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Rede StS Morak "9. Österreichischen Medientage 2002"
Wien (bpd) - Rede Staatssekretär Franz Morak anlässlich der „9. Österreichischen Medientage 2002“ (25. September 2002 – Es gilt das gesprochene Wort).

Sehr geehrte Damen und Herren!
Die „Österreichischen Medientage“, die nun schon zum 9. Mal Medienvertreter aus dem gesamten deutschsprachigen Raum in Wien versammeln, bieten sich nun schon traditionellerweise als Forum an, um die medienpolitischen Ereignisse des jeweiligen Jahres kurz Revue passieren zu lassen und um Ausblick auf die nächsten Vorhaben zu geben. Auch ich möchte diese Tradition fortsetzen.

Dank der medienpolitischen Maßnahmen der Bundesregierung ist es seit dem Jahr 2000 zu einer dynamischen Weiterentwicklung und zu einem Liberalisierungsschub im österreichischen Medienbereich gekommen. Unser Ausgangspunkt dabei war: Möglichst rasch ein funktionierendes duales Rundfunksystem in Österreich zu etablieren! Mit der Zulassung von bundesweitem und regionalem terrestrischen Privatfernsehen, mit den notwendigen Liberalisierungsschritten bei den Privatradios, mit der Einrichtung eines modernen Regulators für den Rundfunkbereich und mit einer langfristigen Bestandssicherung für den österreichischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben wir einen – wie ich meine – durchaus beachtlichen „take-off“ hingelegt.

Angesichts politisch bewegter Zeiten – wie dies vor Wahlterminen auch verständlich erscheint – werde ich immer wieder gefragt wie es in der Medienpolitik weitergeht. Wesentlich dabei ist, dass der begonnene Reformprozess fortgesetzt wird und Kontinuität – im Sinne einer Planungssicherheit – für die Medienbranche gewährleistet wird.

Die medienpolitische Debatte der kommenden Jahre wird sich meines Erachtens daher mit zwei zentralen Schwerpunkten zu beschäftigen haben: Zum einen mit der vollständigen Digitalisierung im Bereich der elektronischen Medien und den damit einhergehenden Maßnahmen zur Stärkung des Medienstandortes Österreich. Im Interesse einer verbesserten Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Medienunternehmen müssen wir kräftige Impulse setzen, um dem kreativen Potenzial dieses Landes neue Chancen zu eröffnen und das Entstehen neuer Arbeitsplätze zu ermöglichen. Die Digitalisierung ist dabei die „driving force“, sie ist die Zukunftstechnologie auf die Österreich rechtzeitig setzen muss.

Und zum anderen haben wir unser Augenmerk auf die globalen Konzentrationsprozesse zu richten. Angesichts der Tatsache, dass sich etwa im Fernsehbereich weniger als zwanzig „Medienmogule“ und deren Konzerne den damit verbundenen globalen Medieneinfluss teilen müssen wir uns fragen, welche Auswirkungen diese globale Konzentration insbesondere für kleinere Länder haben. Wir müssen geeignete Antworten finden wie wir trotz dieser Machtkonzentration den Aspekten des Pluralismus und der Medienvielfalt Rechnung tragen können.

Zur Digitalisierung
Gegenwärtig wird innerhalb der „Digitalen Plattform Austria“ unter Einbeziehung aller wesentlichen Marktakteure intensiv an der Erstellung eines Digitalisierungskonzeptes für den Fernseh- und Radiobereich gearbeitet. Dabei werden die entscheidenden Fragen der Digitalisierung, also hinsichtlich des Nutzens und der Kosten des Fernsehens der Zukunft erörtert. Was sind die so genannten „Killer-Applikationen“, die der digitalen Rundfunk-Übertragung nicht nur hier zu Lande zum Durchbruch verhelfen können? Ist es die Portabilität, ist es das mobile Fernsehen oder ist es die bessere, eben digitale Qualität, eine neue Qualität des Hörens und Sehens? Oder ist es die interaktive Teilnahme des bislang passiven TV-Konsumenten an der multimedialen, konvergenten Kommunikation? Alle diese Fragen müssen freilich die Besonderheiten der österreichischen Situation berücksichtigen. Ein ganz zentraler Punkt dabei: Werden wir eine ausreichende Anzahl an verfügbaren Frequenzen auch mit den Nachbarländern koordinieren können, um vor dem Ausstiegsszenario zuerst einmal ein entsprechendes Einstiegsszenario für die Einführung des terrestrisch verbreiteten Rundfunks zu haben?

Der Bericht der Arbeitsgruppe, der Anfang 2003 der Öffentlichkeit vorgestellt werden soll, wird ein entsprechendes Umstiegsszenario von der analogen auf die digitale Verbreitungstechnologie zu enthalten haben. Freilich, wenn wir die flächendeckende Einführung von terrestrischem Digitalfernsehen bis zum Jahre 2010 schaffen wollen, dann werden wir – basierend auf diesem Bericht - ein Marketingkonzept zu erstellen haben, das die Vorteile des Digitalfernsehen für die Rundfunkanbieter, den Werbemarkt, die Wirtschaft und die Konsumenten aufzeigt.

In diesem Zusammenhang scheint es mir wichtig, auf die notwendige Umsetzung des Richtlinienpakets über elektronische Kommunikation und der dadurch notwendigen Überarbeitung des Telekommunikationsgesetzes und den derzeit in Begutachtung befindlichen Entwurf für ein Kommunikationsgesetz hinzuweisen. Bekanntlich umfasst das europäische Richtlinienpaket sämtliche Übertragungswege, also auch Rundfunknetze. Bei der innerstaatlichen Umsetzung wäre es zweckmäßig diesem horizontalen Ansatz zu entsprechen, was im bisherigen Begutachtungsentwurf noch nicht der Fall ist. Die Zuständigkeit der Medienbehörde sollte alle mit Rundfunk- und Rundfunkzusatzdiensten im Zusammenhang stehenden Infrastrukturen umfassen, wie dies auch im Entschließungsantrag des Nationalrates zur TKG-Novelle gefordert wurde. Um der Konvergenz Rechnung zu tragen sollte allerdings ein Konsultationsmechanismus zwischen der Medien- und Telekomregulierungsbehörde vorgesehen werden.

Ein nicht unwesentlicher Schritt in Richtung Digitales Österreich wird der im nächsten Jahr beginnende Testbetrieb in der Steiermark sein. Dabei sollen - unter Einbeziehung des ORF und vieler privater Betreiber und Interessenten - verschiedene Applikationen und Neuerungen, die das digitale Fernsehen bietet, erprobt werden. Ich hoffe, dass sich in Gesprächen mit Interessenten aus anderen Bundesländern ähnliche Optionen eröffnen.

 
Meine Damen und Herren,

wir wissen alle, dass die Digitalisierung der Übertragungswege eine kostspielige Unternehmung mit langfristigen Amortisationszeiten ist! Daher sind die meisten europäischen Länder gegenwärtig intensiv auf der Suche nach Wegen, wie man – neben dem Markt, der der Hauptträger der Digitalisierung sein wird – unter Einsatz öffentlicher Mittel dieses Umstellungsprojekt auf sichere Geleise stellen kann. Sie wissen, dass ich angeregt habe, Teile der Rundfunkgebühren, die nicht dem ORF sondern dem Bund zufließen, u. a. für Zwecke des digitalen terrestrischen Rundfunks zu verwenden. Ich meine die für Radio- und Fernsehempfangseinrichtungen zu entrichtende „Radio- und Fernsehgebühr“. Wir sprechen hier von einem Gesamtbetrag von 45 Mio. €, der Jahr für Jahr vom Finanzministerium einbehalten wird. Ich möchte, dass ein Teil dieser Mittel für die Digitalisierung verwendet wird, wobei die genauen Modalitäten noch festzulegen sind. Jedenfalls sollte dieser „Digitalisierungsfonds“ bei der RTR-GmbH eingerichtet werden.

Wenn ich hier den Geschäftsapparat der Regulierungsbehörde KommAustria erwähne, dann möchte ich auch gleich Überleiten zum zweiten Aspekt, den ich eingangs angesprochen habe, mit dem sich die Medienpolitik zu beschäftigen haben wird: der Sicherung von Pluralismus trotz globaler Konzentrationsprozesse!

Auf Grund der Fülle von neuen Medien und Diensten, die zurzeit und in Hinkunft im Zuge der Digitalisierung auf den Markt drängen werden, wird der bereits gegenwärtig heftig geführte Wettbewerb um den Konsumenten noch um ein vielfaches verschärft werden – mit all seinen positiven, aber auch negativen Begleiterscheinungen. Zunehmende Konzentrationstendenzen fordern die Sicherung fairer Wettbewerbsbedingungen im Bereich der Medien und ihrer Produkte. Dies umso mehr, weil wir es hier eben nicht mit x-beliebigen Waren zu tun haben, sondern mit der Ware „Information“, deren Freiheit und Vielfalt unverzichtbare Bestandteile der Demokratie sind und daher einer besonderen Schutzwürdigkeit unterliegen.

Von zentraler Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Unabhängigkeit des Medienregulators. Eine unabhängige, dem Regierungseinfluss entzogene, und somit weisungsfrei gestellte Regulierungsbehörde für Rundfunk gehört mittlerweile zum westeuropäischen Standard und wird auch vom Europarat seinen Mitgliedern ausdrücklich empfohlen. Unabhängigkeit hat sich vor allem in der Stellung der Mitglieder der Behörde zu manifestieren. Diese müssen von tagespolitischen Einflüssen unbeeindruckt ihrer Arbeit nachgehen können. Nur so kann garantiert werden, dass die Medien selbst ihrer Kontrollfunktion effektiv nachkommen können.

Die Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde muss aber auch so ausgestaltet sein, dass ein Schutz gegen wirtschaftlichen Druck durch einzelne Marktteilnehmer hintangehalten wird. Daher müssen sich die Inkompatibilitätsbestimmungen für die Behördenmitglieder nicht nur auf die Unvereinbarkeit politischer Ämter beziehen, sondern auch Kollisionen mit wirtschaftlichen Lobbys hintanhalten.

In diesem Zusammenhang ist es auch unumgänglich, die ausreichende Finanzierung der Regulierungsbehörde sicherzustellen. Das System der Finanzierung muss transparent, fair und effektiv ausgestaltet sein, um auch hier keine Abhängigkeiten von tagespolitischen oder partikulären Interessen zu schaffen.

Wir haben all diese Erfordernisse in der seinerzeitigen Regierungsvorlage zur KommAustria, die als unabhängiger Regulator konzipiert war, berücksichtigt. Dabei haben wir insbesondere auch ein Modell vorgeschlagen, dass der Konvergenz zwischen Medien, Telekommunikation und Informationsdiensten Rechnung trägt. Hätten wir dieses Modell umsetzen können, hätten wir in Bezug auf die Organisation der Konvergenzregulierung zur westeuropäischen Avantgarde aufgeschlossen, zu der in diesem Punkt das Vereinigte Königreich, Italien und die Schweiz zu zählen sind. Leider ist die Debatte hierzulande unglücklich verlaufen. Es war sehr schmerzlich, dass auf parlamentarischer Ebene die zur Sicherung der Unabhängigkeit und der umfassenden Aufgabenzuständigkeit erforderliche qualifizierte Mehrheit auf Grund politischer Kurzsichtigkeit und parteitaktischen Kalküls nicht zu Stande kam.

Wir sind daher den Weg gegangen, die einfachgesetzliche eingerichtete KommAustria sowie deren Geschäftsapparat RTR-GmbH in der Praxis völlig frei und unbeeinflusst von Regierungseinfluss arbeiten zu lassen. In der zweiten Instanz sowie zur Rechtsaufsicht über den ORF konnten wir mit dem Bundeskommunikationssenat eine weisungsfreie Behörde einrichten und zumindest hier dem europäischen Standard gerecht werden.

Trotz dieser wesentlichen Fortschritte werde ich aber nicht müde, immer wieder darauf hinzuweisen, wie wichtig die verfassungsrechtlich abgesicherte Unabhängigkeit des Medienregulators ist, und ich werde nicht nachlassen, auf die Realisierung dieses Vorhabens zu drängen. 

 

Sie sehen, wir haben Österreich medienpolitisch nachhaltig verändert, wir gehen in eine spannende Zukunft mit mehr Wettbewerb, mit mehr Vielfalt, mit einem starken ORF, mit einem dualen Rundfunksystem. Es gibt aber noch genug zu tun.
Gestatten Sie mir, dass ich in diesem Zusammenhang ein Grundsatzbekenntnis für eine zukunftsorientierte Medienpolitik und den Standort Österreich ablege: Medienunternehmen leisten einen entscheidenden Beitrag zur Identität eines Landes, sie sind gewissermassen Teil der Seele eines Landes. Aus diesem Grunde ist es besonders wichtig, eine eigenständige, journalistisch unabhängige Medienlandschaft mit dem dazugehörigen kreativen Potential zu fördern, zu erhalten und auszubauen. Eine solche Medienlandschaft besteht im Falle Österreichs aus:

  • einem starken und unabhängigen ORF,
  • einer privaten Rundfunklandschaft und damit einem dualen Markt, der diesen Namen verdient
  • und einer ausreichenden Anzahl von miteinander im Wettbewerb stehenden und unabhängigen Printmedien.

Die Stärkung beider Achsen der dualen Rundfunklandschaft - des ORF und der privaten Rundfunkangebote - bedeuten, dass der Medienstandort Österreich ein Auf- und keine weitere Abwertung erfährt. Eine Stärkung des ORF und der Privaten Rundfunkanbieter bedeutet: Sicherung einer eigenständigen Agenturlandschaft bei uns in
Österreich, damit Mediaentscheidungen für Österreich weiterhin zu einem Gutteil auch hier z.B. in Wien getroffen werden und nicht nur in
Düsseldorf, Hamburg oder Paris! Das heißt weiters: die Stärkung aller kreativen Bereiche von der Produktionswirtschaft bis hin zu den Kreativ-Agenturen unseres Landes.

Im Bereich der Tages- und Wochenzeitungen haben wir eine hohe Konzentration zu verzeichnen. Angesichts dieser schwierigen Ausgangslage müssen wir für die Zukunft für bessere Rahmenbedingungen sorgen; d.h. aber auch, dass gewisse Steuerungsmaßnahmen unumgänglich sind, um Medienpluralismus sicher zu stellen, aber auch, um in einer wirtschaftlich angespannten Phase Impulse zu setzen.

Ein wesentliches Thema in diesem Zusammenhang ist das sicherlich weltweit einzigartige Phänomen der Werbeabgabe. Die Abschaffung dieser Abgabe ist aus mehreren Gründen voranzutreiben.
Wir werden daher die Finanzausgleichspartner ersuchen, möglichst rasch Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine Abschaffung der 5%-igen Werbeabgabe umgehend ermöglichen.

Überdies werden wir an einer Reform der Presseförderung nicht vorbeikommen. Die Regierung hat sich prinzipiell darauf verständigt, die bisherige auf dem Gießkannenprinzip basierende Förderung von Tages- und Wochenzeitungen durch ein effizienteres System einer gezielten Förderung der Vielfalt der Tages? und Wochenzeitungen zu ersetzen. Eine Reform der aktuellen Presseförderung sollte folgende Elemente beinhalten:

  • Maßnahmen zur Qualitätsförderung und Zukunftssicherung
  • Maßnahmen zur Ausgleichung von Wettbewerbsverzerrungen in der Medienlandschaft
  • Maßnahmen zur Erhaltung der regionalen Vielfalt der Tageszeitungen

Überdies sollte ein fixer Prozentsatz für die tertiäre Journalistenausbildung zur Verfügung gestellt werden. Hier könnten insbesondere Initiativen im Print- und Onlinebereiche von Tages- und Wochenzeitungen, die zur Ausbildung ihrer journalistischen Mitarbeiter durchgeführt werden, gefördert werden.

Meine Damen und Herren,

ich gehe davon aus, dass wir mit den von mir kurz skizzierten, bereits umgesetzten Reformschritten und den noch anzugehenden Vorhaben die medienpolitische Richtung für die nächsten Jahre vorgegeben haben, die auch von einer neuen Regierung - wie auch immer sie zusammengesetzt sein wird – mit Umsicht und Engagement weiter zu beschreiten sein werden. Ich denke die Medienbranche – also Sie alle – haben sich dies verdient.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!