Hilfestellung und Wegbegleitung am Lebensort Schule  

erstellt am
04. 09. 03

550 steirische Religionslehrerinnen und -lehrer auf Fortbildung
Graz (diözese seckau) - Rund 550 steirische Religionslehrerinnen und -lehrer setzen sich zur Zeit im Rahmen der diesjährigen „SOMMER.BILDUNG“ mit dem Thema „Heilender Glaube - Hoffnung statt Angst“ auseinander. Die Beziehung von Psychologie und Religion sowie Überlegungen zu den Begriffen „Heil“ und „heilender Glaube“ standen am Eröffnungstag (02. 09.) im Mittelpunkt der Ref Nach intensiven Arbeitstagen wird die SOMMER.BILDUNG 2003 am Donnerstag (04. 09.) mit dem „Wort von Bischof Kapellari“ (9.00 Uhr, Priesterseminar, Bürgergasse 2) abgeschlossen.

Manch Gemeinsames findet der Priester und Psychotherapeut Arnold Mettnitzer in Psychotherapie und Religion, auch wenn er zunächst die Unterschiede ansprach. Der Psychotherapie werde oft der Vorwurf gemacht, Ethik und Moral beseitigt zu haben und grenzenloser Freizügigkeit das Wort zu reden, bedauerte Mettnitzer. Vor allem die Ermutigung an den Einzelnen, sein individuelles Glück zu finden und die in der Psychotherapie betriebene Suche nach sich selbst, würden von Seelsorgern für gefährlich gehalten, der Begriff der „Selbstverwirklichung“ gelte als zerstörerisch und werde gar für den Verfall der Kultur und des Glaubens verantwortlich gemacht. Einer „krankmachenden Religion“, in der der große, drohende und anklagende Gott dem kleinen, untertänigen Menschen Trost und Schutz gewähre, stellt Mettnitzer den heilenden Beitrag der Psychotherapie gegenüber, die den „Respekt vor dem Inneren des Anderen“ ins Zentrum rückt. Diese unerlässliche Zuwendung des Psychotherapeuten einem einzigen Menschen gegenüber, der bedingungslos akzeptiert werde, sieht Mettnitzer auch in zahlreichen Bibelstellen belegt. So zeige vor allem das Bild des guten Hirten, der die Herde verlässt, um einem einzigen Schaf nachzugehen, die individuelle und ausschließliche Zuwendung Jesu dem Einzelnen gegenüber. „Das Individuum als unteilbare Ganzheit in seiner Gottesebenbildlichkeit“ sei ein Wert an sich, der im Mittelpunkt therapeutischer Begleitung wie auch pastoraler Zuwendung stehe. Die kirchliche Praxis brauche vor allem auch die Bereitschaft, das Unbewusste einzubeziehen und diesbezüglich mit der Psychologie ins Gespräch zu kommen. Denn wer sich nur auf die Ebene des Bewussten konzentriere, lasse geschätzte sechs Siebentel des seelischen Bereiches unbeachtet.

„Bewegen statt erziehen“ und „motivieren statt befehlen“ riet Mettnitzer den Religionslehrerinnen und -lehrern für das neue Schuljahr. Ebenso gelte es, die kindliche Neugier zu fördern und zu erhalten, die Werte, die man lehrt, selbst vorzuleben und Zeit zu haben und sich Zeit zu nehmen. Mit den Worten von Dorothee Sölle rief er abschließend zur Pflege der Phantasie auf, welche die Theologin und Schriftstellerin als „Mutter aller Tugenden von morgen“ – gemeint sind Toleranz, Humor, gerechter Zorn, Einfühlung, Initiative und die Beharrlichkeit einer produktiven Vorstellungskraft - einer „einseitigen und tödlichen Gehorsamsethik“ gegenüber stellt. „Die Phantasie Christi ist Phantasie der Hoffnung, die nichts und niemanden aufgibt und sich von den konkreten Rückschlägen nur zu neuen Erfindungen provozieren lässt. Die Phantasie des Glaubens hält am Bilde einer gerechten Gesellschaft fest und lässt sich das Reich der Gerechtigkeit nicht ausreden.“

Eine klare Antwort auf die Frage, ob Glaube heilend sein könne, gab Veronika Prüller-Jagenteufel: „Seelorger und Seelsorgerinnen bzw. Verkünder und Verkünderinnen des christlichen Glaubens haben einen Weg der Heilung anzubieten - und zwar einen verheißungsvollen, aber eben auch einen anspruchsvollen Weg“. Seelsorgerinnen und Seelsorger seien keine Heilsbringer, ihre Aufgabe liege darin, Gottes Spuren sichtbar, seine Einladungen hörbar und seine Zusagen wirksam werden zu lassen. Als zentrale These ihrer Ausführungen formulierte die Referentin die Tatsache, dass Menschen dort heil werden, wo sie in Beziehung treten , wo sie erkennen, „dass Menschsein ganz grundlegend Bezogensein bedeutet“. Auch Gott wende sich den Menschen zu, „er lässt sich auf uns ein, er macht sich mit uns auf den Weg“. Kirche sei dort Zeichen und Werkzeug des Heiles, wo sie auf andere zugehe, bzw, sie auf sich zukommen lasse und sie offen empfange. „Wo Beziehung gewagt wird, dort wird Heil als Geschenk erfahrbar“ - in einer heilenden Seelsorge oder Verkündigung müsse es daher auch darum gehen, Beziehungen zu ermöglichen und zu stiften, Raum zu schaffen, wo Menschen Platz haben mit allen Ecken und Kanten, mit aller Unvollkommenheit, mit aller Schuld, die sie mit sich tragen.
     
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