Bartenstein: Cancùn weiterer Schritt zu liberaler Weltwirtschaft und Konjunkturimpuls  

erstellt am
08. 09. 03

Entwicklungsländer müssen gleichberechtigt am Tisch sitzen
Wien (bmwa) - "Ein erfolgreicher Abschluss der WTO-Verhandlungsrunde mit weiterer Handelsliberalisierung würde zweifellos einen wichtigen Impuls für die derzeit schwache Weltwirtschaft darstellen. Für Österreich von zentraler Bedeutung ist - neben weiteren Liberalisierungsschritten - die Absicherung des europäischen Modells der Landwirtschaft sowie die gleichberechtigte Einbeziehung der Entwicklungsländer in den Verhandlungsprozess", erklärte Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Bartenstein am Freitag (05. 09.) bei einer Vorschau auf die fünfte WTO-Ministerkonferenz, die vom 10. bis 14. September in Cancùn, Mexico, stattfindet. Besonders Entwicklungsländer könnten von einer Handelsliberalisierung profitieren, da kaum ein anderer Bereich internationaler Wirtschaftskooperation in ähnlicher Weise zu Wirtschaftswachstum und Armutsbekämpfung beiträgt.

Bartenstein verwies auf eine Prognose der Weltbank aus dem Jahr 2001, der zu Folge die Abschaffung sämtlicher Handelsrestriktionen bis zum Jahr 2015 einen Wohlstandsgewinn von mehr als 762 Milliarden Euro generieren könnte, an dem die Entwicklungsländer mit einem Anteil von rund 65% partizipieren würden. Erleichterungen und Verbesserungen im Warenverkehr hätten schon bisher den Ausbau der Warenströme von den Entwicklungsländern vor allem in die EU, den größten Importeur von Waren aus den ärmsten Ländern (Least Developed Countries/LDCs), gefördert, betonte Bartenstein: Von 1996 bis 2000 sei es beinahe zu einer Verdoppelung der Importe aus den Entwicklungsländer in die EU (von 250 Milliarden Euro auf 450 Milliarden Euro) gekommen.

Cancún - eine Zwischenetappe
Bartenstein machte darauf aufmerksam, dass Cancun eine wichtige Zwischenstation auf dem Weg zur weiteren Liberalisierung des Welthandels sei. Es gehe um eine Bestandsaufnahme der 2001 bei der letzten WTO-Ministerkonferenz in Doha, Qatar, eingeleiteten multilateralen Handelsrunde , für die der 1. Jänner 2005 als überaus ambitioniertes Ziel festgelegt wurde. Dem gemäß sollen in Cancun die Grundprinzipien weiterer Liberalisierung beschlossen und die Details dazu bis 1.1.2005 ausverhandelt werden. Vor allem gehe es um Verhandlungsmodalitäten bei den sogenannten "Singapur-Themen" (Handel & Investitionen, Handel & Wettbewerb, Handelserleichterung, Transparenz im öffentlichen Beschaffungswesen) sowie die Einrichtung eines multilateralen Registers für Weine. Erfreut zeigte sich Bartenstein, dass die WTO am 30. August eine Einigung über TRIPS - Trade-related Aspects of Intellectual Property Rights / Handel mit geistigem Eigentum - im Zusammenhang mit öffentlichem Gesundheitswesen erzielt wurde. Damit wird Entwicklungsländern, die über keine Produktionskapazitäten verfügen, der Zugang zu billigen Medikamenten (Generika) gegen lebensbedrohende Krankheiten (z.B. Aids, Malaria etc.) erleichtert. Über das GATS-Abkommen (Handel mit Dienstleistungen) werde in Cancún keine substanzielle Diskussion stattfinden. Das bedingte Angebot der EU und ihrer Mit gliedstaaten (EU-Angebot) sei am 29.April 2003 finalisiert und anschließend an die WTO übermittelt worden. Dieses enthalte keine bzw. keine neuen Verwendungszusagen für eine weitergehende Liberalisie rung der Bereiche Audiovision, Gesundheit und Soziales, Wasserversorgung, Bil dung sowie Personennahverkehr. Zum Themenkreis Arbeit und soziale Standards erwartet Bartenstein keine Fortschritte. Hier habe Österreich zwar einen besonders progressiven Standpunkt bezogen, für die LDCs sei das aber eines der sensibelsten Themen.

Die österreichische Position
Österreich habe seine Verhandlungsposition mit der Europäischen Union akkordiert und bekenne sich zur grundsätzlichen Gemeinschaftshaltung hinsichtlich einer umfassenden Verhandlungsrunde, führte Bartenstein weiter aus. Wie die EU insgesamt fühle sich auch Österreich einem erfolgreichen Abschluss der Doha-Entwicklungsrunde bis zum Ende des Jahres 2004 grundsätzlich verpflichtet. Im Einklang mit allen in Doha gesetzten Zielen solle ein ehrgeiziges, umfassendes und ausgewogenes Verhandlungsergebnis über Marktzugang und dessen Regeln sowie eine bessere Integration der Entwicklungsländer, insbesondere der am wenigsten entwickelten Länder, in das multilaterale Handelssystem erreicht werden.

Pröll: GAP-Reform muss Leitlinie für Verhandlungen sein - Ziel Österreichs: Umweltprogramm absichern
Landwirtschaftsminister Josef Pröll verwies bei der Pressekonferenz darauf, dass die europäischen Agrarminister mit der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik jene landwirtschaftlichen Förderungen substantiell bereits reduziert hätten, die eine handelsverzerrende Wirkungen zeigten. Damit habe Europa wieder Dynamik in die WTO-Landwirtschaftsverhandlungen gebracht und sich in eine offensivere Verhandlungsposition manövriert. Notwendige Verhandlungsprioritäten sieht Pröll im Schutz des heimischen Marktes für sensible Produkte (z.B. Zucker, Milch, Butter Rindfleisch), einem Gleichschritt bei der Reduzierung von Exportförderungen, in der Absicherung der auch innerhalb der EU zulässigen Förderung von Umwelt und Landschaft schützenden Maßnahmen und in der Berücksichtigung nicht kommerzieller Aspekte der Landwirtschaft wie zum Beispiel Lebensmittelsicherheit, Versorgungssicherheit oder Umwelt- und Tierschutz.
     
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