Thema Neuwahlen – 20. September 2002

     
 Schüssel: Österreich war, ist und bleibt ein starkes Land, eine sichere Heimat und ein anerkannter Partner im Herzen Europas
Bundeskanzler zog im Nationalrat positive Bilanz über zweieinhalb Jahre Regierungsarbeit
Wien (övp-pk) - Ob Anfang 2000 oder Ende 2002 - Österreich war, ist und bleibt ein starkes Land, eine sichere Heimat, ein anerkannter Partner im Herzen Europas. Es gibt keinen Grund zum Krisengeschrei. Wir können auf die Kraft unserer Menschen, der Stärke unserer Wirtschaft und unserer Demokratie vertrauen. Der Wähler ist am Wort. Wir haben unsere Arbeit getan", sagte Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel am Donnerstag (19. 09.) am Schluss seiner erfolgreichen Bilanz über zweieinhalb Jahre Regierungsarbeit vor dem Nationalrat.
Eigentlich wäre die Bilanz dieser Regierung nach einer vollen Legislaturperiode erst in einem Jahr fällig gewesen. Aber nachdem die Vizekanzlerin mit Finanzminister Grasser und Klubobmann Westenthaler erklärt haben, unter diesen Umständen nicht mehr weiter arbeiten zu können und die Umsetzungen des Regierungsprogrammes nicht mehr garantieren zu können, würde diese Bilanz eben heute abgegeben. Er glaube, dass die Art und Weise, wie dieser Schritt gesetzt wurde, auch bei vielen Menschen, die parteipolitisch nicht festgelegt seien, Respekt und Anerkennung gefunden habe, erklärte Schüssel. Das würden auch die Reaktionen zeigen.
Der Kanzler dankte dem Team der Regierung sowie den beiden Fraktionsvorsitzenden Westenthaler und Khol. Als die Regierung im Februar 2000 das gemeinsame Projekt unter massivsten Druck von innen und außen begonnen habe, sei die Situation ganz anders als heute gewesen. Bereits innerhalb weniger Tage habe man eine revolutionäre Kompetenzverteilung vorgelegt, verwies Schüssel unter anderem auf das umfassende Bildungsressort oder das Ressort für Wirtschaft und Arbeit. Es gab damals ein massives Mobbing im In- und Ausland. "Diese Regierung hat sich als krisenfest erwiesen, was für das Eigenprofil dieses Landes jetzt und in der Zukunft wichtig war und ist. Besonders dankte Schüssel in diesem Zusammenhang der Außenministerin, die gemeinsam mit ihm diese Sanktionen innerhalb von sieben Monaten mit Beharrlichkeit, Anstand, Härte und Charme wegbekommen habe.
Die Regierung habe viel erreicht. Schüssel verwies auf die Verwirklichung der österreichischen Idee eines europäischen Katastrophenfonds mit einer Milliarde Euro für Großschadensfälle. Anhand der Temelin-Diskussion habe Österreich die nukleare Sicherheit für ganz Europa auf die Tagesordnung gebracht. Es sei im Vertrag von Nizza sichergestellt worden, dass die Bewahrung der heimischen Ressourcen in unserem Einfluss bleibe. Im Bereich der Erweiterung habe man mit den siebenjährigen Übergangsfristen den Weg gewiesen, wie man konkrete Lösungen erreichen könne. Zudem habe man in Wien erreicht, dass der Irak mit Kofi Annan erste politische Gespräche führte. Wenn die Opposition dies nicht ernst nehme, so beweise sie damit nur, dass sie keine Ahnung von Außenpolitik habe. "Mir ist die Frage Krieg oder Frieden im Irak wichtiger als irgendein kleinkariertes politisches Denken. Österreich habe seinen Platz in der Welt gefunden und behauptet.
"Europa ist unser Schicksal, unsere Herausforderung, aber auch historische Chance, verwies der Bundeskanzler auf die Wiedervereinigung Europas, die in wenigen Wochen in Verhandlungen mit vielleicht zehn Kandidaten abgeschlossen sein werde. Fünf Kandidaten seien immerhin in einem gemeinsamen Geschichtsverbund gewesen. "Daher ist es wichtig und notwendig, diese historische Chance klug zu nützen, und diese Regierung wird diesen Weg bis zum letzten Tag auch konsequent weitergehen."
Kern der Regierungsarbeit sei auch ein verantwortungsvoller Umgang mit Steuergeldern, hob Schüssel das Programm "Keine neue Schulden" hervor, dass von 80 Prozent mitgetragen werde. "Wir haben im vorigen Jahr erstmals seit 30 Jahren als Gesamtstaat einen Überschuss im Budget erwirtschaften können - trotz einer sich verschlechternden Konjunktur", so Schüssel. Das letzte Defizit eines SPÖ-Finanzministers sei hingegen bei 2,5 Prozent gelegen und es gab die Gefahr, auf über drei Prozent zu kommen. Der Bundeskanzler dankte in diesem Zusammenhang dem Finanzminister Grasser und Staatssekretär Finz, das Nulldefizit im vorigen Jahr erreicht zu haben.
2002 habe sich die Situation allerdings durch die massive Naturkatastrophe und dem internationalen Konjunktureinbruch, verändert. Heuer werde das Defizit 1,3 und nächstes Jahr etwa bei einem Prozent liegen. "Wir rutschen damit aber nicht in die Gefahr, die Stabilitätskriterien, die uns allen wichtig sein müssen, zu verletzen. Daher ist und war dieser Kurs richtig." Er sei flexibel genug, um auf die Bedürfnisse der Österreicher einzugehen. Das Ziel, in guten Zeiten keine neuen Schulden zu machen, müsse bleiben.
Die demographische Entwicklung hält Schüssel für das "Schicksalsthema der nächsten Jahre und Jahrzehnte, verwies der Bundeskanzler auf die deutlich steigende Lebenserwartung und die rasant sinkenden Geburtenraten. Diese hätten auf Sicht vieles, beispielsweise am Arbeitsmarkt, gefährdet. Deshalb habe man erstmals mit einer aktiven Familienpolitik, dem Kindergeld, ein ganzheitliches Konzept gesetzt. Allein diese Maßnahme habe im ersten Halbjahr einen Geburtenzuwachs von 650 Geburten gebracht. "Schon wegen dieser 650 jungen Menschen hat sich diese sozialpolitische Maßnahme mehr als bewährt", so der Bundeskanzler. "Heute sind 120.000 junge Menschen Bezieher von Kindergeld", früher seien dies nur 80.000 gewesen.
Diese Regierung habe auch den Mut gehabt, das Frühpensionsalter an das gesetzliche anzugleichen. Innerhalb weniger Jahre gebe es nun 18.000 weniger Frühpensionisten. Weil diese Regierung Maßnahmen gesetzt habe, könne man heuer auch den älteren Menschen eine verdiente Anhebung der Pensionen geben.
Neben der Konsolidierung des Budgets habe diese Regierung "enorme sozialpolitische Schwerpunkte" gesetzt, hob Schüssel die Behindertenmilliarde, die Angleichung der Arbeiter und Angestellten sowie das Jahrhundertprojekt der Familienhospizkarenz hervor. Mit der Abfertigung Neu sei eine wesentliche sozialpolitische Weichenstellung vorgenommen worden. Seit Juli habe jeder Arbeitnehmer einen Anspruch auf diese neue Mitarbeitervorsorge. "Damit machen wir mit einem umfassenden Konzept einer staatlichen Grundversorgung und attraktiven Incentives für Eigenvorsorge ernst."
Wichtige Schwerpunkte wurden auch im Bereich der Vergangenheitsbewältigung gesetzt, erinnerte der Bundeskanzler an die Lösung der Restitutions- und Zwangsarbeiterproblematik. Für österreichische Kriegsgefangene habe man späte Entschädigung geschaffen. Diese Anstrengungen seien notwendig, weil "die Zukunft nur der gewinnen kann, der seine Vergangenheit ehrlich bewältigt."
   
 Gusenbauer: Schüssel hat Tuchfühlung mit Realität verloren
"Österreich braucht Chancen statt Chaos"
Wien (sk) - "Wenn man dem Bundeskanzler zugehört hat, hat man den Eindruck, er hat die Tuchfühlung zur österreichischen Realität verloren", so kommentierte SPÖ-Parteivorsitzender Alfred Gusenbauer die Bilanzrede Bundeskanzler Schüssel am Donnerstag (19. 09.) im Nationalrat. Schüssel habe die erfolgreiche Wirtschaftspolitik gelobt, viele würden dies völlig anders sehen.
Selbst die Industriellenvereinigung habe die Politik der Regierung kritisiert. "In den letzten zweieinhalb Jahren ist die Arbeitslosigkeit im europäischen Durchschnitt gesunken. In Österreich ist sie gestiegen. In den letzten zweieinhalb Jahren sind die Steuern europaweit gesunken, in Österreich sind sie gestiegen", so Gusenbauer. Auch die Unterschiede zwischen arm und reich würden größer und der Mittelstand stagniere in Österreich. Als zentralen Fehler der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung bezeichnete Gusenbauer, dass man sich nur auf das Nulldefizit konzentriert habe. "Ein ausgeglichener Haushalt ist aber nur bei sinkender Arbeitslosigkeit zu schaffen", stellte der SPÖ-Vorsitzende klar. Rezepte für ein ausgeglichenes Budget seien die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Ankurbelung der Wirtschaft.
Obwohl man sich auf die Schuldenfrage "kapriziert" habe, sei man nun vor einer Situation, wo "von einer Zukunft ohne Schulden keine Rede mehr sein kann". Ende 2002 würden um acht Milliarden Euro mehr an Schulden zu verzeichnen sein, als vor Amtsantritt der blau-schwarzen Bundesregierung. Zum kurzfristigen Nulldefizit, das Finanzminister Grasser im Vorjahr ausgerufen hatte, meinte Gusenbauer: "Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer." "Sie machen neue Schulden. Auch ohne die Hochwasserkatastrophe, auf die Sie sich jetzt ausreden", so der SPÖ-Politiker Richtung Regierungsbank. Auch habe Finanzminister Grasser dem Parlament noch keinen Budgetentwurf vorgelegt. "Entweder er ist nicht fertig geworden oder die Schulden sind noch höher", sagte Gusenbauer. Bundeskanzler Schüssel würde nun behaupten, er habe die Daten zur Wirtschaftsentwicklung unterschätzt. Dabei sei gerade von Seiten der Regierung jeder, der bereits vor längerer Zeit vor der schlechten Entwicklung gewarnt habe, ins Eck der "Vaterlandsverräter" gestellt worden. Derzeit habe man in Österreich 200.000 Arbeitslose und mehr als 30.000 Jugendliche seien ohne Job. Erst jetzt gebe es Maßnahmen, da Bundeskanzler Schüssel wohl erkannt habe, dass es am 24. November auch um seinen Job gehe, deshalb kümmere er sich jetzt auch um die Jobs der anderen.
"Das erste Mal gibt es in Österreich eine massive Jugendarbeitslosigkeit. Sie vertun die Chancen für die Jugend", konstatierte Gusenbauer. Bei einem Besuch im AMS habe er gesehen, wie Jugendliche, die bereit sind, jeden Job anzunehmen, Schlange stehen. Im Bereich der Gesundheit habe die Regierung nur Posten ausgetauscht und die Ambulanzgebühr eingeführt. An dieser Ambulanzgebühr würde seit Monaten "herumgedoktert". Das einzige was man damit erreicht habe, sei ein höherer Verwaltungsaufwand und verärgerte Patienten, die erhofften Mehreinnahmen seien ausgeblieben. "Am besten wäre es, die Ambulanzgebühr abzuschaffen, denn sie hat nichts gebracht", meinte der SPÖ-Vorsitzende.
Zur Bildung merkte Gusenbauer an, dass Schüssel darauf hingewiesen habe, das man viel Geld für Bildung ausgebe. Aber trotzdem habe man den Zugang zur Bildung für wesentliche Teile eingeschränkt, stellte der SPÖ-Vorsitzende fest. Auch bei der PISA-Studie liege man nur auf Platz 10. "Wenn wir soviel investieren, müssten wir doch auf Platz eins sein", so Gusenbauer. Dies müsste die eigentliche Zielsetzung in der Bildungspolitik sein.
Insgesamt sei die Regierung im Chaos geendet und täglich von den Launen des Kärntner Landeshauptmanns abhängig gewesen. Trotz allem würden keine Konsequenzen gezogen. "Die Konsequenz für Schüssel ist, er will nach dem 24. November wieder die gleiche Zusammenarbeit. Er will weiterhin von den Launen Haiders abhängig sein, und er will weiter soziale Kälte an den Tag legen." Österreich brauche jetzt Chancen statt Chaos, Einheit statt Unfrieden und Verantwortung statt Machtgier. "Die österreichische Bevölkerung wird ihre Entscheidung treffen", schloss Gusenbauer.
   
 Reichhold: Stopp der "medialen Selbstzerfleischung"
Keine Scherbengerichte nach Knittelfeld
Wien (fpd) - "Stopp der medialen Selbstzerfleischung", forderte BM Mathias Reichhold am Donnerstag (19. 09.) in einer Aussendung als Reaktion auf die jüngsten medial ausgetragenen innerparteilichen Auseinandersetzungen innerhalb der niederösterreichischen Freiheitlichen. Es sei höchst an der Zeit, dass in der Freiheitlichen Partei "wieder mehr Qualität in die innerparteiliche Gesprächs- und Diskussionskultur einkehre".
Daher werde er, so Reichhold, am Parteitag mehr Disziplin und Geschlossenheit in der öffentlichen Darstellung einfordern. Im Falle seiner Wahl kündigte Reichhold an, dass er eine Phase der Konsolidierung einleiten werde. Er fordere den "Freiheitlichen Schulterschluß" um mit voller Kraft in den Wahlkampf ziehen zu können. Manchen Funktionäre suchen die Gegner nur mehr in den eigenen Reihen und vergessen auf den politischen Mitbewerber", kritisierte Reichhold die neuerliche mediale Diskussion.
"Die mediale Selbstzerfleischung muss ein Ende haben und es werde keine Scherbengerichte nach Knittelfeld geben" so Reichhold abschließend.