Thema Neuwahlen – 26. September 2002

     
 Gusenbauer: Gesundheitssystem soll durch "einheitlichen Zahler" finanziert werden
SPÖ präsentiert zehn konkrete Gesundheitsziele
Wien (sk) - "Zweieinhalb Jahre Stillstand und Rückschritt in der Gesundheitspolitik" sind genug, befand SPÖ-Bundesparteivorsitzender Alfred Gusenbauer - und formulierte am Mittwoch (25. 09.) anschließend an ein Round-Table-Gespräch zum Thema "Gesundheitsversorgung für alle" konkrete Gesundheitsziele der SPÖ, die insbesondere zu einer Reduktion der epidemischen Erkrankungen führen soll.
Als neuen Vorschlag, was die Finanzierung des Gesundheitssystems betrifft, brachte Gusenbauer das Konzept des "einheitlichen Zahlers" zur Sprache. Durch die Zusammenführung der Finanzierungsmittel für das Gesundheitssystem auf Bundesebene erwartet sich Gusenbauer "eine größere Effizienz der Ausgaben" und eine "Überwindung der unterschiedlichen Finanzierungsinteressen". "Es hat keinen Sinn, die Kosten zwischen zwei Zahlern hin- und herzuverschieben", begründete Gusenbauer seinen Vorstoß, die zersplitterten Finanzierungskompetenzen zusammenzufassen.
"Ein fairer Zugang für alle zu einer optimalen Gesundheitsversorgung" sei entscheidend für den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft, betonte Gusenbauer - und sprach sich mit Entschiedenheit gegen das Gesundheitskonzept der ÖVP aus, das darin bestehe diesen fairen Zugang für alle mit Barrieren zu versperren. Eine dieser Barrieren stelle die Ambulanzgebühr dar, "die sich nach der dritten Korrektur als rechtliche und administrative Krücke herausgestellt hat", unterstrich Gusenbauer. Der Obmann der Wiener Gebietskrankenkasse, Franz Bittner, konnte das nur bestätigen: Die Ambulanzgebühren haben zu einem "Chaos pur" geführt, wobei letztlich "die Suppe mehr kosten wird als das Fleisch".
Als ganz wesentlichen Faktor in der Debatte um die Sicherstellung der Qualität und der Finanzierung des Gesundheitssystems nannte Gusenbauer die Prävention. Denn: "Durch die Prävention können Kosten für die Zukunft verhindert werden." Ein Modellversuch, bei dem sich dieser präventive Ansatz sehr bewährt habe, sei die Einrichtungen von Zahnkliniken in Wien, welche die Kariesentwicklung bei sozial schlechter gestellten Kindern erheblich reduzieren konnte.
Gusenbauer sah keinen Anlass, das österreichische Gesundheitssystem krank zu reden. Im Vergleich zu den Nachbarländern Deutschland und der Schweiz sei das österreichische System "außerordentlich kostengünstig" und die Leistungen "außerordentlich hoch". Um die Finanzierungsgrundlage in jedem Fall sicherzustellen, sprach sich Gusenbauer für eine wertschöpfungsorientierte Finanzierungsbasis aus. Zudem kann sich Gusenbauer auch Einsparungen im Ausgabenbereich vorstellen, konkret durch die Reduktion der Medikamentenkosten. Eine Perspektive sah der SPÖ-Vorsitzende in einer gesamteuropäischen Regelung der Medikamentenpreise. Die EU stelle eine viel größere Marktmacht dar, was sie gegenüber den Pharmakonzernen in eine bessere Verhandlungsposition bringe, motivierte Gusenbauer diesen Vorstoß - schob jedoch nach: "Aber auch ohne europäische Regelung ist es möglich, die Medikamentenpreise zu senken."
Ein weiteres Einsparungspotential ortete Gusenbauer in der Vermeidung von unnötigen Doppeluntersuchungen. So sei jede zehnte Leber- und Röntgenuntersuchung im niedergelassenen Bereich nicht notwendig und verursache Mehrkosten von 26 Millionen Euro im Jahr. "Das ist mehr als die Einnahmen aus der Ambulanzgebühr im Jahr 2001 ausgemacht haben", verdeutlichte Gusenbauer das enorme Einsparungspotential.
Die Expertenrunde, unter anderem vertreten durch Professor Siegfried Meryn, Experte für Innere Medizin, Sabine Oberhauser, Sprecherin der ARGE ÄrztInnen im ÖGB, Franz Bittner, Obmann der Wiener Gebietskrankenkasse, und Professor Christoph Zielinski von der Universitätsklinik für Innere Medizin waren sich mit Gusenbauer über ein wesentliches Ziel der Gesundheitspolitik einig: Auch in Zukunft müsse eine optimale Gesundheitsversorgung gewährleistet sein.
   
 Rauch-Kallat: Keine Lösungen Gusenbauers für Gesundheitssystem
SPÖ bei Prävention "wieder einmal zu spät dran"
Wien (övp-pk) - "Luftblasen ohne Inhalte, aber keine Lösungsvorschläge" sind für ÖVP-Generalsekretärin Abg.z.NR Maria Rauch-Kallat die Aussagen von SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer zum Gesundheitssystem am Mittwoch (25. 09.).
"Wie in so vielen Fällen ist Alfred Gusenbauer auch bei Sanierung des Gesundheitssystems viel zu spät dran. Dass er jetzt ebenfalls die Wichtigkeit der Prävention erkennt, zeigt nur, dass er das Konzept von Bundeskanzler Schüssel, das dieser kürzlich bei der ÖVP-Gesundheitskonferenz konkretisiert hat, gelesen und offensichtlich abgeschrieben hat", so Rauch-Kallat.
Der Vorschlag einer bundeseinheitlichen Festschreibung guter Gesundheitsleitungen zeige wieder einmal, dass es den Sozialdemokraten vor allem um Zentralisierung, aber nicht um praxisnahe Lösungsvorschläge gehe. Die Aussagen Gusenbauers zu Beitragserhöhungen seien "leere Worte, wenn man weiß, dass die SPÖ allen Problemen immer nur mit Beitragserhöhungen begegnen will." Vielmehr seien aber die vorhandenen Mittel effizient und im Sinne der Patienten zu verwenden und echte Strukturreformen umzusetzen, so die ÖVP-Generalsekretärin.
   
 Waneck: Gusenbauers Gesundheitsideen sind Wünsche ans Christkind
SPÖ-Plan teils von FPÖ abgekupfert, teils fern jeder Realität
Wien (bmsg/sts) – Als "fromme Wünsche ans Christkind", bezeichnete am Mittwoch (29. 09.) FP-Gesundheitsstaatssekretär Univ. Prof. Dr. Reinhart Waneck die Ideen Gusenbauers zur Reform des österreichischen Gesundheitssystems. Erfreulich sei jedenfalls, dass die SPÖ nach zweieinhalb Jahren Fundamentalopposition endlich erkannt habe, dass ihr Gesundheitssystem", das "zu den besten der Welt zählt" reformbedürftig sei.
In Wahrheit, so Waneck, habe die SPÖ weite Teile der FPÖ-Reformideen, die sie noch vor kurzer Zeit als "Weg in die Zweiklassenmedizin" und "Kaputtsparen" verteufelt habe, eins zu eins übernommen. Damit habe Gusenbauer samt seiner SPÖ der Bevölkerung eindeutig klar gemacht, dass es den Sozialdemokraten in den vergangenen zweieinhalb Jahren nicht um die Interessen der Bevölkerung gegangen sei, sondern ausschließlich um das einwechseln von politischem Kleingeld.
So sei etwa die von Gusenbauer unter "einheitliche Zahler" verkaufte Idee der "vernetzten Finanzierung" schon lange von der FPÖ gefordert worden. "Das Staatssekretariat für Gesundheit hat gleich nach Amtsantritt ein derartiges Konzept vorgelegt, das aber von der SPÖ vehement abgelehnt wurde", erinnerte Waneck. Auch die Idee, die unterschiedlichen Leistungen der Krankenkassen zu vereinheitlichen, sei nicht neu und ebenfalls langjährige FPÖ-Forderungen, die von der SPÖ mit dem Schlagwort "Nivellierung nach unten" bekämpft wurde.
Die restlichen SPÖ-Forderungen seien entweder fern jeder Realität oder gefährliche Drohungen, fasste Waneck zusammen. "Ich wünsche mir im österreichischen Gesundheitswesen keine Zustände wie in Deutschland", betonte Waneck, der auf diesbezügliche Wünsche der Wiener Gebietskrankenkasse anspielte. Auch die Erkenntnis Gusenbauers jede zehnte Laboruntersuchung sei unnötig, zeige deutlich die Laienhaftigkeit und Unwissenheit des SPÖ-Vorsitzenden. Wir wissen, dass mindestens jede zehnte Untersuchung unnötig ist. Wir wissen es jedoch oft erst nach der Untersuchung. Daher wären Einsparungen hier für den Patienten gefährlich", betonte Waneck der selbst Arzt ist.
Absurd nannte Waneck auch die Aussagen von SP-Gesundheitssprecher Manfred Lackner, der Gesundheitsminister Haupt wegen der Chipkartengebühr attackiert hatte. "Mit der Krankenscheingebühr, die in Wirklichkeit eine Krankenstrafsteuer ist, hat die SPÖ ein Element der Zwei-Klassen-Medizin zum Nachteil vieler Menschen eingeführt." Die Krankenscheingebühr habe viele Menschen abgehalten, den Weg zum Arzt zu finden. Außerdem sei eine einmalige Chipkartengebühr von 10 Euro/Jahr in jedem Falle billiger als die Krankenscheingebühr. Denn diese belaste den einzelnen Patienten um ein Vielfaches mehr im Jahr", so Waneck abschließend.
   
 Murauer: Dank SPÖ ist Briefwahl auch bei dieser Nationalratswahl nicht möglich
Briefwahl wiederum an SPÖ gescheitert
Wien (övp-pk) - Aus Gründen des mangelnden Demokratieverständnisses der SPÖ ist leider auch bei der kommenden Nationalratswahl die Briefwahl wiederum nicht möglich, kritisierte ÖVP-Abg. Walter Murauer am Mittwoch (25. 09.) und meinte weiters: "Aus rein parteitaktischen Überlegungen blockiert die SPÖ weiterhin die demokratiepolitisch längst notwendige Einführung der Briefwahl!"
In Deutschland ist die Briefwahl auch bei der Bundestagswahl am vorigen Wochenende wieder erfolgreich eingesetzt worden, konkretisierte Murauer seine Forderungen, wobei der Briefwahlantrag diesmal sogar völlig unbürokratisch aus dem Internet heruntergeladen werden konnte. In Österreich steht jedoch die SPÖ vehement gegen eine Verbesserung des Wahlrechtes und gegen mehr Demokratie und ist daher alleine dafür verantwortlich zu machen, dass alten, kranken und bettlägerigen Menschen sowie Arbeitnehmern und jungen Menschen diese erleichterte und unbürokratische Art der Stimmabgabe auch bei der kommenden Wahl am 24. November verwehrt bleibt.
Für Murauer ist klar, dass die Briefwahl schnellstens umgesetzt werden muss und die Bürger bei den Landtags- und Gemeinderatswahlen im kommenden Jahr ihre Stimme bereits mittels Briefwahl abgeben können. "Wir werden weiterhin für die Einführung der Briefwahl kämpfen, denn die SPÖ kann eine Erleichterung der Stimmabgabe und die für eine moderne Demokratie dringend notwendige Modernisierung eines veralteten Wahlrechts nicht ewig aus parteipolitischen Interessen verhindern. Es kann nicht sein, dass ein Wahlberechtigter von der Wahl ausgeschlossen ist, nur weil er nicht an Ort und Stelle ist", schloss Murauer.