrd. S, meinte Trattner. Er wandte sich strikt dagegen, vom Nulldefizit abzugehen und wies abermals auf die Bundesrepublik Deutschland hin, wo es trotz eines hohen Defizits hohe Arbeitslosenraten und ein niedrigeres Wirtschaftswachstum gebe. Die wirtschaftliche Situation in Österreich sei sicherlich schwierig, räumte der Redner ein, die Zahlen in Österreich seien aber dennoch gut. Es bedürfe aber eines nationalen Schulterschlusses, um die schwierige wirtschaftliche Situation zu bewältigen. Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG (G) betonte, dass es ihres Wissens nach seit den Fünfziger Jahren in Österreich keine Rezession gegeben habe. Es sei in der heutigen Situation jedoch legitim, Maßnahmen einzufordern, da man durchaus von einer Krise sprechen könne, wenn die Wirtschaftsdaten nach unten zeigen. Auch der Begriff "Rezession" unterliege einer Neudefinition, da man heute bereits davon spreche, wenn die Wirtschaftsdaten in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen sinken. Die Maßnahmen der Regierung bezeichnete sie als "alte Hüte", denn das Kindergeld korrespondiere beispielsweise nicht einmal mit den Steuererhöhungen und vermindere zudem die Frauenerwerbsquote. Sie kritisierte, dass man die Investitionen in Bildung und Forschung nur mit den Katastrophenjahren vergleiche und nicht mit dem OECD-Durchschnitt. Die Infrastrukturmaßnahmen sind aus ihrer Sicht ein Rezept aus den Siebziger Jahren, da der Straßenbau nicht die erwünschten Auswirkungen auf die Beschäftigung habe. "Die Autobahnen der Zukunft sind digital", sagte Glawischnig und schloss mit der Feststellung, dass es "schädlich und sinnlos" sei, vom Nulldefizit nicht abrücken zu wollen. Nach Beendigung der aktuellen Stunde kündigte Präsident FISCHER an, dass die Grünen den Dringlichen Antrag 502/A(E) mit dem Thema "Positionen der Bundesregierung zur ÖGB-Urabstimmung" eingebracht haben. Gemäß dem Präsidialbeschluss in einem solchen Fall, die Tagesordnungspunkte 2 und 3 betreffend Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes für das Jahr 1999 ( III-73 d.B.) sowie Sonderbericht des Rechnungshofes über die Bankenaufsicht ( III-92 d.B.) von der Tagesordnung zu nehmen, stimmten alle Fraktionen dieser Änderung der Tagesordnung zu. |