Thema Neuwahlen – 19. September 2002

     
ÖJ-Einleitung um Thema
Infrastruktur-Minister Reichhold ist neuer FP-Chef
Am späten Nachmittag des Dienstag (17. 09.) stand es beinahe fest, daß Ing. Mathias Reichhold, Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie, die Führung der angeschlagenen FPÖ übernehmen würde. In den Nachrichten des ORF-Fernsehens ("ZiB") stellte er fest, es würde einige Kandidaten für die Funktion des FPÖ-Obmannes geben, einer davon heiße eben Reichhold. Nach der Sitzung des Ministerrates am Mittwoch (18. 09.) gab Reichhold bekannt, er hätte sich - auch nach Rücksprache mit seiner Familie und seinen Kärntner Parteikollegen - entschlossen, neuer FP-Obmann zu werden. Kein einfaches Amt, das der von Regierungs- und teils auch Kollegen aus der Opposition mit dem Prädikat "Handschlag-Qualitat" apostrophierte Kärntner Bio-Bauer auf sich nimmt. Zur Überraschung auch so mancher FP-Funktionäre stellte Reichhold in seiner ersten Pressekonferenz als designierter FP-Chef fest, daß er keinerlei parteiinterne Querelen dulde und nur bereit sei, die FP zu führen, wenn schriftliche "Beschlüsse der Führung nicht zerrissen" und getroffene Entscheidungen nicht sofort in Frage gestellt würden. Er würde, so kündigte er an, die FPÖ nach "sehr harten Spielregeln" führen.
Das wird auch notwendig sein, will er die von ehemals 26,91 Prozent (NR-Wahl 1999) auf - laut aktuellen Umfragen (Institut Gallup für "News") - mit 12 Prozent bereits hinter die Grünen (13 Prozent) abgesackte FPÖ wieder Wähler zuführen.
Übrigens: In eben dieser Umfrage käme die SPÖ derzeit auf 37, die ÖVP auf 35 Prozent, die "Kanzler-Frage" könnte demnach Schüssel mit 48 Prozent Zustimmung klar für sich entscheiden, SP-Chef Gusenbauer würde 33 Prozent erreichen. Das sind, laut Gallup, 9 Prozent weniger als in der Vorwoche, Schüssel konnte im gleichen Zeitraum 13 Prozent zulegen. (mm)
   
 Rauch-Kallat: Mathias Reichhold ist noch nicht gewählt
Ereignisse haben gezeigt: In der FPÖ kann sich die Situation sehr schnell ändern
Wien (övp-pk) - "Die Ereignisse in den letzten Tagen und Wochen haben gezeigt, dass sich die Situation in der FPÖ sehr schnell ändern kann", sagte ÖVP-Generalsekretärin Abg.z.NR Maria Rauch-Kallat am Mittwoch (18. 09.) zur FPÖ-Pressekonferenz mit Mathias Reichhold. Daher sei darauf zu verweisen, dass Reichhold noch nicht zum FPÖ-Parteiobmann gewählt ist". Auch die Entscheidung über den künftigen FPÖ-Spitzenkandidaten sei augenscheinlich nicht endgültig getroffen.
"Ebenso wenig ist derzeit absehbar, ob die Freiheitliche Partei in Hinkunft für oder gegen einen Reformkurs für Österreich eintreten wird", so Rauch-Kallat. Mit Mathias Reichhold sei derzeit ein Kandidat für den FPÖ-Parteivorsitz nominiert, "der vor einigen Monaten ein schwieriges Regierungsamt ambitioniert angetreten hat und seitdem um einen konstruktiven Kurs der Zusammenarbeit bemüht ist. Es ist aber viel zu früh, daraus Schlüsse für das künftige Personenkonzept und/oder den Kur der FPÖ zu ziehen", schloss die ÖVP-Generalsekretärin.
   
 Kuntzl: Mit FPÖ-Obmann Reichhold wird das Chaos prolongiert
Reichhold mitverantwortlich für Rekordarbeitslosigkeit
Wien (sk) - "Mit FPÖ-Obmann Reichhold, der zur 'Ich bin schon weg-Ich bin wieder da'-Fraktion in der FPÖ zählt, wird das Chaos prolongiert", erklärte SPÖ-Bundes- geschäftsführerin Andrea Kuntzl am Mittwoch (18. 09.). Der leidige Schlingerkurs der FPÖ werde sich nahtlos fortsetzen.
Zur Erinnerung: Nach dem kollektiven Rückzug der FPÖ-Spitze am vergangenen Montag hatte Reichhold noch erklärt: "Ich habe entschieden: Ich werde meine politische Laufbahn beenden." Bereits im März 2001 hatte Reichhold erklärt, er ziehe sich von der Funktion des LH-Stellvertreters in Kärnten ins Privatleben zurück, um ein knappes Jahr später als Minister wieder aufzutauchen. Auch inhaltlich sei von Reichhold kaum etwas zu erwarten, nachdem er als Infrastrukturminister eine recht erbärmliche Bilanz vorgelegt hatte, erinnerte Kuntzl etwa an die Untätigkeit im Infrastrukturbereich.
Durch diese Untätigkeit im Infrastrukturbereich sei Reichhold auch für die Rekordarbeitslosigkeit mitverantwortlich. Unter großem Getöse sei im Jänner ein Infrastrukturpaket angekündigt worden, von den versprochenen 8.000 bis 10.000 Arbeitsplätzen habe Reichhold aber keinen einzigen schaffen können. Dieses als "Konjunkturlokomotive" titulierte Infrastrukturpaket habe sich als Flop entpuppt.
Klar sei letztendlich auch, dass Reichhold stets als treuer Diener seines Herrn fungieren werde. Er selbst hat sich 1992, als er Haider als Landeshauptmann-Stellvertreter folgte, als "Platzhalter" für Haider bezeichnet. "Mit diesem Mann an der Spitze der FPÖ weiß man jetzt schon, dass Haider - je nach momentaner persönlicher Befindlichkeit - das Sagen hat", so Kuntzl.
Abschließend erklärte Kuntzl, dass, während Blau-Schwarz ständig mit sich selbst beschäftigt sei und die Arbeit für Österreich stets hintangestellt wurde, die SPÖ ein klares Programm für die Zukunft habe, das faire Chancen für alle schaffen soll. Die SPÖ wisse, dass sich Österreich nicht alles leisten kann und setze daher Prioritäten. Dazu zählen die sichere Gesundheitsversorgung, beste Chancen auf Bildung und Ausbildung für die Jugend und sichere Pensionen.
   
 Öllinger: Reichhold ein neuer "Bin schon weg - Bin schon wieder da"-Obmann der FPÖ
FPÖ wird auch unter Reichhold nicht regierungsfähig
Wien (grüne) - "Die bevorstehende Kür von Verkehrsminister Reichhold zum FP-Obmann ist nicht mehr als eine Verlegenheitslösung. Mit der Annahme der Obmannschaft begibt sich Reichhold zudem gleich in die Fußstapfen Haiders, der auch ständig Rücktritte vom Rücktritt produzierte.
Immerhin ist Reichhold schon einmal als Landeshauptmannstellvertreter überraschend zurückgetreten und kehrte wenig später als Verkehrsminister zurück, um vor wenigen Tagen seinen vollständigen Rückzug aus der Politik zu verkünden. Reichhold ist damit ein neuer ‚Bin schon weg - Bin schon wieder da’ (Bsw-Bswd)-Obmann der FPÖ", so der stv. Klubobmann der Grünen, Karl Öllinger.
Inhaltlich hat der Verkehrsminister wenig weitergebracht. In der Transitfrage hat er gegen die EU klein beigegeben, in der Forschungspolitik auch nichts weitergebracht. "Sein herausragender Beitrag zur Skandalchronik der FPÖ war, daß er ‚Magistra’ Fabel ins Büro von Minister Haupt weiterempfohlen hat", so Öllinger.
"Um mit der FPÖ sinnvoll arbeiten zu können, müßte Reichhold nicht nur etliche Landesobleute und deren Stellvertreter zum Rücktritt bewegen, sondern auch einen Gutteil der Delegierten austauschen, nämlich jene von Knittelfeld. Selbst dann bliebe noch das Problem übrig, daß er damit noch nicht die Inhalte der FP-Politik ausgetauscht hat, die sich weitgehend über Ausländerfeindlichkeit und sonstige Ressentiments definiert. Und Reichhold hat auch noch das ‚kleine’ Problem, daß er immer noch ein einfaches Parteimitglied in Kärnten sitzen hat. Die FPÖ wird auch unter Reichhold nicht regierungsfähig werden", so Öllinger.