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Gusenbauer: Keine Äquidistanz zwischen Terror und Freiheit
Internationale Geschlossenheit und Befriedung des Nahen Osten sind Voraussetzung für Terrorbekämpfung
Wien (sk) - Im Anschluss an eine Schweigeminute zum Gedenken an die Opfer der Terroranschläge vom 11. September und einer Stellungnahme des Geschäftsträgers der US-Botschaft in Wien, Daniel Weygandt, eröffnete SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer Donnerstag Früh mit einem Referat die SPÖ-Klubtagung, die heute und Freitag in Wien stattfindet. Im Mittelpunkt seines Referats standen die Terroranschläge, seine Ursachen sowie Strategien zur Überwindung des Terrorismus. Gusenbauer stellte eingangs unmissverständlich fest, dass es keine wie auch immer geartete Rechtfertigung für die grausamen Anschläge geben könne. Wer meine, der Zweck heilige die Mittel, dem müsse auch klar sein, "das die falschen Mittel jeden Zweck entheiligen. "Es kann keine Äquidistanz zwischen Terror und Freiheit geben." Grundvoraussetzung für die Bekämpfung des Terrorismus sei ein geschlossenes Vorgehen der internationalen Staatengemeinschaft, die Befriedung des Nahen Osten, aber auch eine Kontrolle der internationalen Finanzströme.
Die Terroranschläge seien eine humanitäre, eine politische Katastrophe und eine Katastrophe für das gesamte bisherige Funktionieren unserer Zivilisation und sie hätten gezeigt, dass auch die mächtigste und bestgerüstetste Nation nicht unverwundbar ist. Die hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht, so Gusenbauer. Man stehe jetzt vor einer Reihe von neuen Fragen, die jedoch nicht vorschnell beantwortet, sondern ausführlich diskutiert werden müssten.
Gusenbauer stellte sich in seinem Referat gegen die These vom Krieg zwischen den Zivilisationen. Diese These sei falsch und gefährlich. Selbst der islamische Fundamentalismus richte sich nicht gegen den Westen, sondern in erster Linie gegen die Potentaten im eigenen Land, die nicht in der Lage seien, die reale Lebenssituation für die Bevölkerung zu verbessern.
Viel eher sieht Gusenbauer mögliche Ursachen für den Terrorismus in der seit vielen Jahre ungelösten Nah-Ost-Frage. Die aufgrund einer scheinbar auswegslosen Situation frustrierten Menschen seien jene, die leicht von Terroristenchefs für ihre Ziele gewonnen werden könnten.
Die Lage im Osten sei auch deshalb so instabil, weil es so große Unterschiede zwischen bevölkerungsreichen aber erdölarmen und erdölreichen aber bevölkerungsarmen Ländern gebe. Die politische Situation sei äußerst labil. Selbst in Ländern mit gemäßigten Regierungen gebe es fundamentalistische Strömungen, die in der Lage seien, die gemäßigten Regierungen herauszufordern. Aber zum Terrorismus komme es dennoch erst, wenn Leute hinzukommen, die mit politischen und teilweise theologischen Wahnsvorstellungen ausgestattet sind und die gesamte Unzufriedenheit dieser Region zu bündeln versuchen, um ihre terroristischen Ziele zu verwirklichen.
Die Ursachen für den Terrorismus seien aber auch in geopolitischen Konflikten und in der Rolle zu suchen, die einzelne Gruppierungen und Länder als Bündnispartner früherer Großmächte gespielt haben. Gusenbauer erinnert etwa daran, dass sich die USA auf die Seite der Taliban geschlagen hätten, als es darum ging, die Sowjetunion aus Afghanistan zu vertreiben. In diesem Zusammenhang stelle sich auch die Frage, ob es jetzt klug sei, mit Ländern oder Gruppierungen, die sich nicht der Demokratie und den Menschenrechten verpflichtet fühlen, eine Kooperationsstrategie zur Terrorismusbekämpfung einzugehen. "Das Motto, der Feind meines Feindes ist mein Freund, kann sich auch ins Gegenteil verkehren und ist keine gute Grundlage für eine zivilisierte Weltordnung", so der SPÖ-Chef. Man müsse sich auch klar die Frage stellen, welche Rolle einzelne Länder spielen. Sind sie Teil der Lösung, oder Teil des Problems? Hier könne es keine ambivalente Stellung einzelner Länder geben. Länder, in denen man terroristischen Strömungen mit einem Augenzwinkern begegne, könnten nicht Teil einer internationalen Strategie zur Terrorbekämpfung sein.
Den Herausforderungen, vor denen die Welt jetzt stehe, müsste mit aller Entschiedenheit begegnet werden, das, so Gusenbauer, heiße aber nicht "fundamental militärisch, sondern mit internationaler Geschlossenheit". Denn nur mit einer gemeinsamen Strategie könnten jene Schlupflöcher geschlossen werden, "die entstehen, wenn einzelne Großmächte versuchen in verschiedenen Teilen der Erde unterschiedliche Interessen durchzusetzen". Ohne Befriedung des Nahen Osten sei auch das Terrorismusproblem nicht zu lösen. "Ohne Frieden und Gerechtigkeit für Palästina und Israel kann es keine Grundlage für die Terrorbekämpfung geben", so Gusenbauer. Die derzeitige Waffenruhe zwischen Israel und Palästina gebe Grund zur Hoffnung. Eine dauerhafte Lösung könne aber nur durch eine gemeinsame Anstrengung der USA und Europa gelingen, zeigte sich der SPÖ-Chef überzeugt.
Eine wesentliche Frage sei auch die Frage der Finanzierung des Terrorismus. In der Art und Weise, wie internationale Finanzmärkte funktionieren, seien auch die Geldquellen für Terrororganisationen zu sehen. Notwendig sei daher auch eine gewisse Kontrolle der internationalen Finanzströme.
Da es in diesem Geflecht des Terrors Menschen gebe, die man mit Frieden nicht beeindrucken könne, die den Verhandlungsweg als Mittel, zu einer besseren Welt zu gelangen, ausschließen, müsse die Gesamtstrategie gehen den Terrorismus auch militärische Aktionen gegen diese Köpfe miteinschließen, so Gusenbauer. Bei allen militärischen Aktionen dürfe es aber niemals um blinde Rache geben, unschuldiges Blutvergießen gelte es zu vermeiden. Sollte es tatsächlich zu militärischen Aktionen kommen, die auf einen UNO-Beschluss basieren, sollte die Neutralität in Österreich nicht zur Anwendung kommen, Überflüge sollten gestattet werden. "Das ist Teil unserer Solidarität", stellt der SPÖ-Chef klar.