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Thema Neuwahlen – 09. September 2002
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Schüssel:
"Österreich braucht eine stabile Regierung"
Kanzler Schüssel dankt Vizekanzlerin, FPÖ-Regierungsmitgliedern und stv. Klubobmann
- und wird ÖVP-Vorstand Neuwahlen vorschlagen
Wien (övp-pd) - "Österreich braucht eine stabile Regierung, im Interesse des Landes
und seiner Bürger, das ist meine Verantwortung als Bundeskanzler." Wenn einem Regierungspartner die Sacharbeit
verunmöglicht werde, müsse schnellstmöglich eine Klärung erfolgen. Er habe sich daher entschlossen,
dem Bundesparteivorstand der ÖVP, der morgen Abend stattfinden werde, vorzuschlagen, "so rasch wie möglich
Neuwahlen durchzuführen". "Ich will Klarheit schaffen", sagte Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel
am Montag (09. 09.) bei einem Pressegespräch im Bundeskanzleramt in Wien. Der Kanzler
dankte ausdrücklich der Vizekanzlerin, dem Finanzminister, dem stv. FPÖKlubobmann und dem Infrastrukturminister,
deren Rücktritte er aufrichtig bedauere. "Alle vier Persönlichkeiten haben ausgezeichnet für
Österreich gearbeitet", betonte Schüssel.
"Stehe als Kandidat für Wahlgang zur Verfügung"
Er stehe als Kandidat der ÖVP für den Wahlgang zur Verfügung, sagte Schüssel. Es sei
gestern (08. 09.) im Rahmen einer Sitzung vorgeschlagen worden, dass er, Schüssel, die Volkspartei in die
Wahlen führen solle. Wie die endgültige Entscheidung ausfalle, liege im Ermessen des ÖVP-Parteivorstandes,
der morgen (10. 09.) Abend tagen werde.
Schüssel betonte, "selbstverständlich" bleibe die Regierungsvereinbarung ebenso wie das Prozedurabkommen
zwischen ÖVP und FPÖ bis zur Wahl in Kraft. Zu seinem Gespräch mit Bundespräsident Klestil
erklärte der Kanzler, er habe das Gefühl bekommen, der Herr Bundespräsident erachte den gewählten
Weg für richtig.
Angesprochen, ob er die Regierungsbeteiligung der FPÖ als Fehler bewerte, sagte Schüssel: "Im Gegenteil.
Ich würde heute wie damals diesen Weg befürworten". Durch die Zusammenarbeit mit der Freiheitlichen
Partei sei Dreierlei bewiesen worden. "Erstens: Österreich ist eine normale, funktionsfähige Demokratie.
Ich halte es dabei für richtig, niemanden auszugrenzen. Zweitens: Man kann zusammenarbeiten. Österreich
ist kein Land, wo ein bleierner Zuckerguss über allem liegen muss. Es ist uns eine substanzielle Erneuerung
gelungen", betonte Schüssel. Zum Stil der Koalition sagte der Kanzler, die Regierung habe "eine
Latte gelegt", an der sich künftige Regierungen orientieren sollten. |
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"Wir werden unsere Linie unbeirrt fortsetzen"
"Ich weiß, dass die Österreicherinnen und Österreicher eine vernünftige Politik
wollen", der Bundeskanzler weiter. Der Kanzler verwies auf das gute, beachtliche inhaltliche Arbeitsprogramm,
das bisher von beiden Koalitionspartnern umgesetzt worden sei. Man werde diese Linie unbeirrt fortsetzen. "Schönwetterpolitik
allein ist für dieses Land zuwenig." Jetzt gehe es nicht mehr um einige Aufwiegler, nun würden alle
Bürger zu entscheiden haben, "welches Programm sie unterstützen, welchen Personen sie die Verantwortung
für dieses Land zutrauen".
In der jetzigen Situation seien "Gestaltungskraft und Gestaltungswille für den Wiederaufbau nach der
Flutkatastrophe, für die Belebung der Konjunktur, für die Sicherung der Arbeitsplätze, die Sicherheit
der Bürger nach innen und außen oder die Modernisierung des Bildungssystems" gefragt. Nicht zu
vergessen seien "wesentliche europäische Fragestellungen, die jetzt auf uns zukommen", so Schüssel.
"Es werden österreichische Interessen in den nächsten Wochen auf dem Spiel stehen", etwa wenn
es um vernünftige, ökologisch orientierte Verkehrslösungen, die Verlängerung des Ökopunktesystems
oder eine moderne Wegekostenrichtlinie gehe, "und die Erweiterung der Europäischen Union - ein Herzstück
unserer Regierungszusammenarbeit -", die vor Beginn dieser Zusammenarbeit mit Jörg Haider und den anderen
Verhandlungspartnern geklärt worden sei, "ist in der Schlussphase und muss in einem europäischen,
vor allem aber auch österreichischen Sinn gelöst werden".
Die Regierung werde solange arbeiten, solange der Wähler keine andere bestellt habe. "Gerade jetzt braucht
es Politiker, die einstehen, für das, was sie tun." Er werde dafür sorgen, dass es auch unter den
seit gestern wesentlich veränderten Bedingungen so bleibe. "Ich werde mich mit aller Kraft bemühen,
österreichische Interessen auch in der Zeit bis zur Neuwahl so wahrzunehmen und zu vertreten, dass das Land
dabei gut aussteigt", unterstrich der Bundeskanzler.
"Große Sachthemen liegen vor uns - es muss gearbeitet werden"
Angesichts der großen, bevorstehenden Sachthemen, mache es Sinn, eine Wahlentscheidung so rasch wie
möglich zu treffen. Das kommende Budget, die Hilfe für die Hochwasseropfer, die Umsetzung des Jugendbeschäftigungsprogramms,
das bereits fertig ausgehandelt sei, und die EUErweiterungsverhandlungen gingen in die entscheidende Phase. "In
dieser Zeit muss gearbeitet werden. Zuvor soll der Wähler seine Gewichtung abgeben - es ist an der Zeit",
so der Kanzler.
Angesprochen auf sein heutiges Gespräch mit dem Bundespräsidenten erklärte der Bundeskanzler, dieser
habe ihm mitgeteilt, dass er die sachliche Qualität der Regierungsmitglieder sehr schätze. "Niemand
braucht sich um die Qualität der Regierungsmitglieder, ihre Professionalität und die demokratische Legitimation
sorgen." Man habe bewiesen, dass man es könne und die Fähigkeiten, den Willen und die Energie für
eine professionelle Regierungsarbeit habe. Der Weg, für den er und die Volkspartei stünden, sei "ein
Weg der Mitte, der Verlässlichkeit und der Berechenbarkeit" sowie des Einsatzes für Österreich
in Europa und der Welt, betonte Schüssel.
Zum Verhalten von Jörg Haider sagte der Kanzler, er, Schüssel, habe in vielen Gesprächen immer ausdrücklich
auf die Konsequenzen hingewiesen, wenn zentrale Personen aus dem Regierungsteam ausscheiden würden. "Susanne
Riess-Passer, Karl-Heinz Grasser und Peter Westenthaler haben sich die Entscheidung nicht leicht gemacht."
Alle hätten stets starke Nerven bewiesen. Gemeinsam habe man den Sanktionen, dem Druck der Straße und
der Generalstreik-Drohung Stand gehalten. "Wir haben das Land auf einem guten Kurs gehalten."
Die Regierung sei weder an der FPÖ noch an Jörg Haider gescheitert. Der Grund für die jetzige Entscheidung
liege darin, dass die FPÖ-Chefin, die noch im Juni deutlich im Amt bestätigt worden und deren Kurs noch
im August vom Parteivorstand befürwortet worden sei, auf einmal von mehr als 400 Delegierten, unter Federführung
von einem, mit ihrem inhaltlichen Kurs und ihrem Personenkonzept in Frage gestellt worden sei. "Ich kann mir
nicht vorstellen, dass die FPÖ diesen Kurs will - ich will ihn auch nicht. Ich wollte weiterarbeiten, aber
jetzt sind die Konsequenzen zu ziehen." Die Verantwortung hätten diejenigen, die "das herbeigeführt
haben", so Schüssel. |
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"Wende ist nicht gescheitert - Menschen wollen ernste Politik"
"Mein Ziel von Anfang an war, die volle Umsetzung des Regierungsprogramms, in der vollen Periode,
bis zum letzten Tag arbeiten", sagte heute, Montag, Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel bei seiner Erklärung
zur aktuellen Lage. Es stimme ihn traurig, dass man nicht bis zum Ende der Legislaturperiode zeigen konnte, "was
möglich ist". Sein Ehrgeiz sei es nicht, ein Amt zu verwalten, "sondern Österreich zu verändern",
in eine positive Richtung und ihm - nach den schwierigen Tagen nach der Regierungsangelobung - "wieder jenen
Platz zu verschaffen, den es verdient". Das habe man mit harter Arbeit zustande gebracht. "Wir haben
bewiesen, dass wir krisenfest sind, und zwar gemeinsam."
"Nicht die Wende ist gescheitert, nicht die Notwendigkeit, Österreich vom Stillstand zu einem Reformprojekt
zu bringen, nicht die Inhalte sind gescheitert, sondern es ist offensichtlich schwer zu vermitteln, dass man nicht
gleichzeitig beides kann, regieren, in der Regierung, und opponieren an Teilen der Basis", so Schüssel.
Die mehr als 400 Delegiertenunterschriften bei der FPÖ seien "eine dramatische Entwicklung", gegen
die Mehrheit der Basis könne sich eine Partei nicht dauerhaft behaupten. Er erachte es als "einen entscheidenden
Fehler", dass Jörg Haider nicht "von Anfang an" klargestellt habe, dass die Unterschriften
der Delegierten nichts mit ihm als Architekten der Koalition zu tun hätten.
Ihm, Schüssel, sei wichtig, "dass es uns gelungen ist, zu zeigen, dass es sehr wohl funktionieren kann,
wenn der politische Wille gegeben ist. Das ist kein Spiel", betonte der Kanzler. In der jüngsten Zeit
seien "viel zu viele spielerische Elemente" dabei gewesen. "Die Menschen wollen eine ernste, seriöse
Politik und wer dies will, ist bei mir gut aufgehoben", so Schüssel.
"Hätte erwartet, dass Haider für Einhaltung Regierungspakt kämpft"
"Ich lade alle freiheitlichen Wähler ein, die beim letzten Mal einen sozialistischen Bundeskanzler
verhindern wollten, dies auch diesmal zu tun", sagte heute, Montag, Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel
beim Pressegespräch in Wien. Er werde nicht derjenige sein, "der wieder auszugrenzen beginnt". Die
Alternative zu seiner Kanzlerschaft sei ein SPÖ-Kanzler Gusenbauer, gestützt von den Grünen. "Ob
Rot-Grün jetzt das geeignete Projekt für Österreich ist, auch das werden die Wählerinnen und
Wähler zu beurteilen haben."
Es könne nicht so weitergehen, dass das Land nun wochenlang mit internen Diskussionen in Atem gehalten werde.
"Je stärker die Volkspartei als der Stabilitätsanker in der österreichischen Innenpolitik,
in der Vergangenheit und wohl auch in der Zukunft, sein wird, umso besser für das Land."
Er werde sich darauf konzentrieren, "möglichst viele Wähler auf meinen Kurs, auf meine Linie, auf
meine inhaltliche Plattform zu bringen". Noch habe man eine gemeinsame Regierungszusammenarbeit, die von innen,
von Teilen der FPÖ, gesprengt worden sei, "sehr zu meinem Missvergnügen", so Schüssel.
Er habe den Regierungspakt mit Jörg Haider abgeschlossen und hätte sich erwartet, dass dieser mit Zähnen
und Klauen für seine Einhaltung kämpfe. "Jeder hat seine Erfahrungen, und niemand macht solche Erfahrungen
gerne öfter", so Schüssel.
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